Essen. Bettler suchen sich Orte mit hoher Kundenfrequenz. So unterschiedlich reagieren Supermärkte, Discounter und Einkaufscenter in NRW.
An ihm kommt niemand vorbei. Unter dem Vordach gleich am Eingang des Discounters in einem Vorzeigestadtteil von Essen steht der Mann mittleren Alters fast jeden Tag. In der einen Hand ein Becher, in der anderen eine Zigarette. Die Kundinnen und Kunden reagieren ganz unterschiedlich auf den Bettler. Manche vermeiden den Blickkontakt und steuern mit ihrem vollen Einkaufswagen zielgerichtet auf ihr Auto zu. Andere werfen Münzen in den Becher oder stecken dem Mann gerade gekaufte Lebensmittel zu, die er dankend annimmt.
Der Discounter in Essen ist beileibe nicht der einzige Laden in NRW, den sich Bettler als Einsatzort aussuchen. Sie stehen dort, wo viele Menschen vorbeikommen – vor Supermärten, Boutiquen und auch an Eingängen von Einkaufszentren. So auch am City Palais mitten in der Duisburger Innenstadt. Das Center beherbergt nicht nur Läden und Restaurants, sondern auch ein Spielcasino, das Gäste von weit her anlockt.
„Aggressive Bettelei“ in Duisburger Einkaufscenter
Weil sich Gäste nach Einschätzung des Betreibers wegen der zunehmenden „aggressiven Bettelei“ belästigt fühlten, sei zeitweise das Wachpersonal aufgestockt worden, erklärte ein Sprecher der Center-Betreibergesellschaft Volksbank Brawo im März. „Insbesondere die Besucherinnen und Besucher des Casinos werden erheblich belästigt und gestört.“
An den Eingängen zum City Palais ließ der Betreiber im Winter Schilder mit einem roten Stop-Zeichen aufhängen. „Im Namen aller Mieter“ bittet das Center im Text darunter, Bettlern kein Geld mehr zu geben. „Wir können nachvollziehen, dass Sie mit Ihren Geldspenden die Obdachlosen und Bedürftigen unterstützen wollen“, schreibt der Betreiber weiter und verweist auf die „aggressive Ansprache“.
Handelsverband: Hausrecht endet an der Ladentür
Ein rigides Vorgehen so wie in dem Duisburger Center sind im Einzelhandel allerdings eher die Ausnahme. Die von unserer Redaktion zum Thema Betteln befragten Unternehmen geben sich sehr wortkarg. „Erkenntnisse oder Kundenreaktionen liegen uns hierzu nicht vor“, erklärt der Handelsverband Deutschland (HDE) und verweist auf die allgemeine Rechtslage. „Auf Ereignisse im öffentlichen Straßenraum können Händlerinnen und Händler keinen direkten Einfluss nehmen. Ihr Hausrecht endet in der Regel an der Eingangstür zum Ladengeschäft.“ Die Situation sei von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Laut Handelsverband setzten manche Städte auf Kontaktbeamte oder kommunale Präventionsräte, die sich mit Problemen rund um das Betteln beschäftigen.
Beim größten deutschen Supermarktbetreiber Edeka sind Bettler durchaus ein Thema. „An einigen Orten nehmen unsere Kaufleute es stärker wahr, in anderen ist es hingegen kein Thema“, sagt eine Sprecherin von Edeka Rhein-Ruhr in Moers. Es gebe also kein einheitliches Bild.
Rewe sieht „keine vermehrten Probleme“ vor Supermärkten
Die Nummer 2 Rewe, deren Mehrzahl der Filialen ebenfalls von selbstständigen Kaufleute betrieben werden, setzt auf Dialog. „Generell gilt, dass wir im Grunde keine und keine vermehrten Probleme mit Obdachlosen vor unseren Supermärkten haben“, sagt ein Sprecher. „Natürlich könnten und würden Marktverantwortliche von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, wenn Personen Kundinnen und Kunden offensiv für ein Anliegen ansprechen und die sich bedrängt fühlen. Oder wenn andere Umstände vorliegen, die das Einkaufengehen beeinträchtigen.“ Das seien aber nur Einzelfälle. Kundenbeschwerden, so der Sprecher, seien auch dem Social-Media-Team von Rewe nicht bekannt.
Während sich der Mülheimer Discounter Aldi Süd gar nicht zum Thema Betteln äußern will, wird das Schwester-Unternehmen Aldi Nord in Essen schon deutlicher: „Es ist uns wichtig, unseren Kundinnen und Kunden in jeder der rund 2200 Aldi-Nord-Filialen eine angenehme Einkaufsatmosphäre zu bieten“, sagt ein Sprecher. „Sofern unsere Mitarbeitenden dies nicht mehr sichergestellt sehen, haben unsere Filialteams die Möglichkeit, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen oder einen Platzverweis zu erwirken.“