Berlin. Bauministerin Geywitz legt ein neues Förderprogramm vor. Die Idee ist richtig. Doch in der Praxis drohen Bürokratie und Verärgerung.

Das Bauministerium in Berlin ist ein Ort, an dem Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Ein Paternoster dreht beständig seine Runden, die langen Flure sind schmucklos. Damit wird der Gebäudekomplex zunehmend ein Sinnbild für die Arbeit, die in ihm verrichtet wird.

Das war schon vor einem Jahr so, als Bauministerin Klara Geywitz ein Neubauprogramm für Familien auflegte, das zu versteuernde Jahreseinkommen dabei aber zunächst auf 60.000 Euro festlegte – in Summe für beide Elternteile. Die Verwunderung war im Bauministerium groß, dass die Mittel nicht abgerufen wurden. Erst als die Grenze deutlich erhöht wurde, kam Schwung in das Programm.

Neue Bauförderung: Strenge Kritierien, hoher bürokratischer Aufwand

Nun hat man sich im Bauministerium die nächste Idee ausgedacht: Klimafreundlicher Wohnungsbau soll stärker gefördert werden. Kernelemente: Die Baukosten dürfen nicht zu hoch und die CO2-Bilanz muss gut sein. Vor allem aber soll der gesamte Lebenszyklus der Immobilie, vom Bau bis zum Abriss, betrachtet werden, um auch wirklich nachhaltig Treibhausgasemissionen zu senken. Es klingt wie aus dem Lehrbuch. Und wahrscheinlich entstammt es auch einem solchen. In der Praxis dürfte es sich ungleich komplizierter darstellen.

Kleinteilig muss nachgewiesen werden, wie sich am Ende der CO2-Fußabdruck errechnet. Weil das offenbar nicht einmal Fachleuten problemlos zuzumuten ist, musste extra ein Tool programmiert werden, mit dem man verschiedene Annahmen berechnen kann. Die Obergrenze bei den Baukosten führt zwar dazu, dass Mitnahmeeffekte reduziert werden – auf der anderen Seite werden viele Bauunternehmen auf den verbilligten Kredit gar nicht zurückgreifen können, weil die Kosten für sie nicht darstellbar sind, sofern sie nicht ohnehin schon seriell bauen.

Kein Programm für Privatpersonen

Ärgern dürften sich aber auch Privatpersonen. Sie werden ausdrücklich als Adressaten des Programms genannt. Doch werden die meisten wahrscheinlich nach einem Blick in die Anforderungen die weiße Fahne hissen. Eine Kombination mit anderen Förderprogrammen ist nicht möglich. Insbesondere bei den privaten Bauherren dürfte zudem die Begrenzung der Quadratmeterzahl der Räume für Kritik sorgen.

Spätestens seit dem Heizungsgesetz sollte die Ampel gelernt haben, wie empfindlich die Menschen darauf reagieren, wenn man ihnen in ihre Wohnungen und Häuser reinregieren will. In den Metropolen, in den Wohnraum knapp und Bauland rar ist, mögen diese Beschränkungen noch ihre Berechtigung haben.

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Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Strikte Quadratmeterbegrenzung – das passt nicht zur Lebenswirklichkeit

Dass dieselben Kriterien wie in der Großstadtwohnung aber auch für den Hausbau auf dem Land greifen, ist nicht nachvollziehbar. Die Entscheidung, aus der Stadt aufs Land zu ziehen, hängt vielfach mit dem Wunsch nach mehr Wohnfläche zusammen.

Diese Wanderungen ermöglichen es anderen, die dann freiwerdenden Innenstadtwohnungen zu nutzen. Und Geywitz selbst wirbt für den Umzug aufs Land. Will man mehr Wohnraum schaffen, dann sollte man nicht diejenigen gängeln, die in die Speckgürtel oder in die ländlichen Räume ziehen wollen.

Nötiger Impuls bleibt wohl aus

So ist das Programm am Ende derart kleinteilig, dass große Effekte für den Wohnungsmarkt wohl ausbleiben werden. Dabei wären Impulse dringend notwendig. Die Auftragsbücher vieler Wohnungsbauunternehmen sind leer, der Branche fehlt nach der Zinswende und der Energiekrise samt Inflation die Nachfrage.

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Immobilien-Projektentwickler erlebten bereits eine Pleitewelle. Schwappt diese nun auch zu den Bauunternehmen über, droht eine Bau-Krise wie zur Jahrtausendwende, als Arbeitsplätze massenhaft abgebaut wurden. Diese Kapazitäten wieder aufzubauen, würde Jahre dauern. Die Wohnungsnot aber bleibt. Und sie wird schlimmer werden.