Bad Berleburg/Oberkirchen. Der Wisent-Verein hat Insolvenz angemeldet, weil zwei Waldbauern eine hohe Summe fordern. Die Waldbauern sind jedoch verärgert über den Schritt.

Eine neue Wendung im Wisent-Streit: Der Trägerverein des Artenschutzprojektes hat Insolvenz angemeldet (wir berichteten). Ein Schlag ins Gesicht für die klagenden Waldbauern aus Schmallenberg, die nach jahrelangem Rechtsstreit ein Betretungsverbot für ihre Grundstücke durchsetzen konnten und den Verein somit finanziell zur Rechenschaft ziehen dürfen.

Als Auslöser für den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hatte der Wisent-Verein die Klagen von zwei Waldbesitzern genannt, „die jährlich über 250.000 Euro vom Verein für eigene Wisentranger fordern“, heißt es in der Pressemitteilung. Und weiter: „Der Beschluss war eine logische Konsequenz und aus juristischer Perspektive absolut richtig und notwendig. Denn im Falle einer Zwangsvollstreckung würde Zahlungsunfähigkeit drohen – deshalb musste der Antrag beim zuständigen Amtsgericht unverzüglich durch den Verein gestellt werden“, erklärte der durch den Verein beauftragte Rechtsanwalt Stephan Hertel.

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Auf diese Weise soll außerdem gewährleistet sein, dass Gehälter von Mitarbeitenden fortgezahlt würden und die Wisent-Wildnis in Wingeshausen geöffnet bleiben könne.

Wald-Bauer Georg Feldmann-Schütte in seinem Wald bei Schmallenberg. Er zeigt die Schäden an den Bäumen, die Wisente verursacht haben.
Wald-Bauer Georg Feldmann-Schütte in seinem Wald bei Schmallenberg. Er zeigt die Schäden an den Bäumen, die Wisente verursacht haben. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Jetzt hat der Verein sein Bauernopfer gefunden“, ist Waldbauer Georg Feldmann-Schütte aus Oberkirchen verärgert. Er ist überzeugt: „Wer kein Geld hat, darf gar nicht erst den Klageweg gehen. Das Ganze hätte schon zu Beginn des bald zehnjährigen Rechtsstreits gestoppt werden müssen.“ Nach seinem Verständnis könne sich der Verein nicht so einfach aus der Verantwortung ziehen. Der Vorstand habe bei Zahlungsunfähigkeit des Vereins ein Haftungsrisiko.

Forderung über 250.000 Euro jährlich

Mit Blick auf die Forderung über 250.000 Euro jährlich vom Wisent-Verein für eigene Wisentranger erklärt der Oberkirchener Waldbauer: „Das ist ein Lösungsvorschlag aus dem Gutachten, das der Kreis Siegen bei der tiermedizinischen Hochschule in Hannover selbst in Auftrag gegeben hat.“

Wenn die Wissenschaft in einem von Steuergeldern teuer bezahlten Gutachten vorschlägt, Hirten zu beschäftigen, die die Herde leiten sollen, dann können wir diesen Vorschlag doch auch annehmen“, erklärt der Waldbauer, der nun seit mittlerweile mehr als zehn Jahren Schälschäden in seinem Privatwald in Kauf nehmen muss. Auch die Summe in Höhe von 250.000 Euro pro Jahr hätten die Waldbauern lediglich dem wissenschaftlichen Gutachten entnommen.

Vorschlag dankend angenommen

Das Gericht habe den Vorschlag aus dem Gutachten dankend als Lösungsansatz angenommen und Anfang August den entsprechenden Beschluss gefertigt. Darauf hatte der Wisentverein mit dem Insolvenzantrag reagiert.

Georg Feldmann-Schütte fühlt sich verhöhnt. Die Schuld gibt er nicht allein dem Wisentverein, sondern auch den politischen Vertretern, die dieses Projekt mit aller Kraft durchsetzen wollen. Die Verdrossenheit ist groß: Seitdem der Wisentverein die Tiere für herrenlos erklärt und somit für sich das Kapitel abgeschlossen hat, fließen nämlich auch keine Entschädigungszahlungen mehr. Darüber hinaus haben die beiden Schmallenberger Waldbauern Recht zugesprochen bekommen, dieses wird bislang aber nicht umgesetzt.

Urteil rechtskräftig

Im vergangenen Jahr hatte der Trägerverein der Wisente seine Revision zurückgezogen: Damit gilt das Urteil des Oberlandesgericht Hamm vom 15. Mai 2019. Das besagt: Die Waldbauern Georg Feldmann-Schütte und Hubertus Dohle können den Trägerverein für jedes Wisent auf deren Grund und Boden zur Rechenschaft ziehen und sogar die Zwangsvollstreckung einleiten. „Wir werden jetzt alle Hebel in Bewegung setzen“, sagt Feldmann-Schütte mit Nachdruck. Ein Termin mit seinem Anwalt stehe schon.

Indes schreibt der Wisentverein in seiner Pressemitteilung: „Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, die im Interesse der Wisente liegt – und damit im Sinne des Artenschutzprojektes“, konstatiert der Vorsitzende Bernd Fuhrmann. Daher werde der Trägerverein auch weiterhin aktiv an der Arbeit des „Runden Tisches“ teilnehmen.

Rückblick

Gemäß den Projektvorgaben sollten die Tiere in Wittgenstein bleiben. Doch schnell zeigten die Kolosse, dass sie nicht nur einen großen, sondern auch einen eigenen Kopf haben, der nicht unbedingt mit menschlichen (Wunsch-)Vorstellungen kompatibel ist.

Seitdem sind die Wisente zum juristischen Streitfall geworden. Die Klagen der Waldbauern aus Schmallenberg gegen den Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein (kurz: Wisentverein) haben schon den Bundesgerichtshof, das Oberlandesgericht Hamm und das Landgericht Arnsberg beschäftigt.

Auch die Stadt Schmallenberg will ein Betretungsverbot für die städtischen Forstgrundstücke prüfen.

Wenn die bislang nur einseitig vom Trägerverein erklärte „Herrenlosigkeit der Herde“ juristisch anerkannt wäre, dann müssten Waldbauern die Schälschäden dulden und könnten wie bisher lediglich auf Erstattung hoffen. Experten sind sich aber einig, dass das Thema Herrenlosigkeit selbst Potenzial für einen neuerlichen, sehr langen Rechtsstreit hätte.