Schmallenberg/Bad Berleburg. Friedrich von Weichs spricht von mangelndem Respekt gegenüber den Waldbauern und klagt ein juristisches Spiel auf Zeit mit den Wisenten an.

Der Schmallenberger Rechtsanwalt Friedrich von Weichs vertritt den Waldbauern Hubertus Dohle gegen den Trägerverein des Wisentprojektes. Wir haben dem Rechtsanwalt Fragen zur aktuell erneut zugespitzten Situation mit der frei umherschweifenden Herde befragt. Und von Weichs macht deutlich, warum sein Mandant kein Vertrauen in den Verein oder den Runden Tisch hat.

Wie groß ist die Wisentherde aktuell?

Ich habe die Herde lang nicht mehr selbst gesehen. Seriöse Quellen (Waldbauern und Jäger) bestätigen aber, fast 40 Stück gezählt zu haben. Dabei wurde mir auch berichtet, dass mehrere Kühe gekalbt haben. Im Frühjahr kursierten Fotos aus Schanze, die sehr viele Wisente zeigten.

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Rechtsanwalt Friedrich von Weichs vertritt einen der klagenden Waldbauern.
Rechtsanwalt Friedrich von Weichs vertritt einen der klagenden Waldbauern. © Klaus-Peter Kappest

Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich noch vom Runden Tisch?

Zunächst ist sehr enttäuschend, dass die geschädigten Waldbauern am runden Tisch nicht beteiligt sind. Der Tisch soll lediglich eine Lösung für den Landkreis Siegen bzw. das Wittgensteiner Land herbeiführen. Wie schon bei Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages, werden die sauerländischen Interessen und Sorgen nicht berücksichtigt. Zudem entzieht der Ausschluss der Sauerländer dem Gremium vorhandenes Wissen und Erfahrungen vor Ort. Es mag Gründe geben, die Verhandlungen nicht öffentlich zu führen, zumal es am Tisch sicherlich um viel Geld geht, Transparenz schafft jedoch Vertrauen. Vertrauen gibt es diesseits des Rothaarsteigs nicht. Zur Frage: Ich glaube nicht, dass der Runde Tisch verwertbare Ergebnisse erarbeiten wird. Das liegt daran, dass ich den Beteiligten nicht den Mut zutraue, ihr Scheitern einzugestehen. Schon die Auswahl der ehemaligen Minister zu Moderatoren war ein Fehler: Herr Remmel und Frau Heinen - Esser waren im Amt Befürworter des Projektes und werden in eigenem Interesse kaum Wert darauflegen, ihre Entscheidungen nachträglich in Frage zu stellen. Es kommt hinzu, dass der Trägerverein eine paradoxe Strategie verfolgt: Er wurde gegründet, um die Verantwortung für die Wisente zu tragen und leugnet nun seine Verantwortung, um sein Ziel, die endgültige Auswilderung der Wisente, zu erreichen. Auf solch eine Idee muss man erst einmal kommen. Hinzu kommt der politische Wille im Siegener Kreistag: Der Landrat wurde ausgebremst als er das Projekt beenden wollte.
Schlagwortartige Antwort auf Ihre Frage: Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg.

Wie wollen Sie die Tiere aus dem Schmallenberger Wald herausholen oder setzen Sie einfach auf Zeit, bis sie als „herrenlose“ Tiere auf Dauer diesseits und jenseits der Kreisgrenze frei herumziehen?

Natürlich setze ich nicht auf die Herrenlosigkeit der Tiere. Rechtlich leistete ich damit meinem Mandanten damit einen Bärendienst und fiele auf die Strategie des Trägervereins herein. Von Anfang an wurde dort vergebens auf Zeit gespielt, um den Wisenten Gelegenheit zu geben, zu wilden Tieren zu werden und so die Herrenlosigkeit herbeizuführen. So wurde beispielsweise eine offensichtlich aussichtslose Revision gegen das zweite Urteil des Oberlandesgerichts eingelegt und in letzter Minute zurückgenommen. Alles nur um Zeit zu gewinnen.

Auch praktisch sind die Wisente nicht herrenlos. Sie lassen sich nach wie vor leiten und lenken wie eine Kuhherde. Mit Futter lassen sie sich locken, sie flüchten nicht, wenn Forstwirte oder Jäger in der Nähe sind. Wie nah waren Ihre Leser schon einmal an einem Rudel Rotwild? Hirsche machen sich buchstäblich unsichtbar, wenn Menschen in ihre Nähe kommen. Die Wisente nicht. Gerade diese Vertrautheit kann genutzt werden, um das Problem zu lösen. Ich bin vom Scheitern des Wisentprojektes fest überzeugt. Die Tiere müssen eingefangen und an einen artgerechten Ort verbracht werden. Das Projekt ist gescheitert: Wenn Dein Pferd tot ist, steige ab. Um dem Urteil des Oberlandesgerichts gerecht zu werden, müssen ausgebildete Fachkräfte rund um die Uhr dafür sorgen, dass die Tiere die Flächen der Schmallenberger Waldbauern nicht mehr betreten. Lenken und Leiten eben.

Die Wisent-Herde grast Mitte Juli am Heidenstock, zwischen Schanze und Albrechtsplatz.
Die Wisent-Herde grast Mitte Juli am Heidenstock, zwischen Schanze und Albrechtsplatz. © Privat | Privat

Was glauben Sie, warum sind die Fronten derart verhärtet?

Von Anfang an wurde das Projekt nicht ergebnisoffen diskutiert, zu stark war der politische Wille auf Berleburger Seite, eine freilebende Wisentherde zu etablieren. Nur der leider früh verstorbene Wittgenstein‘sche Forstamtsleiter Johannes Röhl und der Siegener Landrat Müller haben je Respekt und Interesse für die Argumenten der Schmallenberger Waldbauern gezeigt. Selbst nach Rechtskraft der Entscheidung des Oberlandesgerichts in Hamm – die Angelegenheit war Gegenstand zweier Verfahren vor dem Bundesgerichtshof – steht niemand gerade für das Projekt und die Wisente. Ganz im Gegenteil: Der Trägerverein argumentiert plump: „Das sind nicht mehr unsere Tiere. Tschüss.“

Die Fronten sind verhärtet, da beim Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e.V. und seinen Initiatoren weder Rücksichtnahme noch Respekt vor den Interessen anderer oder auch nur Rechtstreue irgendeine eine sichtbare Rolle spielen. Daher vertraut mein Mandant seinen Widersachern nicht.