Jagdhaus. Eine Wildkamera in Schmallenberg-Jagdhaus zeigt: Wisente begnügen sich offenbar nicht mehr mit alten Buchen. Warum das den Steuerzahler trifft.
Dass Wisente Buchen schälen, ist bekannt, dass sie auch Trittschäden in Weihnachtsbaumkulturen verursachen, hatte Waldbauer Georg Feldmann-Schütte gerade erst beklagt, doch jetzt macht ein weiterer Schmallenberger Waldbauer auf neue, bisher unbekannte Schäden aufmerksam.
Wolf-Christian Delius ist pensionierter Förster, er war lange Forstamtsleiter in Paderborn, Naturfreund sei er schon sein ganzes Leben. Auf die Wisente aber ist auch er nicht gut zu sprechen. Die beobachte er am liebsten eingezäunt in der Wisentwelt. „Ich sehe ihnen nicht gern dabei zu, wie sie frei herumlaufen und mir und anderen Waldbauern das Leben schwer machen.“
Wildkamera zeigt Wisentherde
Doch eine Wildkamera auf einer seiner Waldflächen in Jagdhaus zeigt jetzt einen Teil der Wisentherde, wie sie über die Neuanpflanzungen trampelt. Delius hat extra nachgesehen: „Auf der besagten Kulturfläche gibt es erhebliche Verbissschäden an Buchen. Ich kann aber nicht mit Sicherheit sagen, ob Rotwild, Rehwild, Hasen oder Wisente dafür verantwortlich sind. Da die Wisente jedoch Fraßschäden an Buchen anrichten, ist davon auszugehen, dass auch Buchenpflanzen auf ihrem Speisezettel stehen.“
Ärgerlich ist das besonders, weil er diese Fläche nach den Borkenkäferschäden wieder aufgeforstet hat. „Das ist auch deswegen fatal, weil diese Pflanzungen sehr kostspielig sind und zum Teil durch staatliche Fördermittel unterstützt werden. Das ist also quasi Geld des Steuerzahlers“, sagt er, „ein völlig überflüssiger Schaden.“
Anfragen laufen ins Leere
Zumal es aktuell - wie auch schon Waldbauer Georg Feldmann-Schütte erklärt hatte - ja niemanden gebe, der sich überhaupt für die Schäden interessiere. Im vergangenen Herbst hatte der Wisentverein die Herde für herrenlos erklärt, wer jetzt Schäden bezahlen soll, steht in den Sternen. Aktuell trifft sich ein Runder Tisch unter Leitung der ehemaligen Umweltminister Ursula Heinen-Esser (CDU) und Johannes Remmel (Grüne). Bis Ende September soll es eine Lösung geben. So lange ist absolutes Stillschweigen vereinbart. Alle Anfragen laufen ins Leere.
Für Frank Rosenkranz, den Leiter des Forstamtes Oberes Sauerland, sind die Schäden auf den Aufforstungsflächen, die Wolf-Christian Delius beobachtet hat, auch neu. Grundsätzlich darf auch er nichts zu den Wisenten sagen, die Kommunikation übernehme allein das Umweltministerium. Was er aber bestätigt: Allein im Bereich des Forstamtes Oberes Sauerland gibt es rund 10.000 Hektar Schadensfläche durch den Borkenkäfer. „Die Anträge auf Förderung nehmen stetig zu.“ Dazu muss man wissen, dass das Gebiet wegen seiner Höhe als eines der letzten vom Borkenkäfer betroffen war.
Forstamt bietet Beratung
Grundsätzlich biete das Forstamt Beratung und Begleitung bei den Neuanpflanzungen an. „Aber nicht alle Waldbauern nehmen das wahr. Wenn sie die Neuanpflanzungen selbst bezahlen, haben sie mehr Freiraum.“ Das Forstamt achte darauf, dass Bäume angepflanzt würden, die auch mit Blick auf den Klimawandel möglichst gut zum Standort passen. Bei den Nadelbäumen sind das beispielsweise Douglasie, Küstentanne oder Lärche, auch die Fichte im Mischbestand und bei den Laubbäumen Buche, Eiche, Bergahorn oder auch Esskastanie. „Wir versuchen uns gegen die Risiken breiter aufzustellen“, sagt Rosenkranz. „Die Empfehlung lautet: mindestens vier Baumarten pro Fläche.“
Dafür gebe es dann auch Zuschüsse. „Die Förderbeiträge sind unterschiedlich, je nach Aufwand und Baumsorte betragen sie 1500 bis 10.000 Euro pro Hektar.“
Geld, für das das Land von Waldbauern dann erwarte, dass die Anpflanzungen auch in zehn Jahren noch stehen. „Und es nicht zu großen Ausfällen durch Wildverbiss oder - wie jetzt in Jagdhaus - durch Wisentschäden kommt.“
Diese Meinung teilt Delius, der wie die meisten Waldbauern sowieso in Generationen denkt. Er hatte vom Wisentverein bereits einmal Entschädigung für 90 und einmal für 20 Buchen auf seiner insgesamt rund 80 Hektar großen Fläche erhalten. „Aber mir geht es überhaupt nicht ums Geld“, sagt er. „Ich will meinen Kindern und Enkeln einen gesunden Wald hinterlassen und nicht einen, der durch Wisente geschädigt wird. Und das sieht jeder Waldbauer so.“