Schmallenberg. Anwalt Friedrich Freiherr von Weichs und Kläger Hubertus Dohle sprechen im Interview darüber, wie sie den Prozess erlebt haben.

Endlich ist der Rechtsstreit rund um die Bad Berleburger Wisente vom Tisch: Der Trägerverein hat seine Revision zurückgezogen. Damit gilt das Urteil des Oberlandesgericht Hamm vom 15. Mai 2019. Das besagt: Die Waldbauern können die Zwangsvollstreckung einleiten, sobald eines der Tiere ihr Grundstück betritt.

Seit dem ersten Verfahren nach einem Eilantrag von Hermann Vogt, einem Waldbauern aus Oberkirchen, im Jahr 2014 ist viel Zeit vergangen. Die Kanzlei von Friedrich von Weichs vertritt seit 2015 mehrere weitere Waldbauern, am bekanntesten ist Hubertus Dohle, ebenfalls aus Oberkirchen. Bis 2021 wurden die Verfahren federführend von Rechtsanwalt Dr. Dieter Schulz bearbeitet. Wie die beiden die Zeit erlebt haben und an welchen Tag sie sich noch am besten erinnern können, erzählen sie im Interview.

Herr von Weichs, wie haben Sie den Rechtsstreit als Anwalt erlebt?

v. Weichs: Für mich war es eine spannende Zeit. Seit 2015 klagt mein Mandant Hubertus Dohle mit noch einigen anderen Waldbauern gegen den Trägerverein. Es ging uns in dem Prozess nicht primär um die Waldschäden, natürlich war das der ausschlaggebende Punkt, warum sich Herr Dohle angefangen hat zu wehren. Nein. Bei diesem Prozess ging es nicht um Geld, es ging um das Unterlassen. Wenn jemand nicht will, dass zum Beispiel sein Eigentum beschädigt wird, dann kann er auf Unterlassung klagen. Der Prozess an sich bestand aus Verfahren und Terminen vor dem Landgericht Arnsberg , dem Oberlandesgericht Hamm und dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Das Medieninteresse war gewaltig. Das hatte ich bis dahin auch noch nicht erlebt.

Wie sind Sie mit der Masse an Presseanfragen umgegangen?

v. Weichs: Das war tatsächlich erst mal sehr ungewohnt. Sonst rief mal jemand von der Westfalenpost an und hatte einige Fragen zu einer Strafsache beim Amtsgericht. Plötzlich klingelte in der Kanzlei andauernd das Telefon, überregionale Zeitungen hatten auch Interesse an Informationen. Da wir aber zuerst noch nicht sehr bewandt mit der Pressearbeit waren, wurde unsere Seite dort kaum widergespiegelt und der Wisentverein stand in der Öffentlichkeit deutlich besser dar. Sie haben aber dann Ihre Strategie geändert und auch Interviews gegeben.

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Wie haben Sie denn das Interesse der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen?

v. Weichs: Das war ebenfalls riesig. Sowas habe ich in meinem Berufsleben noch nicht erlebt. Ich kann mich noch an eine Verhandlung am Landgericht erinnern. Dort hat der Richter die jungen Leute gebeten, sich auf den Boden zu setzen, damit die älteren einen Platz finden.

So sahen die Schäden an den Buchen von Hubertus Dohle aus.
So sahen die Schäden an den Buchen von Hubertus Dohle aus. © Hubertus Dohle | Hubertus Dohle

Herr Dohle, wie fühlt es sich für Sie an, dass der Rechtsstreit endlich ein Ende gefunden hat?

Dohle: Es fühlt sich gut an, Recht zu bekommen und außerdem freue ich mich auch für die Tiere. Ihnen wird es besser gehen, wenn eine andere Lösung gefunden wird. Das hat damals schon ein erstes Gutachten gesagt. Die Tiere finden hier in unseren Wäldern einfach nicht das richtige Futter. Wir haben für dieses Urteil gekämpft und Rechtssicherheit für alle geschaffen. Also damit meine ich auch die anderen Waldbauern. Im Laufe der Jahre wurden in meinem Wald rund 120 Buchen von den Tieren geschält. Aber darum geht es mir nicht, ich habe für die Tiere und für das Unterlassen gekämpft.

Wie viel kostet so ein jahrelanger Prozess?

v. Weichs : Es sieht so aus, dass in der ersten Instanz der Kläger ein Viertel der Kosten trägt und der Beklagte drei Viertel. Die Kosten der zweiten Instanz und die Kosten der Revisionsverfahren trägt wahrscheinlich der Beklagte.

Was war der schönste und was war der einprägsamste Tag während des Wisent Prozess?

Dohle: Der schlimmste Tag war, als Prinz Richard zu Sayn-Wittgenstein öffentlich in einem Radio-Interview damit gedroht hatte, dass im Sauerland Höfe brennen könnten, wenn die Waldbauern keine Ruhe gäben. Damals hatte ich wirklich ein paar schlaflose Nächte. Der beste Tag war tatsächlich der 15. Mai 2017, als klar wurde, dass wir eine Chance hatten, zu gewinnen. Grundsätzlich bin ich aber auch einfach froh, dass der Prozess jetzt ein Ende hat und wir in die Zukunft blicken können.

Weiß man schon, was jetzt aus der Herde wird?

v. Weichs: Fest steht das noch nicht genau. Das wird sich jetzt im Laufe der kommenden Wochen zeigen, wenn der Wisentverein auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs reagiert.