Bad Berleburg/Bad Laasphe. Diese Botschaft ist ein Schlag ins Gesicht für Kommunalpolitiker in Bad Berleburg und Bad Laasphe: So wird die Arbeit an Vorrangzonen erschwert.

Angesichts neuester Zahlen pendelt die Stimmungslage zwischen Goldgräberstimmung und Wut: „Für das gesamte Kreisgebiet sind aktuell Überlegungen, konkrete Planungen oder schon laufende Genehmigungsvorhaben für mehr als 150 Windenergieanlagen bekannt, für die keine Gesamtübersicht zur Verfügung gestellt werden kann, weil die Planungen in vielen Fällen noch nicht so weit sind. Es wird damit gerechnet, dass dies Zahl noch erheblich ansteigen wird.“ Das berichtet Arno Wied auf Anfrage dieser Zeitung. Wied ist der beim Kreis für die Genehmigungen zuständige Bau- und Umweltdezernent. Und es gibt noch eine wichtige Entwicklung rund um die Vorrangzonen: Selbst wenn in Bad Berleburg oder Bad Laasphe noch rechtzeitig vor dem 31. Januar 2024 Vorrangzonen ausgewiesen werden, dann haben diese laut Wied nur eine Wirksamkeit bis zum Jahresende 2027.

Gesetzliche Grundlagen

Bau- und Umweltdezernent Arno Wied
Bau- und Umweltdezernent Arno Wied © Kreis Siegen-Wittgenstein | Kreis Siegen-Wittgenstein

Die Kreisverwaltung listet ein ganzes Paket an Gesetzen auf, die in den vergangenen Monaten durch den Bundestag verabschiedet worden sind. Sie alle beeinflussen den Verlauf von Genehmigungsverfahren. Das Ziel: Sie sollen den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen.

Das schürt Konflikte in einem Dreieck zwischen Investoren, Genehmigungsbehörden und den Kommunen, die ihre Planungshoheit hochhalten – wie unter anderem Bad Berleburg und Bad Laasphe. Die sind gerade dabei, Vorrangzonen auszuweisen. Als einzige Kommune im gesamten Kreis hat Freudenberg aktuell eine.

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Laut Wied gibt es eine Neuregelung, die von besonderer Bedeutung für die kommunale Planungshoheit und für die von den Immissionsschutzbehörden durchzuführenden Genehmigungsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen ist: der neue § 2 EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz). Der sagt, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen „im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen“. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als ein vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüter-Abwägungen eingebracht werden. Das heißt Windkraft hat Vorrang!

Und es gibt eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, mit dem unter anderem Verbots-Tatbestände für die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten generell ab 1. Februar 2023 bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt werden. Dort durfte bislang nur im absoluten Ausnahmefall gebaut werden.

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Hinzu kommt das neue Gesetz zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land (Windenergieflächenbedarfsgesetz – WindBG), mit dem verbindliche Zahlen definiert werden, wie viel Fläche die Bundesländer für Erneuerbare Energien vorsehen müssen. In Nordrhein-Westfalen sind dies aktuell 1,1 Prozent der Landesfläche bis zum 31. Dezember 2027 und 1,8 Prozent der Landesfläche bis 31. Dezember 2032.

Vorgaben für Windkraftflächen

Auch das hat Auswirkungen auf die Vorrangzonen-Planung: Bis zum Erreichen dieser „Flächenbeitragswerte“ ist die Wirkung von bereits bestehenden (Freudenberg) oder in Aufstellung befindlichen kommunalen Flächennutzungsplänen (Bad Berleburg und Bad Laasphe), mit denen Konzentrationszonen für Windenergie ausweisen werden nur zeitlich bis zum 1. Januar 2028 zeitlich befristet gültig. Hintergrund ist, dass diese Vorrangzonen-Planungen eine Ausschlusswirkungen haben sollen. Sie legen fest, dass außerhalb der Vorrangzonen, also im Rest des Gemeinde- oder Stadtgebietes Windenergieanlagen nicht zulässig sind.

Mit dem 1. Januar 2028 verlieren diese Pläne endgültig ihre Wirkung. Zeitlich befristet gelten aber auch nur solche Flächennutzungspläne, die bis zum 31. Januar 2024 rechtswirksam in Kraft getreten sind.

„Es ist also tatsächlich so, dass bestehende (im Kreisgebiet nur für die Stadt Freudenberg) oder in Aufstellung befindliche (Stadt Bad Laasphe und Stadt Bad Berleburg) FNP mit Konzentrationszonen längstens bis 31. Dezember 2027 gelten“, schreibt Wied auf Anfrage.

Für alle anderen Kommunen sind die Flächenbeitragswerte in einem von den jeweiligen Bundesländern vorzugebenden Verfahren zu erbringen.

Regionalplan greift ein

Die NRW-Landesregierung hat entschieden, dass dies auf Ebene der für jeden Regierungsbezirk aufzustellenden Regionalpläne erfolgen soll. Die nötigen Rahmenbedingungen werden derzeit vom Land in einem eingeleiteten Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans vorbereitet. Ein erster Entwurf dafür soll im Mai 2023 vorgelegt werden und im Mai 2024 in Kraft treten. Damit soll auch festgelegt werden, welche Beitragswerte jeder Regierungsbezirk in seinem Regionalplan nachzuweisen hat.

Es ist also derzeit noch nicht absehbar, wann es für den jeweiligen Planungsraum und das einzelne Bundesland gelingen kann, den Flächenbeitragswert nachzuweisen. Wenn dies aber irgendwann in der Zukunft erfolgt ist, dann sind Windenergieanlagen im Außenbereich nur noch als „Sonstige Vorhaben“ zulässig, für die in aller Regel der kommunale Flächennutzungsplan geändert werden muss.

Positivplanung ohne Ausschlusswirkung

„Aber auch in Bad Berleburg und Bad Laasphe – sofern die Flächennutzungspläne nicht bis 31. Januar 2024 rechtswirksam werden – und ohnehin in allen anderen Kommunen (außer Stadt Freudenberg) sind bis zum Erreichen der Flächenbeitragswerte des Landes Windenergieanlagen im Außenbereich weitgehend uneingeschränkt privilegierte Anlagen und planungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dies wird auch durch die Ausweisung von Windenergiegebieten im Regionalplan nicht geändert, da es sich dabei nur um eine sogenannte Positivplanung ohne Ausschlusswirkung handelt. Den Kommunen ist somit keine Steuerungsmöglichkeit mehr gegeben“, erläutert Arno Wied.