Rüthen. . Mindestens bis Ende 2016 bleibt das ehemalige Schwesternhaus der Vincentinerinnen in Rüthen im Kreis Soest Übergangswohnheim für Asylbewerber. Das haben Vertreter des Ordens und der Bezirksregierung im Beisein von Bürgermeister Peter Weiken vereinbart.

Aus der Notunterkunft für Flüchtlinge im ehemaligen Schwesternwohnheim wird auf Dauer eine Einrichtung des Landes zur vorübergehenden Unterbringung von Asylbewerbern. Vorerst bis zum 31. Dezember 2016 soll das Haus dafür angemietet werden. Dies vereinbarten am Donnerstag bei einem Gespräch – dem ersten überhaupt in dieser Runde – Vertreter des Ordens der Vincentinerinnen als Eigentümer und der Bezirksregierung im Beisein von Bürgermeister Peter Weiken.

Potenzial für eine längerfristige Nutzung

Ursprünglich habe man an eine Nutzbarkeit für nur wenige Monate gedacht, bestätigte Peter Ernst von der Bezirksregierung. „Doch wir mussten das Haus auch erst kennen lernen und dabei hat sich herausgestellt, dass es das Potenzial für eine längerfristige Nutzung hat.“

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Damit ändert sich der Status von der reinen Notunterkunft zu einer zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes. Hier sollen die Flüchtlinge zur Ruhe kommen, familiäre Verbindungen können geklärt und gesundheitliche Belange in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern der Nachbarschaft geregelt werden. Maximal drei Monate, aktuell eher drei Wochen bleiben die Menschen laut Peter Ernst in Rüthen. Dann werden sie auf die Kommunen verteilt. Nur gibt es bei diesen Zuweisungen einen Stau: Täglich kommen 400 bis 450 Menschen in der zentralen Erfassungsstelle in Dortmund an. Demgegenüber können nur 200 bis 250 Zuweisungen erfolgen.

Erster persönlicher Kontakt

Nachdem bislang das Dringlichste nur telefonisch geregelt worden war, traten die Beteiligten am Donnerstag im Rüthener Rathaus das erste Mal persönlich in Kontakt. Wie sehr die Zeit drängte, um den Flüchtlingen zunächst ein Dach über dem Kopf und ein Bett anzubieten, macht deutlich, dass es bis heute keinen Mietvertrag und keine Zahlungen an die Vincentinerinnen gibt. Ganz im Gegenteil, widersprach Weiken allen Gerüchten, diese wollten Nutzen ziehen.

Stattdessen, so berichtete Generaloberin Schwester Cäcilie, würden sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst bei der Versorgung der Hilfe suchenden Menschen einbringen. Medikamente, Decken, Koffer und Kleidung habe man zur Verfügung gestellt, würde gerne bei der Kinderbetreuung helfen. „Für mehr fehlen uns die Leute. Wir können hier keine Großmütter zum Einsatz bringen“, verwies die Generaloberin auf das Durchschnittsalter der Schwestern von über 80 Jahren.

Schwesternheim ist eine von 24 zentralen Unterbringungseinrichtungen 

Aktuell gibt es 24 zentrale Unterbringungseinrichtungen des Landes – Tendenz steigend. „15 bis 18 davon werden längerfristig am Netz bleiben“, schätzt Peter Ernst. Dazu gehört das ehemalige Schwesternheim, während Unterkünfte etwa in Turn- oder Fahrzeughallen bald wieder aufgegeben werden. „Das ist eines Landes wie des unseren einfach nicht würdig“, sagt er. Dem pflichtet die Generaloberin bei: „Wir müssen zuerst die Menschen im Blick behalten – sie brauchen Hilfe.“ Gleichzeitig appelliert sie an eine dauerhafte und nachhaltige Hilfsbereitschaft der Rüthener.

Mit Irrtümern aufgeräumt

Obwohl er die Stadt nur in beobachtender und begleitender Rolle bei den Gesprächen zwischen Orden und Bezirksregierung sieht, ist Bürgermeister Peter Weiken froh, dass alle gemeinsam nun „offen und ehrlich ins Gespräch gekommen sind“. Seine Rolle besteht vor allem darin, mit Irrtümern aufzuräumen, die es in Rüthen gibt. Er betont, dass das Übergangsheim die Stadt keinen Cent koste. Er verweist im Gegenteil auf positive Effekte, mit denen er rechnet: „Die Menschen werden melderechtlich hier erfasst; das bedeutet Schlüsselzuweisungen.“ Im Haus würden heimische Handwerker beschäftigt, es entstünden Arbeitsplätze und ihr Taschengeld – das ebenfalls das Land zahlt – würden sie vor Ort ausgebeben.

Rüthen kein Pflaster für rechte Parolen

Kein Indiz für Fremdenfeindlichkeit bei den Rüthenern gegenüber den Bewohnern des Übergangswohnheims für Flüchtlinge sehen Bürgermeister Peter Weiken und Udo Schröder-Hörster. „Ganz im Gegenteil, die Menschen hier helfen uns, wo sie können“, betont das Vorstandsmitglied der Johanniter, welche die Unterkunft seit nunmehr fünf Wochen betreuen.

Die Frage stellte sich, nachdem in der Kernstadt Flugblätter in Umlauf sind, in denen das Vorgehen der Bezirksregierung bei der Einrichtung der Notunterkunft kritisiert wird. Anbei gibt es ein Beschwerdeschreiben über „Missstände“, das an die Bezirksregierung gerichtet werden soll. Der Aufruf indes stammt nicht aus Rüthen, sondern von einer „Identitären Bewegung“ – Sitz in Altenbeken im Kreis Paderborn, die der Staatsschutz dem rechten Spektrum zuordnet. „Rüthener haben damit nichts zu tun“, ist Weiken überzeugt. „Man sollte dem einfach keine Aufmerksamkeit schenken.“ Sollte es zu einer Demonstration der Rechten kommen, rät er dazu diese zu ignorieren. „Etwas Schlimmeres kann denen doch gar nicht passieren.“

Genauso sieht es Peter Ernst von der Bezirksregierung. Er verweist auf eine Protestaktion von „Pro NRW“ in Wickede-Wimbern. „Da hat man die einfach stehen lassen. Kurz darauf war der Spuk vorbei.“ Außerdem gibt es laut Ernst, der hofft, dass es so bleibt, an keinem Standort der zentralen Unterbringungseinrichtungen landesweit „ernsthafte rechte Aktivitäten“.

Außerdem bekommen Kommunen mit einer solchen Übergangseinrichtung keine weiteren Asylbewerber zugewiesen. In Rüthen und Kallenhardt leben aktuell 50 – Tendenz abnehmend, was den städtischen Haushalt entlasten würde. „Es werden weniger werden“, ist Weiken überzeugt und nennt dafür Gründe. Drei von ihnen hätten aktuell Arbeit gefunden, einer davon als Dolmetscher in der Übergangseinrichtung. Ein anderer zahle inzwischen Miete für die Unterkunft am Heidberg. Positiv sieht er außerdem, dass der Orden die Pläne für ein Seniorenheim nicht aufgegeben habe. Sie sind nach Auskunft der Vincentinerinnen nur zurückgestellt worden.

Keine Angst vor Ebola

Die Angst vor einer Ansteckung mit Ebola nimmt Ernst gelassen. Zum einen kämen kaum Flüchtlinge aus den betroffenen Ländern. Zum anderen würden solche drei Wochen in der Erstaufnahme bleiben, dort regelmäßig auf Fieber kontrolliert und bei dessen Auftreten auf die Isolierstation gebracht.