Warstein. . Die Bilanz der Legionellen-Krise im sauerländischen Warstein ist mit 3 Toten und mehr als 160 Erkrankten niederschmetternd. Zu den Erkrankten gehörte auch auch Sandra Wiese aus Warstein-Belecke. Eigentlich ist sie eine Power-Frau. Eigentlich. Jetzt leidet sie unter den Spätfolgen der Legionellen-Infektion.

Eigentlich ist Sandra Wiese eine Power-Frau, eine die voll durchstartet, immer alles gibt. Doch die alleinerziehende Mutter einer neunjährigen Tochter kommt zur Zeit kaum auf die Beine, ist völlig erschöpft, schon ein längeres Telefongespräch fällt ihr schwer. Die 39-jährige Beleckerin war einer der letzten Legionellen-Patientinnen; jetzt leidet sie an den Nachwirkungen - und an einer Bronchitis.

Anfang September an Legionellose erkrankt

„Das habe ich noch nie erlebt, so erschöpft zu sein“, sagt Sandra Wiese. Ihre Stimme klingt müde. Seit Dienstag ist sie krank geschrieben, Bronchitis lautet die Diagnose, dazu Erschöpfungssymptome. Anfang September erkrankte die Beleckerin an Legionellose. „Ich wurde zuerst noch negativ getestet, aber der zweite Test war dann positiv, ich hatte Legionellen. Da gingen dann sofort die Alarmglocken bei mir an.“

Die gelernte Kauffrau bei einem Automobilverkäufer hatte Wasser in der Lunge, bekam sofort den „Antibiotika-Cocktail“, mit dem das Krankenhaus „Maria Hilf“ die Legionellen-Patienten behandelte. „Der schlug bei mir zum Glück sofort an“, berichtet Sandra Wiese, „nach einer Woche konnte ich wieder nach Hause.“

Immunsystem durch Antibiotika stark angegriffen

Die Antibiotika nahm sie ab sofort als Tabletten ein, krank geschrieben war sie bis Anfang Oktober. „Ich bin am 5. Oktober einen halben Tag wieder arbeiten gegangen. Für meinen Arbeitgeber war es ja auch nicht leicht.“

Ihr Immunsystem war durch die lange Einnahme starker Antibiotika angegriffen: „Ich hatte Angst, Leuten die Hände zu schütteln, weil ich mich ja schnell mit irgendwas anstecken kann, aber ich habe versucht das immer wieder auszublenden.“

Am vergangenen Freitag bekam die Beleckerin plötzlich die klassischen Bronchitis-Symptome, suchte ihre Ärztin auf. „Jetzt bin ich wieder krank geschrieben.“ Das Problem: Eigentlich würde sie gegen die Bronchitis Antibiotika verordnet bekommen, doch Sandra Wieses Immunsystem ist noch immer stark geschwächt. „Doch andererseits besteht jetzt auch wieder die Gefahr, dass das ganze wieder auf die Lunge geht.“

Belastende Situation für Legionellen-Opfer aus Belecke 

Für die Alleinerziehende ist die ganze Situation enorm belastend: „Ich kann mein Leben gar nicht regeln, ich bin viel zu erschöpft, das kenne ich gar nicht von mir. Das Schlimmste ist: Ich weiß nicht, wann das alles vorbei sein wird, es hängt wie ein grauer Schatten über mir.“ Schon im Krankenhaus sagten die Ärzte, dass sie nach einer Legionellose Geduld haben müsste, bis sie wieder ganz fit sei. „Aber ich kann mich nicht mit Geduld abspeisen, ich will Fakten haben.“

Kritik am Kreisgesundheitsamt

Eigentlich hat Sandra Wiese keine Kraft, sich zu ärgern, doch die 39-Jährige regt sich auf: „Über das Kreisgesundheitsamt, das die Bevölkerung gar nicht richtig informiert. Alle wollen schnell wieder zum alltäglichen Leben zurück, was ich sehr, sehr gut verstehen kann. Auch dass die Warsteiner wieder feiern, ist ein tolles Gefühl.

Aber was ist mit den Menschen, die es wirklich betrifft? Wurde da mal dran gedacht? Die Familien, die einen geliebten Menschen verloren haben oder in den Familien, wo der Familienvater schon länger krank ist und die Familie dadurch enorme finanzielle Einbußen hat?“

Schäden für die Wirtschaft in Warstein

Die Schäden, die die Wirtschaft in Warstein durch die Reise-Empfehlung erlitten habe, seien eine Sache, aber Sandra Wiese verweist auch auf die Ausfälle, die vielen Arbeitgebern durch erkrankte Mitarbeiter entstehen. „Das ist doch das Schwierige: Es kann ja niemand planen. Wenn ich mir ein Bein breche, dann kriege ich einen Gips, Reha und dann ist alles vorbei. Damit können sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber planen. Aber bei einer Legionellen-Erkrankung weiß ich nicht, wann es wirklich vorbei ist und was mit den Folgeschäden ist.“

Sandra Wiese wünscht sich nur eins: „Ich will mein Leben wieder in den Griff kriegen und wünsche mir das hier das Kreisgesundheitsamt mal die Initiative ergreift und Antworten auf die ganzen Fragen gibt.“