Siegen/Emmerich. Die Junge Mutter aus Dreis-Tiefenbach wurde grausam getötet: Täter hielt von hinten ihre Haare fest, mit Rechts schnitt er ihr die Kehle durch.

Was der Rechtsmediziner schildert, lässt erschaudern. Der Leiter des Duisburger Instituts für Rechtsmedizin sagt am Montag, 27. Mai, im Siegener Landgericht aus: Er hat den Leichnam der jungen Frau aus Dreis-Tiefenbach obduziert, einen Tag nachdem sie wohl auf einem Feldweg in Emmerich-Elten ermordet und wenige Stunden später dort gefunden worden war. Der Arzt berichtet von einem Körper, der nur so übersät war mit tiefen Schnitten und Stichen, die Rückschlüsse auf den Tatablauf zulassen, die die Staatsanwaltschaft als Mord einstuft. Vor Ort soll der Angeklagte seine Lebensgefährtin nach einer Zigarettenpause zu Oralsex mit dem ihr fremden Beifahrer gedrängt und ihr dabei dann von hinten die Kehle durchgeschnitten haben.

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Mehr als 29 scharfe Gewalteinwirkungen registrieren die Rechtsmediziner; in den Rumpf des Opfers, Vorder- und Rückseite, in Schultern und Arme, Nacken und Hände. Auffällig, sagt der Sachverständige am Montag, sei ein sehr großer Schritt von links nach rechts; gleichsam vom linken bis zum rechten Ohr der Getöteten. Diese Wunde habe aus mehreren ineinander übergehenden Wunden bestanden, „es wurde immer wieder in den Hals hineingeschnitten“, so der Rechtsmediziner. „Der Kopf war praktisch abgetrennt.“

Rechtsmediziner in Siegen im Zeugenstand: Die junge Frau wehrte sich - er schnitt weiter

Halsschlagader und -vene seien dabei durchtrennt worden, was einen sofortigen und ganz erheblichen Blutverlust zur Folge gehabt haben müsse, der letztlich auch die Todesursache sei. In diesem Zusammenhang ebenfalls auffällig: Zahlreiche Abwehrverletzungen an den Händen - vor allem an den Handrücken. Diese reichten bis auf den Knochen. Laut des Sachverständigen habe das Opfer also noch gelebt, die Hände schützend zum Hals gezogen, dabei weitere Schnitte erlitten. Verletzungen in den Handflächen deuteten darauf hin, dass sie abwehrend in die Klinge gegriffen habe. Eine oberflächlichere Blutung am Hinterkopf der Getöteten könne damit erklärt werden, dass sie mit einer Hand von hinten an den Haaren festgehalten worden sei, mit der anderen - rechten - Hand sei von links nach rechts geschnitten worden. Diese Wunden so von vorne zuzufügen sei dagegen sehr schwierig, bestätigt der Fachmann.

Am Tatort muss es größere Blutmengen gegeben haben.
Rechtsmediziner - im Zeugenstand

Auf Hinweis des Hauptbelastungszeugen fand die Polizei unter anderem ein am Siegufer vergrabenes Messer, das die Rechtsmedizin als mögliche Tatwaffe einstuft: Dieses habe eine sehr große und breite Klinge - 17 Zentimeter lang, 4 Zentimeter hoch, knapp einen halben Zentimeter stark - mit einer spezifischen Form. Bekannt sind solche Klingen unter anderem als „Bowie-Messer“, die vorne schmal und spitz beginnen und sich dann zum Heft hin stark verbreitern. Entsprechend könnten sowohl große und breite Wunden damit zugefügt worden sein wie auch kleinere und schmalere.

Offene Frage im Siegener Mordprozess: Am mutmaßlichen Tatort war nicht genug Blut

Der Körper der 23-Jährigen sei quasi blutleer gewesen in Folge der Vielzahl der schweren Verletzungen, insbesondere der im Halsbereich. „Am Tatort muss es größere Blutmengen gegeben haben“, so die Schlussfolgerung des Rechtsmediziners. Eine bislang große offene Frage im Siegener Mordprozess - denn es wurde auf dem Feldweg nahe der niederländischen Grenze nicht annähernd so viel Blut gefunden, wie bei einem solchen Verletzungsmuster zu erwarten wäre. Zumindest die Auffindestelle - ein Gebüsch neben dem Weg, auf dem die Tat passiert sein soll - sei, soweit man das anhand von Fotos und der Spurenlage beurteilen könne, vermutlich nicht der Tatort.

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Blut wurde insgesamt nur sehr wenig gefunden. Der Angeklagte soll versucht haben, mehrere Kleidungsstücke verschwinden zu lassen, teils sei ihm das auch gelungen. Ebenso wie das Tatfahrzeug, ein angemieteter BMW, wurden Kleidungsstücke gereinigt; dennoch fanden die Ermittler menschliche DNA und auch Blutrückstände, die auf das Opfer verweisen. Das Landeskriminalamt (LKA) hat laut Gutachten keine Zweifel, dass das Blut, das an einem T-Shirt und im Auto gefunden wurde, die beide in Verbindung mit den Angeklagten stehen, das Blut der Verstorbenen ist.

Landgericht Siegen: Angeklagter im Mordprozess behauptet, zur Tatzeit auf LSD gewesen zu sein

Weitgehend ausgeräumt werden konnte am Montag die Behauptung des Angeklagten, er habe zur Tatzeit unter Betäubungsmitteleinfluss gestanden. Demnach will er vorher - die Fahrt begann etwa um Mitternacht in Siegen, der Mord ereignete sich zwischen 4 und 5 Uhr morgens - amphetamin- und opioidhaltige Tabletten genommen haben, außerdem LSD. Das gab er bei seiner Festnahme gegenüber der Polizei an. Der forensische Toxikologe, der die Blutprobe des Beschuldigten analysierte, fand dafür keinerlei Hinweise - lediglich auf Cannabis, das der Angeklagte wohl regelmäßig konsumierte.

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LSD, ein äußerst starkes Halluzinogen, werde zwar in sehr geringer Dosis eingenommen und sei über Blutproben daher nach vergleichsweise kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar. Der Rausch sei aber in der Regel so stark und dauere viele Stunden, dass der Angeklagte im Grunde unmöglich ein Auto von Emmerich zurück nach Siegen habe fahren und sich hier halbwegs unauffällig verhalten können.