Geisweid. Der Neubau der Kreispolizeibehörde in Geisweid sollte 2024 stehen. Nun wird es aber deutlich länger dauern. Das liegt vor allem am Sohlbach.
Die neue Kreispolizeibehörde (KPB) an der Geisweider Straße hätte nach bisheriger Planung im März 2024 in Betrieb gehen sollen, wird aber frühestens Mitte 2026 bezugsfertig sein. Die Verzögerungen seien „auf verschiedene Gründe zurückzuführen“, wie Niklas Zankowski von der Pressestelle der KPB auf Nachfrage der Redaktion erklärt. „Unter anderem haben die Planungen rund um den Sohlbach sowie die gestiegenen Baukosten zu einem zeitlichen Verzug geführt.“
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Die Polizei hatte ihren Umzug von Weidenau nach Geisweid im Juni 2021 angekündigt und einen ersten Entwurf für das Gebäude präsentiert, das auf dem Grundstück des im November 2009 abgerissenen Krupp-Hochhauses entstehen soll. Zuvor war die Suche nach einem Investor gelaufen, der das Projekt realisiert und die Immobilie dann an die Behörde vermietet. Das Gebäude an der Weidenauer Straße war schon zu diesem Zeitpunkt zu klein geworden, wie es damals seitens der Polizei hieß. Eine Prüfung im Jahr 2018 hatte zudem ergeben, dass eine Erweiterung dort nicht in Frage kommen würde.
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Die Umsetzung in Geisweid soll nach wie vor erfolgen. „Es ist keine Option, den angedachten Standort komplett zu verwerfen“, betont Niklas Zankowski. Auch die im September 2022 angepasste Planung für die neue Hauptwache sei bisher unverändert geblieben. Vorgesehen ist demnach ein Komplex mit sechs Stockerwerken im vorderen Teil (zur Geisweider Straße hin) und drei Stockwerken im hinteren Bereich (an der Königstraße). Ein im ersten Entwurf noch eingezeichneter weiterer Gebäudeteile auf der gegenüberliegenden Seite der Fröbelstraße wurde gestrichen. Dort soll nun ein Parkhaus Platz finden.
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Die Errichtung wird jetzt aber vor allem wegen des Sohlbachs länger auf sich warten lassen als gedacht. Dieser läuft unterirdisch und verrohrt durch das Gelände. Kanalisierungen fließender Gewässer wurden in der Vergangenheit zeitweise für eine gute Idee gehalten; heute gelten sie als Bausünden. Das sogenannte Kastenprofil, durch das sich der Sohlbach bewegt, darf außerdem „grundsätzlich nicht überbaut werden“, wie die Stadt Siegen in einer Ratsvorlage im Oktober 2022 anmerkte. Gerade in Anbetracht zunehmender Starkregenereignisse gilt es nicht als ratsam, Bäche und Flüsse unter Gebäuden durch Kanäle zu führen: Denn seien diese mit den Wassermassen überfordert, könnte die Bebauung in Mitleidenschaft gezogen werden.
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Hinter dem Parkhaus könnte der Sohlbach schon nach heutigen Stand entlangfließen. Am Hauptgebäude müsste er allerdings verlegt werden, womit sich die Frage stellt, ob dies weiterhin offen oder unterirdisch geschehen soll. Es ist nicht das erste Mal, dass der Sohlbach in diesem Bereich mit einem Bauvorhaben unter einen Hut gebracht werden muss. Für die Errichtung des Rewe-Markts neben dem Rathaus wurde in monatelanger Arbeit bis zum Frühjahr 2020 eine neue unterirdische Verrohrung aus insgesamt 57 Betonfertigteilen geschaffen, damit er sich nicht mit dem Gebäude ins Gehege kommt. Sein Verlauf wurde verändert, er blieb allerdings unter der Erde.
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Und auch die Frage nach Renaturierung ist in Geisweid nicht neu. „Offenlegung des Sohlbachs“ hieß ursprünglich eine der Maßnahmen bei der Umgestaltung des Quartiers Hüttenstraße mit Mitteln aus dem Förderprogramm „Stadtumbau West“ zu Beginn der 2010er Jahre. Aus Kostengründen wurde das Teilprojekt allerdings 2012 begraben: Die Freilegung von 150 Metern Bachlauf hätte nach damaliger Schätzung 566.000 Euro erfordert, weitere 435.000 Euro wären für eine in der Folge notwendige Brücke an der Fröbelstraße fällig geworden. Und laut einer damaligen Verwaltungsvorlage hätte der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen in Zusammenhang mit der Sohlbach-Freilegung außerdem „für erforderliche Kanalverlegungen, Anlagenrückbau und Neubau eines Regenüberlaufbeckens“ weitere 1,7 Millionen Euro investieren müssen.
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Was mit dem Sohlbach nun passiert, ist Gegenstand des weiteren Vorgehens beim Neubau der Kreispolizeibehörde. Aus ökologischer Sicht wäre eine Offenlegung wünschenswert, wie etwa die Fischereigenossenschaft Siegen anmerkt. Diese hatte jüngst die jährliche Umwelturkunde der Kreisgruppe des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) für ihren Einsatz zur Verbesserung der örtlichen Fließgewässer erhalten. Beide Organisationen seien sich einig, „beim geplanten Neubau der Kreispolizeibehörde auf den sensiblen früheren Geisweider Industriestandorten die Entscheider und den Investor für die Naturbelange zu sensibilisieren“, hieß es dazu in einer Mitteilung. Die Fischereigenossenschaft mache sich dafür stark, „dass der Sohlbachim Abschnitt zwischen dem Rathaus/Rewemarkt in Geisweid und der Fröbelstraße wieder ans Tageslicht kommt“. Unabhängig von allgemeinen ökologischen Erwägungen gebe es hier nämlich eine Besonderheit: Der Sohlbach sei in weitem Umkreis der einzige Ort, in dem der deutsche Edelkrebs noch vorkomme. Dieser sei ansonsten weitgehend durch den amerikanischen Flusskrebs – eine invasive Art – verdrängt worden.
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Zu Mehrkosten, die aufgrund der deutlichen zeitlichen Verschiebungen des KPB-Neubaus möglicherweise entstehen, „können aus datenschutz- und vertragsrechtlichen Gründen keine genauen Äußerungen getätigt werden“, lässt die Behörde wissen. „Probleme für die Funktionsfähigkeit“ ergäben sich jedenfalls nicht, wie Niklas Zankowski erläutert. „Der Polizei ist es gelungen, Übergangslösungen zu finden, die für die Dauer der Verzögerungen akzeptabel sind.“
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