Siegen/Kreuztal. ADFC-Fahrradklimatest: Kaum Verbesserungen im Verkehr. In Siegen sorgen zugeparkte Radwege und brenzlige Begegnungen mit Autos für Ärger

Das Siegerland ist nicht der Ort der Fahrrad-Metropolen – auch wenn der Radverkehr inzwischen mehr denn je Thema ist, Radwege markiert, Radverkehrskonzepte beschlossen werden und sogar der Bau eines Radschnellweges auf der Tagesordnung steht. Im ADFC-Fahrradklimatest kommt Siegen mit der seit 2016 unveränderten Durchschnittsnote 4,4 auf den 34. Rang von 40 beteiligten Städten zwischen 100.000 und 200.000 Einwohnern. In der alle zwei Jahre stattfindenden Befragung ist auch Kreuztal vertreten. Mit der Note 4,3 hat sich die Stadt seit der letzten Bewertung 2018 (4,6) deutlich verbessert. Kreuztal ist auf Rang 355 von 447 Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern. Vergeben wurden Schulnoten: Die „1“ steht für „fahrradfreundlich“, die „6“ für „nicht fahrradfreundlich“.

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Das wird beim ADFC-Fahrradklimatest bewertet

„Macht Radfahren in Deiner Stadt Spaß oder ist es Stress?“, hat der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) zum zehnten Mal gefragt. Per Fragebogen konnten Teilnehmende vom September bis November 2022 erneut beurteilen, ob beispielsweise Radwege im Winter geräumt werden oder ob sie sich sicher fühlen, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind. Dabei bewerteten sie verschiedene Aspekte des Radfahrens auf einer Skala mit sechs Positionen. Die Fragen betrafen Sicherheitsgefühl und Komfort beim Radfahren, die Radverkehrsinfrastruktur und -förderung vor Ort bis hin zu den Möglichkeiten, Fahrräder sicher zu parken oder im öffentlichen Nahverkehr mitzunehmen. Auch ob und wie sehr Werbung für das Radfahren vor Ort gemacht wird, konnten Radfahrende im ADFC-Fahrradklima-Test bewerten.

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Das ist das Ergebnis: „Von Verkehrswende im ländlichen Raum nicht viel zu spüren“

„Die Bewertungen der Teilnehmenden sind ernüchternd“, stellt der ADFC fest, „die Fahrradfreundlichkeit hat weiter leicht abgenommen und ist nur ausreichend.“ Verbesserungen wurden in den großen Städten gemeldet. Im ländlichen Raum ändere sich dagegen das Fahrradklima „nicht spürbar“: „Zwar sind die Bedingungen zum Radfahren hier besser als in den großen Städten, weil mehr Platz vorhanden ist und es weniger Konflikte mit Autos gibt, doch von einer Verkehrswende ist im ländlichen Raum nicht viel zu spüren.“

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In die Bewertung aufgenommen wurden Städte, wenn eine Mindestzahl von Teilnehmenden die Fragebogen ausgefüllt haben. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern sind das mindestens 75, in kleineren Kommunen mindestens 50.

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Das Urteil für Siegen: 70 Prozent fühlen sich als Radfahrer gefährdet

Die besten Einzelnoten erzielt Siegen für die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung (3,5), für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (3,5) und für wenige Fahrraddiebstähle (3,7). Damit setzen Siegener Radfahrer deutlich andere Schwerpunkte als Radfahrer in anderen großen Städten, wo außer dem Rückgang von Fahrraddiebstählen vor allem die Angebote von Leihrädern und weniger Konflikte mit Fußgängern hervorgehoben wurden. Am schlechtesten bewertet wurden in Siegen der Mischverkehr mit Autos (5,0), die Verkehrsführung in Baustellen (5,1) und die Breite der Radwege (5,2). Auch da haben Radfahrer in anderen Städten andere Probleme: die schlechte Erreichbarkeit ihrer Stadtzentren, das schlechte Miteinander alter und junger Radfahrer und das langsame Vorankommen.

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Die Aussage „Bei uns ist Radfahren Stress“ teilen 54 Prozent der 271 Siegener Teilnehmer. „Bei uns wurde in jüngster Zeit kaum etwas für den Radverkehr getan“, sagen 45 Prozent. „Bei uns wird großzügig geduldet, wenn Autofahrer auf Radwegen parken“, beobachten 60 Prozent. „Als Radfahrer gefährdet“ fühlen sich 70 Prozent. Dass Kinder und Jugendliche selbst mit dem Rad gut zu Freunden oder zur Schule kommen, meinen gerade einmal 13 Prozent. Die große Mehrheit meint, dass Eltern den Fahrdienst übernehmen müssen. Eher unentschieden antworten die meisten auf die Frage, ob sie sich auch nachts sicher unterwegs fühlen, auch mit Blick auf mögliche Belästigungen und Übergriffe. Zehn Prozent haben keine Angst, 44 Prozent sind besorgt, 39 Prozent stehen zwischen beiden Einschätzungen.

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Am wichtigsten ist den Siegenern die Akzeptanz als Radfahrer (79 Prozent), das Sicherheitsgefühl (78 Prozent) und die Hindernisfreiheit auf Radwegen (77 Prozent).

Nur noch bis Eiserfeld Bahnhof

Die Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg Siegen-Kreuztal wurde am 28. Februar an das Verkehrsministerium des Landes NRW weitergeleitet.

Die ursprüngliche Streckenlänge von 15,6 Kilometer wurde auf 15,1 Kilometer verkürzt, da auf dem letzten Abschnitt von Eiserfeld Bahnhof bis nach Niederschelden der durchgängige notwendige Qualitätsstandard für Radschnellverkehr nicht eingehalten werden kann. Der Endpunkt eines möglichen Radschnellweges ist der Bahnhof Eiserfeld.

Die Streckenreduzierung und der Wegfall eines Knotenpunktes im ursprünglich letzten Abschnitt hinter dem Bahnhof Eiserfeld sowie Streckenanpassungen führen zu reduzierten Kosten (von 61 auf 50,2 Millionen Euro) und damit zu einem positiveren Kosten-Nutzen-Faktor von 1,46 (statt 1,1).

Die geplante Kreuztaler Südumgehung machte Änderungen der Trassenplanungen erforderlich, teilt die Kreisverwaltung auf Anfrage dieser Zeitung mit. Gegenüber dem vor einem Jahr vorgestellten Entwurf habe der Streckenverlauf „umfänglich nachgebessert“ werden müssen.

Das Urteil für Kreuztal im Fahrradverkehr

Die besten Einzelnoten erzielt Kreuztal für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,8), für zügiges Radfahren (3,4) und für die Wegweisung für Radfahrer (3,5). Damit setzen auch die Kreuztaler Radfahrer deutlich andere Schwerpunkte als Radfahrer in vergleichbar großen Städten, wo außer dem Rückgang von Fahrraddiebstählen vor allem die Angebote von Leihrädern und Mitnahmemöglichkeiten im ÖPNV hervorgehoben wurden. Am schlechtesten bewertet wurden in Kreuztal zu wenig Falschparkerkontrolle auf Radwegen (5,0), die Breite der Radwege (5,1) und ungünstige Ampelschaltungen (5,1). Auch da haben Radfahrer in anderen Städten andere Probleme: fehlenden Winterdienst, zu viel Stress und zu wenig geöffnete Einbahnstraßen.

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Bei der Frage, ob Fahrradfahren eher Spaß macht oder Stress bereitet, bewegen sich die 79 Kreuztaler Teilnehmer im Mittelfeld. 22 Prozent gegeben eine „2“, je 28 Prozent eine „3“ und eine „4“. Eher gefährdet als sicher unterwegs fühlen sich 70 Prozent. Und 66 Prozent geben an, dass sie auf der Fahrbahn von Autofahrern bedrängt und behindert werden.

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Am wichtigsten ist den Kreuztalern die Akzeptanz als Radfahrer (77 Prozent), die Konfliktfreiheit zwischen Rad- und Autoverkehr (75 Prozent) und die Hindernisfreiheit auf Radwegen (73 Prozent).

Alle Ergebnisse auf der Seite fahrradklima-test.adfc.de

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