Siegen/Essen. „Siegener Standort ist geradezu prädestiniert für das neue Konzept“, findet Bürgermeister Steffen Mues: Auch Stadt könnte bei Karstadt einziehen

Der insolvente Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) legt ein Zukunftskonzept vor: Das Unternehmen will das Verfahren in Eigenverwaltung fortsetzen – Standorte werden nicht in größerem Umfang an Investoren verkauft. Was nicht bedeutet, dass keine Filialen geschlossen werden. Das Konzept erinnert stark an die Pläne des Detmolder Online-Händlers „Buero.de“, das zahlreiche Kaufhäuser kaufen wollte, letztlich aber zurückgezogen hatte.

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Im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahren kann sich ein Unternehmen im laufenden Geschäftsbetrieb unter eigener Regie neu aufstellen – anders als im regulären Insolvenzverfahren, wo ein Verwalter die Sanierung steuert. Das Amtsgericht Essen hat am Mittwoch, 1. Februar, das Verfahren eröffnet, der Gläubigerausschuss hatte zuvor zugestimmt, teilt das Unternehmen mit. Der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz werde die Restrukturierung fortsetzen, Dr. Frank Kebekus wurde demnach zum Sachwalter des Verfahrens bestellt.

Die Restrukturierung zielt in eine Richtung, die nicht nur Buero.de als potenzieller Investor aufgezeigt hatte nachdem GKK die Insolvenz bekanntgemacht hatte und Warenhausstandorte womöglich auch veräußern wollte. Stichworte: Mehr online, mehr regional, mehr Gastronomie, mehr lokaler Treffpunkt als „nur“ Einkaufsmöglichkeit.

Neues Konzept erinnert an Markthallen-Prinzip – lokaler, mehr Gastronomie,...

Demnach sollen die Standort stärker auf lokale Bedürfnisse ausgerichtet werden – mit einer „kundenfreundlichen Verzahnung von Mobile-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten“, wie es in einer Mitteilung heißt. Die Standorte, die weiter bestehen werden – wobei nach wie vor offen ist, welche das sind – würden modernisiert und auf dieses Konzept umgestellt. Die Filialen sollen mit Blick auf Kundenfreundlichkeit ergänzt werden um „kundenrelevante“ Dienstleistungen – etwa Versicherungen, Schneidereien, Reinigungen. Dieser Ansatz habe sich in der Modellfiliale Kassel erfolgreich bewährt.

Damit richtet GKK die bestehende Warenhausform stärker nach dem sogenannten Markthallen-Prinzip aus, das unter einem Dach verschiedene Anbieter vereint und wo insbesondere der Faktor Regionalität eine große Rolle spielt. Gleichzeitig strebe man unter anderem „eine führende Position in den wichtigen Segmenten Bekleidung, Beauty und Home“ an. Mit „attraktiven Gastronomieangeboten“ sollen die Warenhäuser zu lokalen Treffpunkten in den Innenstädten werden. Die Siegener Karstadt-Filiale teilt sich das Gebäude mit dem Hörsaalzentrum der Uni, die Hochschulmensa liegt schräg gegenüber des Schlossplatzes, im näheren Umfeld sind an der Kölner Straße und in der Alten Poststraße zahlreiche Gastronomiebetriebe angesiedelt.

Siegener Stadtverwaltung könnte mit Bürgerservice im Karstadt präsent sein

Bürgermeister Steffen Mues sagt dazu: „Der Siegener Standort ist geradezu prädestiniert für dieses neue Konzept.“ Als Stadtverwaltung könne man sich gut vorstellen, gemeinsam mit anderen öffentlichen Einrichtungen und beispielsweise auch mit Versorgern im Gebäude präsent zu sein. Er habe sich vor einigen Monaten bereits per Videokonferenz mit dem Vorstandschef des Konzerns ausgetauscht; Mitarbeiter der städtischen Wirtschaftsförderung hätten sich die Modellfiliale in Kassel vor Ort angesehen.

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Ohnehin angedacht ist eine Gastronomie im Karstadt-Gebäude, die zum Schlossplatz hin geöffnet ist und die auch in den Abendstunden geöffnet ist, erinnert der Bürgermeister. Diesen Plänen hatte die Corona-Pandemie zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht, dann kam die GKK-Insolvenz. „Wenn aber insgesamt wieder Klarheit herrscht, bin ich mir ziemlich sicher, dass das Konzept auch in Siegen umgesetzt wird“, so Steffen Mues.

Filialen in Deutschland in Vertriebsregionen unterteilen – mehr Kompetenzen vor Ort

Strukturell werden die Filialen demnach in fünf Vertriebsregionen unterteilt, mit mehr Eigenständigkeit bei Prozessen, Abläufen, Sortiment, Personalplanung und -führung. Bei aller Neuerung bleibe es aber dabei, dass das Filialnetz neu aufgestellt werde, nach wie vor verhandelt GKK eigenen Angaben zufolge mit den Vermietern. „Insbesondere von deren Zugeständnissen hängt vielfach noch ab, welche konkreten Filialen geschlossen, fortgeführt oder eventuell an einen Erwerber übertragen werden können“, heißt es.

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Laut Sachwalter Frank Kebekus sei das Konzept tragfähig, berücksichtige die Interessen aller Beteiligten. Laut des Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz sind „Fokussierung, Priorisierung, Effizienz und Schnelligkeit“ die „klaren Leitplanken“. Diese müssten vom Management nun konsequent umgesetzt werden, dann habe Galeria in Deutschland eine positive Zukunft.