Siegen. Der Straßennamen-Arbeitskreis liefert nach und ändert seine Empfehlung zu zwei Straßen. Graf Luckner ist ein besonderer Fall.

Straßenumbenennungen, nächster Akt: Im Oktober hatte der Rat beschlossen, dass Bergfriederstraße, Hindenburgstraße, Stoeckerstraße und Lothar-Irle-Straße wegen ihrer nationalsozialistischen und/oder antisemitischen Belastung umbenannt werden. Vertagt wurde dagegen die Entscheidung über Adolf-Wagner-, Graf-Luckner-, Diem- und Porschestraße. Das Ergebnis der geforderten erneuten Untersuchung durch den Arbeitskreis „Aufarbeitung der historischen Hintergründe von Straßennamen“ liegt nun vor.

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Adolf Wagner, Carl Diem, Ferdinand Porsche

Adolf-Wagner-Straße: Der Arbeitskreis rückt von seiner Umbenennungsempfehlung ab, „bis künftige Forschungen eine Neubewertung zulassen“. Wagners Rolle in der antisemitischen Bewegung des 19. Jahrhunderts sei nicht ausreichend erforscht. Die Problematik des Straßennamens soll in einer Zusatzbeschilderung erkennbar gemacht werden. Ursprünglich hatte der Arbeitskreis Wagner in einer Reihe mit Adolf Stoecker als „Wegbereiter des Nationalsozialismus“ gesehen.

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Carl-Diem-Straße: Der Arbeitskreis bleibt bei seiner Empfehlung. „Wer als Sportfunktionär Jugendliche – hier Hitler-Jungen – in der Endphase des Krieges zu einem ‘Opfergang für den Führer’ aufgefordert hat, in dessen Folge einige hundert Jugendliche getötet wurden, sollte sich für eine Umbenennung hinreichend qualifiziert haben.“ Daran änderten auch die angeführten Verdienste Diems um den Spot nichts.

Porschestraße: Ferdinand Porsche sei einer der Hauptprofiteure des NS-Staats gewesen, stellt der Arbeitskreis fest. Ihm hafte das Attribut „Hitlers Lieblingskonstrukteur“ an. Zeitweise 70 Prozent der VW-Stammbelegschaft seien Zwangsarbeiter, KZ-Insassen und Kriegsgefangene gewesen. Der Arbeitskreis empfiehlt nach wie vor, die Porschestraße umzubenennen.

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Luckner: Kind auf Weltreise mehrfach sexuell missbraucht

Graf-Luckner-Straße: Ursprünglich hatte der Arbeitskreis die Beibehaltung des Namens empfohlen und eine Umbenennung aus politischen Gründen nicht für erforderlich gehalten. Felix Graf Luckner war Schriftsteller und Marineoffizier, im 1. Weltkrieg wurde er als „Seeteufel“ gefeiert. In der Diskussion im vorigen Jahr wurde der Luckner angelastete sexuelle Missbrauch von Kindern thematisiert. Aus einem 2020 von der Stadt Düsseldorf in Auftrag gegebenem Gutachten gehe hervor, dass Luckner selbst 1939 zugegeben habe, während einer Weltreise ein Kind mehrfach sexuell missbraucht habe. Daher sei eine Umbenennung, auch wenn niemals ein Strafverfahren gegen Luckner eingeleitet wurde, „zwingend erforderlich“.

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Zumindest für die älteren Anwohner von Diem-, Porsche- und Graf-Luckner-Straße wäre es übrigens nicht die Adressenänderung – die Straßen waren bei der kommunalen Neugliederung 1975 neu benannt worden. Die Graf-Luckner-Straße hieß übrigens vorher Hindenburgstraße. Der Rat entscheidet am Mittwoch, 22. März, über die Umbenennungen.

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