Siegen. Sie mögen sich, auch wenn die Mehrheit im Rat futsch ist. Sie sind sich sogar einig, wer die Rechnung für die Hallenbäder-Lösung bezahlen wird.

Sie haben zusammen noch 33 von 71 Mandaten im Rat, mit der Stimme des Bürgermeisters 34. Von der Mehrheit, als die die Kooperation von CDU und SPD sich 2020 nach der Kommunalwahl formiert hat, sind sie ein Stück entfernt. Aber zusammen geblieben. Und das sogar gern, wie Marc Klein und Jürgen Rompf, Fraktionsvorsitzender der CDU und sein Stellvertreter, Detlef Rujanski und Ingmar Schiltz, Vorsitzender und Geschäftsführer der SPD-Fraktion, an diesem Dienstagmittag wiederholt versichern.

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„Es ist ja mittlerweile ganz untypisch für Politik, dass es auch Konsens und friedliches Miteinander gibt“, sagt Jürgen Rompf. Eine vergleichbare Wahlperioden-Halbzeitbilanz hat das letzte Ratsbündnis, „Jamaika“ aus CDU, Grünen und FDP, jedenfalls nicht gezogen. Detlef Rujanski ist nicht der einzige, der aus den gemeinsamen Haushaltsantrag von acht (von zehn ) Ratsfraktionen und der einstimmigen Verabschiedung des Etats durch den Rat Schlussfolgerungen zieht: „Wir haben im Rat eine gute zwischenmenschliche und politische Diskussionskultur entwickelt.“

Das schreiben CDU und SPD auf ihr Konto

Die Liste der in der Kooperationsvereinbarung verabredeten Vorhaben ist lang. „Wir haben viel auf den Weg gebracht, viel angestoßen und viel umgesetzt“, sagt Marc Klein und zählt auf: Das „ressourceneffiziente“ Gewerbegebiet Martinshardt 2, die Dorfentwicklungkonzepte für Seelbach, Trupbach und demnächst auch Gosenbach und noch einen Stadtteil, den Herrengarten-Bürgerpark, die Schlosspark-Erweiterung, das Stadtmarketing…

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Ingmar Schiltz setzt fort: Jedes Jahr im Schnitt eine Million Euro für Fahrbahnsanierungen, Radwege und die Einstellung eines Radverkehrsplaner, Busspuren und die Ampelsteuerung durch Busse, die Abschaffung der Elternbeiträge für Kitas ab 2024, durchweg offene Ganztagsgrundschulen (nur die Glückaufschule in Weidenau fehlt jetzt noch) …

Nebenbei berichtet Ingmar Schiltz, dass in Kürze nun auch die gewünschten Wohncontainer für wohnungslose Menschen aufgestellt werden, die in Gemeinschaftsunterkünften nicht zurechtkommen. Gegenüber dem Geisweider Freibadparkplatz werden die von der Behörde so genannten „Systemsprenger“ wohnen, betreut durch das Personal der unweit entfernten städtischen Unterkunft.

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Das sind die großen Brocken

Vierte Gesamtschule: 114 Kinder sind mittlerweile zu den 5. Klassen der neuen Gesamtschule Am Rosterberg angemeldet worden, deutlich mehr als die mindestens erforderlichen 100 – die übrigens noch nicht auf der Liste standen, als die Stadt bereits die Aufnahmen zusagte. „Die CDU ist über ihren Schatten gesprungen“, stellt Ingmar Schiltz anerkennend fest. Für die SPD, die in die Kooperationsvereinbarung lediglich einen „Prüfauftrag“ hineingeschrieben bekam, ist das damit verbundene Aus für Haupt- und Realschulen keine Frage: „Sie haben hauptsächlich von abgelehnten Gesamtschülern gelebt.“

Der Elternwillen sei seit Jahren eindeutig, räumt Marc Klein ein. „Aber wir haben als CDU viel erklären müssen.“ Und das Ergebnis des Bürgerentscheids, der den Ratsbeschluss zur Schließung von Haupt- und Realschulen aufgehoben hat, zeige: „Es ist uns nicht gelungen, das in die Bevölkerung zu transportieren.“ Ingmar Schiltz: „Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht.“ Offen sei nun vorerst, welcher Teilstandort die nötigen Raumreserven zum Rosterberg liefert, wenn die Achenbacher Hauptschule weitermacht. Denn für eine vierzügige Gesamtschule ist das (Noch-)Peter-Paul-Rubens-Gymnasium allein nicht groß genug.

Handeln muss die Kooperation nicht mehr; das verbietet ihr der Bürgerentscheid für die nächsten drei Jahre. „Vielleicht kommt uns die Bezirksregierung zuvor, sodass wir gar keine Entscheidung mehr treffen müssen“, sagt Ingmar Schiltz. Er deutet an, dass die Schulen geschlossen werden, wenn die Schülerzahl zu klein wird.

Hallenbad: Der Rat wird sich wahrscheinlich für die Kompaktbad-Lösung entscheiden: Neubau in Weidenau, Erhalt von Eiserfeld. Wirtschaftlicher wäre das vom Gutachter empfohlene Zentralbad: noch größerer Neubau in Weidenau, Schließung von Eiserfeld. „Wir nehmen die Bürgerinnen und Bürger ernst“, sagt Detlef Rujanski, „wir tun damit mehr, als wir für die Daseinsvorsorge tun müssten.“ Das hat in den Augen des SPD-Fraktionschefs aber auch eine Konsequenz: „Wenn wir etwas bestellen, müssen wir uns auch über den Preis Gedanken machen. Warum sollte eine Erhöhung der Grundsteuer ausgeschlossen sein?“

Eine Steuererhöhung, räumt CDU-Fraktionschef Marc Klein ein, „kann man nicht ausschließen“ – zumal auch andere millionenschwere Investitionen wie in den klimaneutralen Gebäudebetrieb anstünden. „Auch die Eintrittspreise sind sehr niedrig. Da muss man mit Sicherheit das eine oder andere tun.“ Wobei CDU und SPD Wert darauf legen, „zunächst vor der eigenen Haustür zu kehren“ (Marc Klein): Dazu gehört interkommunale Zusammenarbeit, um Verwaltung billiger zu machen, angefangen bei der Kindergarten-Abrechnung. „Da gibt’s Beispiele genug“, sagt Ingmar Schiltz.

Uni in die Stadt heißt längst „Wissen verbindet“: Den Umzug der Fakultäten vom Haardter Berg und die nötigen Neubauten muss die Universität selbst stemmen. Aufgabe der Stadt sind das Mobilitätskonzept, die Gestaltung des öffentlichen Raums, die Wegeverbindung und die Renaturierung der Weiß. Natürlich, sagt Detlef Rujanski, müsse der sich abzeichnenden Leerstand des Karstadt-Warenhauses „bei den weiteren Überlegungen eine Rolle spielen“. Und, so führt er fort, „wir gehen fest davon aus, dass es bei der Uni auch mitgedacht wird“.

Immerhin ist das Obergeschoss bereits zu einem Hörsaalzentrum umgebaut worden. 15.000 weitere Quadratmeter könnten den einen oder anderen Neubau auf den Campus Löhrtor und Friedrichstraße überflüssig machen. Das Land stelle Geld für Nachnutzungskonzepte zu Karstadt- und Kaufhof-Brachen bereit. „Ich würde unsere Situation in vorderste Front sehen“, sagt Detlef Rujanski, „was wir nicht gebrauchen können, sind 15.000 Quadratmeter Leerstand mitten in der Innenstadt.“

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