Siegen. So wollen die lokalen Gastronomen die Mehrwegpflicht ab 2023 umsetzen. Das erwartet die Siegener in Sachen Mehrwegverpackungen
Bei Essensbestellungen nach Hause fallen Unmengen an Verpackungsmüll an. Das soll sich ändern: Ab Januar 2023 müssen Gastronomen ihren Kunden alternativ zu Einwegverpackungen auch ein Mehrwegsystem für To-Go Gerichte anbieten. Was bedeutet das für die lokalen Gastwirte?
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„Casas Pizza“ in Weidenau ist einer der größten Lieferdienste in Siegen. „Wir sind gerade dabei, verschiedenen Mehrweg-Möglichkeiten von unterschiedlichen Herstellern zu begutachten“, erzählt Inhaber Hüseyin Fidan. „Für die Pizzen ist der klassische Karton lange die beste Option gewesen.“ Bald sollen sie aber auch in Mehrweg-Boxen aus Kunststoff ausgeliefert werden. Je nach Behälter wird er fünf bis zehn Euro Pfand berechnen, bei der nächsten Lieferung würde dann einfach Behälter gegen Behälter getauscht. „Das alles umsetzen, ist mit viel Arbeit verbunden“, sagt Hüseyin Fidan.
Auch die Inhaber der zwei „Nón Café et Cuisine“ sowie des „Nón Fusion – Vegan und Sushi“ in Siegen und Weidenau überlegen schon länger, ein Mehrwegsystem einzuführen. „Ab 2023 können unsere Gäste für ihre To-Go Gerichte Mehrwegverpackungen inklusive Pfand erwerben“, sagt Trung Vu, Sohn der Inhaber.
Siegen: Die lokalen Mehrwegsysteme
„BÄM Food“ in Geisweid bietet die Mehrverpackungen bereits an. „Wir berechnen pro Behälter fünf Euro Pfand. Die Schalen können an verschiedenen Stellen wieder zurückgebracht werden“, erklärt Inhaber Alexander Nikolay.; dazu gibt es einen QR-Code am Behälter. Aber auch bei Einwegverpackungen setzt BÄM Food auf Nachhaltigkeit: „Wir haben von Anfang an auf recycelbare und bioabbaubare Einwegverpackungen gesetzt.“
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„Café Schmatz“ in Siegen verwendet zwei verschiedene Mehrwegsysteme. Zum einen „CupforCup“ für Mehrwegbecher. Dafür bezahlen die Gäste einen Euro Pfand. Zum anderen für Speisen „Vytal“ , das ohne Pfand funktioniert. „Für die Nutzung registriert man sich in der entsprechenden App und mithilfe eines QR-Codes werden die Schüsseln von uns ähnlich wie bei einer Bücherei für zwei Wochen ausgeliehen“, erklärt Finja Niedermann. „Wir halten den Beschluss für absolut notwendig und freuen uns auf viele neue Mehrweg-Kunden.“
„Auch wir als Bäckerei müssen ab 2023 eine Alternative zum klassischen Einweg-Kaffeebecher anbieten“, erzählt Hanna Hafer von „Hafer-Back“. „Wir haben uns bereits für ein Mehrwegsystem entschieden. Die neuen Becher befinden sich aktuell in der Produktion.“ Hafer-Back rechnet damit, dass das das Mehrwegsystem zehn Mal so teuer wird wie das Einweg.
Siegen: Die Vorteile der neuen Mehrwegverpackungen
Einen wesentlichen Vorzug sehen die Gastronomen in der Vermeidung von Verpackungsmüll: „Wenn Sie die Mengen an gelben Müll sähen, den wir erzeugen, würden Sie anfangen zu weinen“, gibt Hüseyin Fidan von Casas Pizza zu. „Und mit all unseren Lieferungen bringen wir bestimmt noch fünf Mal so viel Abfall in Umlauf.“ Mehrwegsysteme können helfen, diesen Müll zu reduzieren. Das wäre dann auch ein Riesengewinn für die Umwelt, fügt Finja Niedermann vom Café Schmatz hinzu.
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„In den letzten 365 Tagen haben wir etwa 1400 Einwegverpackungen eingespart.“ Nicht jeder Gast habe aber die Möglichkeit, Mehrweg zu nutzen. „Wenn man nur zu Besuch ist oder zu weit von der nächsten Rückgabestelle entfernt wohnt, macht Mehrweg nur wenig Sinn.“ Aber für Stammkunden oder regelmäßige Gäste sei Mehrweg sehr geeignet.
Die Ausnahme
Nach Erhebungen der Bundesregierung entstehen in Deutschland täglich mehr als 770 Tonnen Müll durch Take-away-Einwegverpackungen.
Völlig verdrängt wird das Einweg durch das neue Gesetz aber nicht. Der Kunde kann ab 2023 weiterhin frei wählen, ob er sein Essen in einer Mehrweg- oder Einwegverpackung mitnimmt.
Kleine Imbisse mit nicht mehr als fünf Beschäftigten, deren Verkaufsfläche 80 Quadratmeter nicht überschreitet, dürfen auch 2023 weiterhin Einwegverpackungen ohne eine Mehrwegalternative anbieten.
Von ihnen komme die Rückmeldung, dass es sich aus den Mehrwegbehältern besser essen lasse, so Finja Niedermann. „Die Speisen lassen sich darin besser transportieren und warmhalten. Zudem entsteht eine tolle Kundenbindung.“ Beim Café Schmatz seien die Kosten im Vergleich zum Einweg in etwa gleich, erklärt Finja Niedermann. „Die Behälter kosten etwas weniger. Dafür müssen wir sie aber reinigen und lagern“.
Siegen: Die Nachteile der neuer Mehrwegverpackungen
Es bleibe abzuwarten, wie groß Nachfrage nach Mehrwegverpackungen wirklich sei. Es fehle an der Kundenakzeptanz, sagt Alexander Nikolay von BÄM Food. Das Interesse an umweltfreundlichen Einwegverpackungen sei deutlich höher. „Die meisten Menschen finden die Idee von wiederverwendbaren Verpackungen zwar gut, gehen dann aber doch lieber auf unsere umweltverträglichen Einwegmöglichkeiten, weil ihnen das Mehrwegsystem mit der Rückgabe einfach zu umständlich ist.“
Er wünsche sich von der Politik mehr Anreize für die Gastronomie, um auf umweltschonende Einwegsysteme umzusteigen. „Es gibt mittlerweile so viele gute Einweg-Alternativen auf Basis von Naturfasern, die sogar kompostierbar sind.“ Nikolay gibt zu bedenken, dass auch die Mehrwegverpackungen überwiegend aus Plastik bestehen.
Für Alexander Nikolay überwiegen die Nachteile: „Ich zahle drauf.“ Die Kosten für das Mehrwegsystem seien höher als bei seinen Einwegprodukten. „Ich muss eine nicht unerhebliche Gebühr im Quartal an den Hersteller bezahlen, nur um mich an deren Mehrwegsystem beteiligen zu können.“
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Hüseyin Fidan befürwortet zwar die Mehrwegpflicht, kritisiert aber die Umsetzung: Die Ausführung mit der Rückgabe sei viel zu kompliziert. „Die zurückgebrachten Behälter müssen außerdem eingescannt und wieder ins System zurückgeführt werden.“ Auch der Zeitpunkt für eine Umstellung sei nicht optimal. „Wir haben gerade erst eine Preiserhöhung hinter uns. Meine größte Angst ist, dass die Leute sich Mehrweg nicht mehr leisten können.“
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