Siegen. Landschaftsverband Westfalen-Lippe will keinen neunten Standort seines Industriemuseums im Siegerland.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) will seine Museumslandschaft erweitern. Dabei soll das Siegerland eine besondere Rolle spielen. Dafür hat sich der Kulturausschuss der Landschaftsversammlung ausgesprochen. Neben dem Besucherbergwerk Ramsbeck, das an ein Industriemuseum angebunden werden soll, und dem Ausbau des Besucherzentrums Kahler Asten zur Außenstelle des LWL-Museums für Naturkunde sollen der Röstofen in Gosenbach, der Reinhold-Forster-Erbstollen in Eiserfeld und ein an das Siegerlandmuseum in Siegen anzubindendes „industriekulturelles Netzwerk“ Thema für eine Machbarkeitsstudie werden.

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Verpasste Gelegenheit: Hochofen in Geisweid

„Ein Blick auf die Museumslandschaft in Westfalen, dass der Raum Südwestfalen nur wenige Einrichtungen in der Trägerschaft des LWL beherbergt“, räumt die Verwaltung in ihrer Vorlage ein: Es gibt nur das Freilichtmuseum in Hagen („kann nur bedingt zu Südwestfalen gezählt werden“), das Besucherzentrum auf dem Kahlen Asten und die Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie. Tatsächlich verfüge Südwestfalen über „herausragende Relikte der Industriegeschichte in den Bereichen Bergbau- und Hüttenwesen, Metallverarbeitung und Salzgewinnung“, etablierte Museumsbetriebe, Schlösser und Burgen, Naturparks und Besucherzentren.

Zuletzt habe der Landschaftsverband 1979 versucht, Siegen in das LWL-Industriemuseum einzubeziehen: mit dem letzten Holzkohle-Hochofen Westfalens in Geisweid. „Der Hochofen wurde jedoch gegen die Empfehlungen des LWL abgerissen“, erinnert die Verwaltung des Landschaftsverbandes, Die Siegen zugedachte Funktion übernahm 1989 die Henrichshütte in Hattingen. Weitere Anläufe aus der Region seien zu spät gekommen. Die Arrondierung des Museums mit acht Standorten sei abgeschlossen.

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Konkurrenz für Siegen aus dem Sauerland

Für einen möglichen neunten Standort, der nun politisch gewünscht werde, gebe es sechs Alternativen:

Das Sauerländer Besucherbergwerk Bestwig-Ramsbeck,

die Besteckfabrik Hesse, Schmallenberg,

die Luisenhütte Balve-Wocklum,

die Wendener Hütte, Wenden,

die Röstofenanlage Storch und Schöneberg, Siegen,

das Besucherbergwerk Reinhold Forster Erbstolln. Siegen.

Röstofenanlage Gosenbach: Noch nicht vorzeigbar

„Nur eingeschränkt“ erfülle die Röstofenanlage die Kriterien, die die Politik vorgegeben habe. Von ursprünglich 14 nebeneinanderliegenden Öfen sichtbar erhalten geblieben sei ein Teilbereich der Ofenaußenwand. Die Öffnungen, aus denen das Röstgut entnommen wurde, seien vermauert und zudem teilweise durch Betonpfeiler verdeckt. „Das Objekt ist bedeutend für das Siegerland mit seinem bergwirtschaftlichen Schwerpunkt des Eisenerzbergbaus und des damit verbundenen Eisenhüttenwesens“, heißt es in der Vorlage für den Kulturausschuss. §"Leider lässt sich heute im Kreis Siegen diese wirtschaftliche Bedeutung kaum mehr anhand überlieferter Objekte, geschweige denn anhand zusammenhängender Anlagen überzeugend dokumentieren.“ Umso wichtiger sei die Erhaltung und Präsentation der letzten noch aussagefähigen Belege des seit dem 13. Jahrhundert durch Quellen belegten Eisensteinbergbaus im Siegerland.

Röstofenanlage der Grube Storch & Schöneberg in Gosenbach. „§Das Objekt hat derzeit keine Schauqualitäten, aber großes Potenzial“, schreibt der Landschaftsverband.
Röstofenanlage der Grube Storch & Schöneberg in Gosenbach. „§Das Objekt hat derzeit keine Schauqualitäten, aber großes Potenzial“, schreibt der Landschaftsverband. © WP | LWL

Die 1942 stillgelegte Grube Storch & Schöneberg habe zeitweilig zu den bedeutendsten in Europa gehört, die Relikte der Röstofenanlage hätten „echten Seltenheitswert“. Der Eigentümer lasse das Objekt verfallen, nachdem ihm die Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhauses versagt worden sei. Das Grundstück muss zunächst erworben werden, eventuell durch Grundstückstausch. Das Denkmal muss instandgesetzt und museal erschlossen werden. „Im Hang befinden sich vermutlich Gänge und Stollen, Näheres muss zunächst archäologisch erforscht werden. Das Objekt hat derzeit keine Schauqualitäten, aber großes Potenzial.“

Reinhold-Forster-Erbstolln in Eiserfeld: Prachtvolles Portal

Der Vortrieb des 2,4 Kilometer langen Reinhold-Forster-Erbstollns zu Beginn des 19. Jahrhunderts sei „von überragender Bedeutung für die Entwicklung des Bergbaus auf dem Eisenzecher Gangzug“ gewesen, stellt die Verwaltung zum zweiten Siegener Standort fest. „Das Eingangsbauwerk des Reinhold-Forster-Erbstollns gehört ferner zu den aufwendigsten und prächtigsten Kleinarchitekturen des deutschen Bergbaus.“ Auf einer Länge von 470 Metern betreibt die Gewerkschaft Eisenzecher Zug das Besucherbergwerk als gemeinnützige Unternehmens­gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Eiserfeld.

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Siegen schlägt „industriekulturelles Netzwerk“ vor

Röstofenanlage und Reinhold-Forster-Erbstollen können Ankerpunkte des „industriekulturellen Netzwerks Siegerland“ sein, wie es der Kreis Siegen-Wittgenstein vorgeschlagen hat, und, so die Vorlage, „als Satelliten an das Siegerlandmuseum angegliedert werden“. Weitere Stationen könnten das Technikmuseum Freudenberg, das Stahlbergmuseum Müsen, der Wodanstollen, das Museum Wilnsdorf, der Förderturm Grube Grimberg, die Ausgrabungsstätte Gerhardseifen und das Schieferschaubergwerk Raumland werden.

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Gegen Anbindung an Industriemuseum Dortmund oder Hattingen

Die Verwaltung des Landschaftsverbandes setzt auf die Anlagen im Siegener Stadtgebiet. Sie könnten vom Kreis gekauft werden, der Landschaftsverband würde sich an der „musealen Inwertsetzung“ und den weiteren Kosten beteiligen. „Eine Anbindung an das LWL-Industriemuseum empfiehlt sich für beide Objekte nicht“, Dortmund und Hattingen seien zu weit weg. Für das Siegerlandmuseum dagegen wäre der Röstofen „ein großer musealer Gewinn“, der Erbstollen „gut als Ergänzung des Schaubergwerks im Siegerlandmuseum vorstellbar“. Und: „Die Dependance würde das industriegeschichtliche Profil des Siegerlandmuseums in bester Weise profilieren und stärken.“ Reservierter äußert sich der Landschaftsverband zu der Netzwerk-Idee des Kreises. Es könne „nicht beurteilt werden, ob das Konzept eines industriekulturellen Netzwerkes auf die gegenwärtigen Bedarfe der Region zutrifft“. Eine „Doppelstruktur“ mit der bestehenden Route „WasserEisenLand“ müsse vermieden werden.

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