Siegerland. Nicht im Ruhrgebiet, sondern in Siegen und Umgebung steht die Wiege der Industrie. Ein LWL-Museum soll dieser Tatsache nun Rechnung tragen.

Die Wiege der Industrie stand nicht im Kohlenpott. Bilder der rauchenden Schlote prägen zwar das Bild des Ruhrgebiets, aber schon Jahrtausende bevor zwischen Dortmund und Duisburg die ersten Zechen glühten, waren die Kelten Meister der industriellen Eisenproduktion – im Siegerland. Das soll sich in der Region auch in Form eines LWL-Industriemuseums widerspiegeln.

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Beantragt hatte das die FDP Siegen-Wittgenstein, die damit in der Kreispolitik auf breite Zustimmung stieß. Und auch die FDP in der LWL-Landschaftsversammlung, dem „Westfalenparlament“, unterstützt das Ansinnen: „Aktuell ist der LWL mit keinem Museumsstandort im Siegerland vertreten. Die Darstellung der Industriegeschichte, besonders der Montanindustrie, erfolgt derzeit ruhrgebietszentriert, das kann nicht dem Anspruch des LWL entsprechen“, so Guido Schneider, heimischer FDP-Vertreter im Gremium.

Argument 1 für ein LWL-Industriemuseum im Siegerland: Geschichte

Spuren haben die Kelten nur wenige hinterlassen – Schlackehalden und tönerne Schmelzöfen sind optisch weniger eindrucksvolle Relikte als gewaltige Schächte und riesige Kokereien.

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Vor mehr als 2000 Jahren war das Siegerland die maßgebliche Region für Eisenproduktion. In den bislang größten bekannten Verhüttungsöfen ihrer Epoche in Europa gewannen keltische Hüttenleute große Mengen an Eisen. Das Siegerland ist eine der ältesten Industrieregionen der Welt“, schrieb die FDP in ihrem Antrag an den Kreisausschuss. Die Eisenerzgewinnung und dessen Weiterverarbeitung endete im Siegerland erst 1965, die metallverarbeitende Industrie zählt aber nach wie vor zu den stärksten Industriezweigen im Siegerland.

Argument 2 für ein LWL-Industriemuseum im Siegerland: Proporz

Zahlreiche Museen betreibt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und bündelt dort die Geschichte Westfalens: Industrie, Handwerk, Technik, Kunst, Naturkunde, Archäologie, Klosterkultur, Volkskunde. „Fast alle liegen im Ruhrgebiet. Kein einziges liegt in Südwestfalen“, bemängelt die FDP. Der „Siegerländer Weiler“ mit typischen Bauten aus der Region steht etwa in Detmold. Das sollte sich gerade in Sachen Urgeschichte der Industrie ändern, das Siegerland ein eigenes Museum dazu bekommen, findet nicht nur die FDP.

Chancen ausloten

Die Kreisverwaltung wird nun in Gesprächen mit LWL, Universität und möglichen weiteren Kooperationspartnern wie heimischen Unternehmen oder IHK ausloten, welche Chancen für ein LWL-Museum zur frühindustriellen Geschichte im Siegerland bestehen. Die Initiative soll als Startschuss verstanden werden. Der Kreisausschuss hat dazu auch einen Arbeitskreis „Industriemuseum“ beschlossen, der das Projekt begleiten soll.

Südwestfalen sei ohnehin nicht gerade üppig mit Einrichtungen des Landschaftsverbands bedacht worden: „Die Themen sind nicht standortgebunden, aber Siegen-Wittgenstein schmiert beim LWL auch bei anderen Einrichtungen ab“, sagte FDP-Kreistagsfraktionschef Guido Müller mit Blick etwa auf die Psychiatrien. „Es gibt Regionen, in die fließt wesentlich mehr Geld als nach Siegen-Wittgenstein“, pflichtete SPD-Fraktionsvorsitzender Michael Sittler bei. „Es geht gar nicht um eine Gleichberechtigung der Regionen oder einen Minderwertigkeitskomplex“, fand Hermann-Josef Droege. „Aber es gibt eben die irrige Auffassung, der Ursprung der Industrie lag im Ruhrgebiet.“

Konzept für ein LWL-Industriemuseum in Siegen und Umgebung

Knifflig könnte die Frage eines Standorts werden – denn viele historische Industrie-Orte sind längst geschlossen, im Siegerland gibt es nur wenig Industrierelikte, die musealen Charakter erhalten könnten. Das will man aber nicht scheuen – neue Konzepte sollen her.

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Vielleicht muss es gar nicht das eine Museum geben, sondern – analog etwa zum Naturpark Sauerland-Rothaarsteig mit seinen weit verstreut liegenden „Schatztruhen“ – mehrere Orte, die jeweils Teilaspekte des Themenkomplexes in den Fokus nehmen. Hermann-Josef Droege, Vorsitzender der CDU-Fraktion, nannte im Kreisausschuss als Beispiel die LaTene-Schmelzöfen, auf ehrenamtlicher Basis etwa von Heimatvereinen errichtet und gepflegt, verknüpft mit modernen Produktionsstätten der Siegerländer Großindustrie. Zudem gibt es die bedeutende Ausgrabungsstätte zu keltischer Eisenproduktion am Gerhardsseifen – „sie existieren nebeneinander, nicht miteinander, aber als gemeinsame Bausteine eines gemeinsamen Konzepts.“