Herzhausen. Grandiose Ausblicke auf die Heimat: Am Herzhäuser Panoramaweg in Netphen gibt es Wein, Wild und wunderbare Wälder. Fast zu schön zum Wandern...
Wir hätten sie zählen sollen, die vielen Sitzgelegenheiten an diesem Weg. Und hätten wir überall Platz genommen, wo eine Bank zum Pausieren geladen hat, wir wären ein, zwei Stunden später dort gelandet, wo wir gestartet sind: an der so hübsch gestalteten „Insel“ am Dirlenbacher Weg – im Herzen von Herzhausen. Schon hier lockt der Platz zur Rast: am Ufer des Dreisbachs, unterm weiten Sonnensegel. Aber wir wollen ja wandern, wollen den vom Bürgerverein eingerichteten Herzhäuser Panoramaweg gehen und sind gespannt auf immer wieder neue Aus- und Einblicke.
Und die gibt es reichlich auf dieser feinen Dorfrunde, die über die Jägerstraße sehr bald nordostwärts in die Natur führt. Fingerhut löst Fachwerk ab, Weidewiese den Wald. Eine kleine Brücke quert den Dirlenbach, und unversehens finden wir uns in einer Weinlandschaft wieder. Ein Projekt der Hilchenbacher Lagano gGmbH baut seit 2019 in sonniger Lage Calardis blanc und Cabernet Jura an; Trauben, die nach der Erntereife zu Weiß- und Rotwein verarbeitet und auch vertrieben werden sollen. Wer mag, kann die Patenschaft über einen Rebstock übernehmen und damit die Langfristigkeit der Initiative sichern helfen.
Schönheit des Damwilds hält auf
Der Weinberg am Wegesrand verdient ein erstes Ausrufezeichen, ein zweiter Fingerzeig gilt dem „Kapellenblick“. Ein Schild verweist auf den kurzen Abstecher, und den sollte man nicht missen. Sondern Platz nehmen auf der erhöht stehenden Bank, um dann über den Wipfeln und inmitten vielschattigen Grüns gegenüber das weiße Kirchlein auszumachen. Suchten Frieden und Sehnsucht ein Bild – dies wäre eines. In St. Anna, 1954 eingeweiht, haben inzwischen katholische und evangelische Christen einen Platz für ihren Gottesdienst gefunden.
Doch nun zurück auf den mit einem „H“ bestens markierten Weg! Weit kommen wir nicht, denn beim Damwildgehege hält uns das Damwild auf. Schöne, scheue Tiere. Wir beäugen einander eine gute Weile, fangen Kitz und Co. mit List auch fotografisch ein. Kurz küsst die Strecke Herzhäuser Häuser, um dann auf Abstand und nun mit Nahblick zur Kapelle zum südseitigen Ortseingang zu führen. Wir queren die Landstraße (L728) nahe des Denkmals für die Gefallenen der Weltkriege und genau dort, wo der Dilldapp mit den Duffeln uns „Gondach!“ wünscht – Herzhausen ist die Heimat von Matthias Kringe, dem Zeichner, der den urigen Fabelwesen ihre Gestalt gegeben hat.
Schönheit des Damwilds hält auf
Auf der anderen Seite folgen wir eine Weile dem geteerten Nelkenweg. Dreisbachtalabwärts, einen halben Kilometer lang. Nun beginnt ein langer, aber eher gemächlicher Aufstieg. Ein paar spitze Kehren bringen uns zunächst durch Futterheuwiesen, dann durch Hochwald auf die Höhe. Rechts unter uns Herzhausen, links unter uns Unglinghausen und unter unseren Füßen gleich zwei famose Wege: der Herzhäuser Panoramaweg und der „Onkelküser“ Themenrundweg gehen eine Weile Seit‘ an Seit‘.
Der Herzhäuser Panoramaweg
Start/Ziel: Vesperinsel mit Wandertafel am Abzweig Hilchenbacher Straße/Dirlenbacher Weg, Parkplatz gleich um die Ecke am Bürgerhaus, Bus L163, Haltestelle „Dirlenbacher Weg“.
Distanz/Gehzeit: 9,4 Kilometer, knapp 3 Stunden, bergauf-bergab: 240 Meter.
Markierung: durchweg eindeutig mit einem weißen „H“.
Charakter: Abwechslungs- und aussichtsreiche Tour mit vielen Picknickmöglichkeiten.
Tipp: Der Dilldappenweg im Oberen Johannland ist inhaltlich eine logische Fortsetzung des Herzhäuser Panoramawegs. In einer knappen Stunde lässt sich der Kosmos von Matthias Kringes fabelhaften Wesen barrierefrei erkunden. Zehn Holzdappen aus der Bühler Werkstatt von Michael Kolb flankieren den Weg. Start/Ziel: der Wanderparkplatz in Hainchen.
Wer eine zünftige Runde nicht scheut, könnte durchaus die beiden Strecken zu einer Wanderung an einem Tag verbinden. Am Stüllberg entfaltet sich dann das Panorama dieser Tour überhaupt: von den Windrädern über Hilchenbach bis zur aus der Ferne pünktchenkleinen Ginsburg.
Ausgangspunkt mit Sonnensegel
Wie gut, dass ausgerechnet hier – gleich über den alten Weidekämpen – ein Pausenplatz eingerichtet ist. Mit Tisch und Bänken und einer Liege aus Holz. Bleiben! Schauen! Vespern! Um dann doch irgendwann einen Kreis sich schließen zu lassen. Nach dem Queren der schmalen K27 und freier Sicht auf Kindelsberg und Martinshardt, nach schattigen Abschnitten im bunt gemischten Wald und einem Zieleinlauf durch ganz viel Wiesengrün kommen wir an, wo wir begonnen haben: am Ausgangspunkt mit Sonnensegel.
Jetzt wäre eine Einkehr schön, ist aber in Herzhausen nicht möglich. Und so decken wir uns im Hofladen Klein mit Leckereien ein – und fahren zur Stärkung… heim.
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