Siegen. Der neue Intendant des Apollo-Theaters, Markus Steinwender, stellt sich in Siegen vor. Erster Eindruck einer künftigen Größe der hiesigen Szene.
Neun Monate hat es gedauert, den neuen Apollo-Intendanten zu finden. Der heißt Markus Steinwender, ist 49 Jahre alt, gebürtiger Salzburger und stellte sich am Freitag das erste Mal öffentlich an seiner künftigen Wirkungsstätte vor. Ab Sommer 2022 wird er das Theater als Nachfolger von Magnus Reitschuster leiten.
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„Muss man das so aufwendig machen?“, fragt Prof. Herbert Landau, Vorsitzender des Apollo-Trägervereins, bezüglich des Auswahlverfahrens – und gibt die Antwort gleich selbst. Der mehrstufige Prozess mit etlichen Beteiligten sei erforderlich gewesen, „um der Bedeutung des Apollo-Theaters für die Region und dem intellektuellen Anspruch, der mit Magnus Reitschuster aufgebaut wurde, gerecht zu werden.“
Apollo-Theater Siegen: Markus Steinwender setzt sich gegen starke Konkurrenz durch
Aus 33 Bewerbungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wählte eine Findungskommission unter Leitung von Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin, neun aus; sechs Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich in Siegen vor, zwei kamen in die Endauswahl – und diese letzte Entscheidung traf dann ein Apollo-Lenkungsgremium aus lokalen Akteurinnen und Akteuren – also aus Leuten, die mit dem neuen Chef regelmäßig zu tun haben werden.
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Das Künstlerische war Hauptkriterium. Gleichzeitig sei Markus Steinwender aber „wirtschaftlich geerdet“, wie Herbert Landau betont. Der künftige Intendant, der am Donnerstagabend den Vertrag unterschrieb, studierte „Kuratieren in den szenischen Künsten“ an der Universität Salzburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist Schauspieler, Regisseur und „Geprüfter Kulturmanager“.
Von Salzburg nach Siegen: Markus Steinwender wird neuer Apollo-Intendant
Die wirtschaftlichen Aspekte, auf die Herbert Landau anspielt, sind bei einem Haus wie dem Apollo, das – wenn auch mit öffentlichen Zuschüssen – primär eigenständig seine Finanzierung stemmen muss, ein entscheidender Faktor. Was auch immer dort auf der Bühne (oder wo auch immer das Geschehen stattfindet – derzeit zum Beispiel beim Freiluft Festival im Leimbachstadion) geschehen soll, muss irgendwie bezahlt werden. Es gehe immer darum „das Visionäre in den Bereich der Sachzwänge zu bringen“, merkt Noch-eine-ganze-Weile-Intendant Magnus Reitschuster an. Künstlerische Vorstellungen in die Tat umzusetzen, sei „der zweite Schritt – der schwierige Schritt“.
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Markus Steinwender schreckt das nicht. Als er auf die Stelle in Siegen aufmerksam wurde – derzeit lebt er mit Frau und Tochter im niederbayrischen Eggenfelden – informierte er sich über Stadt und Apollo. Gerade dessen Konstruktion sei „sehr reizvoll“: „Das Bespielen eines Hauses, Produktionen zu finden“ korrespondiere mit den Inhalten seines Studiums. Da dass Apollo zwar Eigenproduktionen fahre, aber anders als viele andere Theater kein eigenes Ensemble habe, biete es „eine enorme Bandbreite“. Besonders wird das regelmäßig bei der Biennale deutlich, wenn die großen Bühnen mit ihren Inszenierungen nach Siegen kommen. Das Publikum könne also Vielfalt erwarten – und gefalle dem einzelnen Gast eine bestimmte Aufführung nicht, könne es bei der nächsten wieder anders aussehen. Das hat übrigens nichts mit Beliebigkeit zu tun: Der rote Faden, der sich bisher durch das Apollo-Programm zog – die DNA des Hauses – war immer die Qualität.
Siegen: Neuer Intendant des Apollo-Theaters will Stadt und Leute kennenlernen
Das soll auch so bleiben, wie im Gespräch mit dem künftigen Intendanten klar wird. Er kommt nicht mit einem fertigen Plan; was er vorhat, dazu äußert er sich zurückhaltend. Nicht, weil er keine Vorstellungen hätte, sondern weil er erst mehr über seinen neuen Wirkungskreis wissen möchte. „Es war eine spannende Reise nach Siegen – sich mit einer Region, einer Stadt zu beschäftigen, sich damit und mit den Menschen zu verbinden“. Es gebe Ideen, er habe „Bilder im Kopf, was sein könnte“, sagt er. Aber erst einmal wolle er sich „vernetzen, Partner suchen, auch über die Grenzen der Kultur hinaus“. Die 800-Jahrfeier Siegens 2024 werde sicherlich ein Thema sein, gibt er ein Beispiel.
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Das Bild vom Apollo im Herzen der Stadt gefalle ihm sehr gut; „ein Ort, wo wir auch über Gesellschaft nachdenken können“. In Sachen Siegen sei er vor seiner Bewerbung „ein unbeschriebenes Blatt“ gewesen, habe „davon weder Positives noch Negatives gewusst“. Er habe vor seiner persönlichen Vorstellung für den neuen Job einen Spaziergang durch die Stadt gemacht, „eine Stadt mit Geschichte und Geschichten“.
Neuer Apollo-Intendant Markus Steinwender will das Digitale ausbauen
Vorbehalte, wie sie zumindest bis vor einigen Jahren immer wieder mal jenseits der Region über Siegen kursierten (und sich ungeachtet der massiven Veränderungen in der jüngeren Vergangenheit teilweise noch halten), interessieren ihn nicht. „Mein Blick auf Siegen ist sehr positiv. Ich nehme bei einer neuen Stadt nur wahr, ich bewerte nicht. Und ich bin nicht hier, um über die Vergangenheit nachzudenken, sondern über die Zukunft.“
Übergang
Apollo-Intendant Magnus Reitschuster hat sich in Absprache mit dem Trägerverein am Auswahlverfahren für seine Nachfolge nicht beteiligt.
Seine Amtszeit endet am 31. August 2022. Bis dahin „werden ich Herrn Steinwender in der Vorbereitung seiner ersten Spielzeit 22/23 unterstützen, sofern und soweit er es will“, wie Magnus Reitschuster sagt.
In der, soviel hält der künftige Intendant fest, wird das Digitale eine stärkere Rolle spielen. Ursprünglich studierte er Computerwissenschaften. Darin machte er zwar keinen Abschluss: Aber „ich beschäftige mich schon sehr lange und intensiv mit dem Thema“. Was für Möglichkeiten es gibt, zeige sich gerade jetzt in der Pandemie, wo Inszenierungen oft nicht mehr nur live vor Ort, sondern via Streaming überall zu sehen seien. „Wir müssen viele Dinge auch als Chance begreifen“, sagt Markus Steinwender. „Das ist vielleicht ein abgelutschter Begriff – es ist aber so.“
Apollo Siegen: Kinder- und Jugendtheater bleibt ein ganz wichtiges Thema
Ein anderes Thema, dass auf seiner Prioritätenliste ganz oben steht, ist Kinder- und Jugendtheater. „Ich habe eine sehr starke Affinität dazu. Da ist hier im Haus eine Entwicklung gestartet, die sehr weit führen kann.“ Gemeint ist das Junge Apollo (JAp), für das mit Werner Hahn ebenfalls ein Salzburger verantwortlich zeichnet.
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Solche Angebote seien mit Blick auf die Zukunft sehr wichtig, weil sie junge Menschen an das Theater heranführen. Aber nicht nur die. „Besonderen Spaß habe ich, wenn es Vorstellungen gibt, die generationenübergreifend wirken“, sagt Markus Steinwender; wenn alle – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – auf ihre Kosten kommen. „Das versuche ich immer wieder zu schaffen. Das ist es, was mich fasziniert.“
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