Meschede. Fleischsteuer oder Tierwohl-Cent: Minister Özdemir wirbt für die neue Abgabe. Was Mescheder Metzger und Landwirte davon halten.
Eine Fleischsteuer war schon öfter im Gespräch – nun gibt es einen neuen Plan. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) setzt sich für eine Verteuerung von Fleischprodukten ein. Das so erhobene Geld soll dann für den Umbau der Landwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und Tierwohl eingesetzt werden. Lokale Metzger und Bauern aus Meschede beziehen Stellung zu dem Konzept.
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Fleischsteuer: Schwierigkeiten für kleine Betriebe
„Damit werden den Kleinbetrieben nur wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen.“ Tanja Berghoff ist Metzgerin aus Meschede. Sie befürchtet, dass größere Ketten bei einer Fleischsteuer in Deutschland, Fleisch aus anderen Regionen importieren. „Aber das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren“, sagt sie.
Doch auch bei einer Fleischsteuer macht sie sich keine Sorgen um ihren Betrieb: „Die Kunden, die darauf Wert legen, gutes Fleisch zu bekommen, die werden weiterhin bei uns einkaufen.“ Allerdings zweifelt sie daran, dass das Geld dem Tierwohl zugutekommen wird. „Die Steuer muss von vornherein zweckgebunden sein“, findet sie.
Geld muss bei Mescheder Bauern ankommen
Klaus Lehnhäuser, Inhaber der gleichnamigen Mescheder Fleischerei, sieht die Steuer nicht ganz so negativ. Aber auch er befürchtet, das Geld werde letztlich doch für anderes ausgegeben: „Im Prinzip wäre das nicht schlecht, aber wichtig wäre, dass das dann auch bei den Bauern ankommt“, sagt er. Und eigentlich müsse dann auch eine Steuer auf Milch und Molkereiprodukte angesetzt werden. Weder bezüglich der produzierten Gase noch in Bezug auf das Tierwohl gebe es dort einen wesentlichen Unterschied.
Dass Kunden wegbleiben könnten, fürchtet er nicht: „Ich glaube, sie akzeptieren das, wenn das Geld auch bei den Bauern ankommt.“
Innung der Fleischer gegen Fleischsteuer
„Grundsätzlich ist es so, dass wir jede Maßnahme für gutes Tierwohl in Deutschland begrüßen“, erklärt Heinrich Veh. Er ist Obermeister der Fleischerinnung im Hochsauerland. Bei einer Fleischsteuer befürchtet er jedoch unnötige Bürokratie und Einnahmen, die in einem großen Topf versickern, statt bei den Betrieben zu landen.
Zudem findet er es nicht richtig, Fleisch als Genussmittel einzuordnen. Mit einer Fleischsteuer würden vor allem Klein- und Geringverdiener belastet. Um eine bessere Tierhaltung in Deutschland umzusetzen, schlägt er stattdessen eine Umverteilung von EU-Subventionen vor. Welche dies konkret sein könnten, müsse im Detail nachgesehen werden, sagt er.
Bauern aus Meschede und Umgebung zur Fleischsteuer
„In der Schweinehaltung ist die Steuer vielleicht eine Möglichkeit, den Umbau zum Tierwohl zu gestalten“, sagt Christian Otto als stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands Hochsauerland. Er ist auch selbst Landwirt in Eslohe, betreibt dort Mutterkuhhaltung. Diese Haltungsart sei im Gebiet vorherrschend, erklärt er, hierauf habe die Fleischsteuer jedoch keine direkten Auswirkungen.
Für den Bauern löse die Steuer nicht die drängendsten Probleme der Landwirtschaft. „Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist“, gibt er zu bedenken. „Eine leistungsgerechte, kostendeckende Bezahlung wäre bedeutend sinnvoller.“
Sorge des Landwirts: mehr Bürokratie durch Fleischsteuer
Eine Steuer sei letztlich nur eine weitere staatliche Verordnung, deren Vorteil noch nicht klar sei: „Die Frage ist doch: Wie viel kommt dann wieder beim Landwirt an?“ Zudem müsse das Konzept unbürokratisch umgesetzt werden: „Die Bürokratie macht es den Landwirten schwer.“
Unter bestimmten Bedingungen könne ein „Tierwohl-Cent“ aber möglicherweise funktionieren: „30 Cent pro Kilo Schweinefleisch würden wahrscheinlich auch zum Tierwohl beitragen“, findet Christian Otto. Vorausgesetzt, es gebe dauerhafte Planungssicherheit. Diese zu gewährleisten, traut der Landwirt der aktuellen Regierung allerdings nicht zu. „Irgendwas dahingeredet, aber keiner weiß, wohin das führen soll. Ein Tierwohl-Cent ist erstmal auch nur eine verschleierte Subvention.“
Fleischsteuer als Möglichkeit für den Umbau
Auch sein Verband habe sich mit dem Thema bereits auseinandergesetzt, „aber wie bekannt ist, haben wir ja gerade andere Baustellen.“ Für die Bauernproteste der vergangenen Wochen und Monate habe es sehr viel Zuspruch aus der Bevölkerung gegeben, sagt er, „aber ich weiß nicht, wie das Verbraucherverhalten bei einer Preiserhöhung sein wird. Gekauft wird im Regal dann doch wieder das Günstigste.“
Letztlich hänge es daran, wie die Steuergelder am Ende eingesetzt würden: „Das Problem ist: Kommt das Geld auch beim Landwirt an? Wenn das wirklich beim Landwirt ankommt: Okay, dann ist es eine Möglichkeit, die Landwirtschaft auf das Tierwohl umzubauen“, findet Christian Otto.