Bad Fredeburg. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat im Bad Fredeburger Schieferstreit entschieden. Das kann Folgen für weitere Hausbesitzer haben.
73 Seiten sind es geworden. 73 Seiten, auf denen das Verwaltungsgericht Arnsberg erklärt, wie es im Bad Fredeburger Schieferstreit entschieden hat und warum.
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Der Fall
In Bad Fredeburg hatte Manfred Ruttke 2020 das Dach seines Hauses zwar mit Schiefer eingedeckt, aber die falsche Form verwendet: eckig statt abgerundet. Der Grund: Sein Dachstuhl hätte die schwerere altdeutsche Deckung nicht ausgehalten. Weil er damit gegen die Gestaltungssatzung verstieß, schritt die Stadt mit einer Ordnungsverfügung ein und stoppte die Eindeckung. Seitdem ist ein Drittel des Daches nur mit Dachpappe bedeckt und der Bauherr fürchtet, dass die gesamte Eindeckung wieder heruntermuss. Er zog vors Verwaltungsgericht. Unter anderem bemängelte er, dass es im historischen Ortskern viele Verstöße gegen die Gestaltungssatzung gebe, die nie geahndet wurden. Außerdem ging sein Anwalt auch gegen Formfehler der Satzung von 2007 vor. Diese hatte die Stadt noch im Dezember 2023 in neuer Fassung verabschiedet, wodurch einige geheilt wurden. Sie galt nun rückwirkend auch für Ruttkes Dach.
Das Urteil
„Die Ordnungsverfügung wird aufgehoben“, erläutert Kai Hendrik Teipel, Pressesprecher des Verwaltungsgerichtes Arnsberg. „In diesem Punkt hat der Kläger also gewonnen.“ Doch insgesamt handelt es sich dabei nur um ein vorläufiges Ergebnis. Der Kritikpunkt: Die Stadt habe die Verfügung ohne ein systematisches Konzept erlassen, das sachliche Gründe erkennen ließ, warum man ausschließlich gegen das Vorhaben des Klägers vorgegangen sei. „Obwohl mehrere Verstöße gegen die Gestaltungssatzung feststellbar sind, wurde eine Ordnungsverfügung offenbar nur gegen den Kläger erlassen.“ Das Gericht sah daher den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Willkürlich sei ein einzelnes Objekt ausgewählt worden. Die Entscheidung des Gerichts hindere die Stadt jedoch nicht daran, erneut eine Ordnungsverfügung gegen den Kläger zu erlassen. Die abweichende Dacheindeckung hätte aber auf jeden Fall offiziell genehmigt werden müssen. Teipel: „Zugleich wiesen die Richter jedoch auch darauf hin, dass die Wirksamkeit einzelner, in der Gestaltungssatzung enthaltener Vorschriften durchaus zweifelhaft sei.“
Das sagt die Stadt
Bürgermeister Burkhard König ist froh, dass die Kammer die Klagen gegen die Gestaltungssatzung abgewiesen hat. „Es bestehen noch kleinere Bekanntmachungsmängel, die sind aber einfach lösbar. Vielleicht müssen wir die Frage der Rückwirkung nochmals entscheiden“, schreibt er in einer Stellungnahme. Aber erstmal seien die Satzungen von 2007 und 2023 rechtmäßig. „Dass in Bad Fredeburg grundsätzlich Naturschiefer verwendet werden muss, wurde bestätigt.“ Doch das Gericht habe der Stadt eben auch ins Stammbuch geschrieben, dass es sich um die Bausünden rechts und links kümmern müsse. „Das werden wir uns jetzt genau anschauen.“ Und dazu müsse die Stadt dann Stellung nehmen. Was das dann für diese Hausbesitzer bedeute, müsse man sehen. „Das ändert aber nichts daran, dass Herr Ruttke die geforderte Dacheindeckung liefern muss“, betont König. „Das übergeordnete Ziel ist es, den historischen Stadtkern von Bad Fredeburg zu erhalten. Das hat der Stadtrat im Auftrag der Bürgerschaft entschieden. Dagegen kann man nicht einfach verstoßen.“
Das sagt der Ortsvorsteher
Michael Eiloff ist - wie der Bürgermeister - erstmal froh, dass die Gestaltungssatzung insgesamt Bestand hat. „Die Einzelfallentscheidung müssen wir uns jetzt noch mal anschauen“, sagt er und bittet um Verständnis. Er sei kein Jurist und 73 Seiten Urteilsbegründung bedeuteten auch für ihn keine leichte Lektüre. „Insgesamt ist das alles unglücklich gelaufen.“ Es müsse nun eine Lösung gefunden werden, die für alle tragbar sei. „Da müsse man im Einzelfall abwägen. Die meisten haben sich ja an die Gestaltungssatzung gehalten.“
Das sagt der Bauherr
Manfred Ruttke ist natürlich froh über den Etappensieg, aber er weiß auch, dass sein Dach damit keinesfalls sicher ist. „Wir hängen wieder in den Seilen.“ Er sagt: „Im Rückblick hätte ich mich natürlich niemals auf die mündliche Zusage der Stadt verlassen dürfen und immer auf eine schriftliche Zusage bestehen müssen.“ Er würde jetzt gern eine Photovoltaikanlage aufs Dach bauen, da allerdings sieht er das nächste Problem: Auch die könnte der Gestaltungssatzung widersprechen, weil er wieder Rücksicht auf die Tragfähigkeit seinen Dachstuhl nehmen muss.
Eine Berufung wurde nicht zugelassen. Beide Seiten haben die Möglichkeit, binnen eines Monats einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen.