Fröndenberg/Unna. Im Sommer 2020 randaliert ein Inhaftierter im Justizvollzugskrankenhaus. Drei Jahre später beginnt der Prozess - mit Überraschung.
Der Vorfall ist fast drei Jahre her - doch aufgearbeitet ist der Ausraster eines Häftlings im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg noch lange nicht. Und wird wohl noch weiter auf sich warten lassen. Welche Rolle dabei eine mögliche Verwechslung und Fingerabdrücke spielen.
Verteidiger spricht von Verwechslung
Es sind Taten, die vonseiten der Staatsanwaltschaft mittlerweile konsequent verfolgt werden. Denn: Es geht ums Prinzip - und den Schutz der Justizbediensteten. Im August 2020 soll ein 27-Jähriger aus Wesel während seiner Behandlung im Justizvollzugskrankenhaus ausgeflippt sein, Personal bedroht und angegriffen haben. Erst als mehrere Beamte eingreifen, können sie den renitenten Patienten überwältigen und schlussendlich in einen besonders gesicherten Haftraum bringen. Doch ob es wirklich der Angeklagte ist, der für die Taten verantwortlich sein soll, lässt sein Verteidiger zunächst offen.
Denn das Ganze ist für ihn - wenn überhaupt - nur eine Verkettung unglücklicher Umstände. „Es gibt ein dickes Verfahren, das alle Instanzen rauf und runter gegangen ist und das dem Fall hier zugrunde liegt“, erklärt der Verteidiger. Das Problem: Sein Mandant ist nicht bei jedem der Verhandlungstermine auch anwesend gewesen. Der Kontrahent, mit dem sich der 27-Jährige in diesem Zuge geprügelt hat, „ist mittlerweile abgeschoben“ und auch sonst hätten sich keine gravierenden Folgen ergeben. Angaben zum Vorfall im JVK macht der 27-Jährige aus Guinea unterm Strich nicht, selbst auf mehrfache Nachfrage des Dolmetschers. Noch dazu bringt der Verteidiger eine Personenverwechslung ins Gespräch. Der Nachname seines Mandanten sei weit verbreitet, obendrein geisterten in den Akten mehrere unterschiedliche Geburtsdaten herum, die beim Angeklagten im Prozess selbst für Verwunderung sorgt. „Es ist ein Verfahren, bei dem von Anfang bis Ende der Wurm drin ist“, moniert der Verteidiger.
Für den Staatsanwalt ist aber auch eine mögliche Verwechslung kein Hindernis, den Angriff auf Justizbeamte weiter zu verfolgen. Seine Hoffnung liegt bei der Einrichtung in Fröndenberg. Denn dort werden Häftlinge in der Regel auch mit einer Identitätsfeststellung behandelt. Bedeutet: Bild und Fingerabdrücke. Passen die Fingerabdrücke des Inhaftierten von damals zum nun Angeklagten, ist der Fall klar.
Banaler Grund für Ausraster im JVK Fröndenberg
An den Angriff selbst kann sich ein 40 Jahre alter Justizvollzugsbeamter auch gut drei Jahre später noch erinnern, weniger jedoch an den Angeklagten selbst. „Auf der Straße hätte ich ihn nicht wiedererkannt, ich glaube, er hatte eine andere Frisur.“ Im Kern geht der Disput zwischen Häftling und Beamten wohl aufs Duschen zurück. Statt sich im JVK noch einmal zu waschen, sollte er in seine Zelle gehen. Das passte ihm wohl gar nicht. „Er hat dann meine Hand weggeschlagen und die Rangelei verlagerte sich in den Haftraum“, berichtet der Beamte. Erst als Kollegen eingriffen und zur Hilfe eilen, gelingt es ihnen den Renitenten zu überwältigen. „Ich habe mich schon gewundert, in welche Richtung sich die Situation entwickelt hat.“
Und dann wechselt der Zeuge glatt zum Informationsbeschaffer. Denn im JVK ist der mutmaßliche Täter tatsächlich erkennungsdienstlich behandelt worden. Ein kurzer Blick reicht für den Staatsanwalt. Doch wirkliche Gewissheit liefert das Bild des JVK am Ende nicht. Die Verhandlung wird unterbrochen und soll in den kommenden Wochen fortgesetzt werden. Möglicherweise mit zusätzlichen Zeugen und dem Ergebnis des Fingerabdruckvergleichs.