Menden. Menden: Bürgermeister Martin Wächter (CDU) zieht kurz vor Ende seiner Amtszeit Bilanz. Der 59-Jährige redet auch über mögliche neue Jobs.
Die Amtszeit von Bürgermeister Martin Wächter geht in wenigen Wochen zu Ende. Während sich fünf Bewerber um die Nachfolge des 59-Jährigen bemühen, redet der Noch-Amtsinhaber im Interview mit WP-Reporter Arne Poll über die aktuelle Situation, seinen Favoriten für die Nachfolge und seine Pläne für den Ruhestand.
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Sie sind noch bis Ende Oktober im Amt. Zählen Sie schon die Tage?
Martin Wächter: Nein, ich bin schon oft gefragt worden, ob ich ein Maßband habe. Aber das habe ich nicht. Die Situation ist etwas ungewohnt, um es mal vorsichtig zu sagen. Das betrifft ja auch den Wahlkampf: Ob es Stände sind oder Termine. Wir haben im Moment hier im Rathaus so viel zu tun. Das ist nicht nur Corona. Das sind auch ganz viele andere Projekte, die trotz Corona weiterlaufen müssen. Da ich nicht mehr kandidiere, kann ich der CDU natürlich sagen: Macht ihr euren Wahlkampf. Ich mache hier meine Arbeit.
Was machen Sie am 1. November?
Das ist eine gute Frage Da ist erst einmal Feiertag. Ich hab’ mir ehrlich gesagt noch keine genauen Gedanken gemacht. Mir wird es nicht langweilig werden. Es gibt sicher im Vereinsbereich und im Ehrenamt einiges, wo der eine oder andere schon mal angeklopft hat. Und beruflich gibt es auch schon die eine oder andere Anfrage. Aber ich habe schon gesagt: Vor Anfang November braucht ihr euch gar nicht zu melden.
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Sie würden beruflich also tatsächlich noch einmal etwas anderes machen?
Ich hatte ja vor dem Bürgermeisteramt auch eine Erwerbsbiografie – vor dem Studium, während des Studiums und danach. Vielleicht sind es ein paar Stunden in der Woche. Ich weiß es nicht. Ich lasse mich überraschen.
Ihr Vorgänger Volker Fleige hatte mal angekündigt, nicht mehr im Stadtgeschehen in Erscheinung treten zu wollen. So weit würden Sie nicht gehen?
Das wäre auch bei mir nichts, wo ich groß in Erscheinung trete würde. Auch das Vereinsengagement würde sicher nicht in der ersten oder zweiten Reihe sein. Ich sage mir: Jetzt muss auch mal gut sein.
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Denken wir mal fünf Jahre zurück. Haben Sie jemals bereut, dass Sie Bürgermeister geworden sind?
Nein, zu keiner Sekunde. Ich habe mir das sehr gut und reiflich überlegt, weil ich mich ja auch bei meinem Arbeitgeber und im Kollegenkreis sehr wohl gefühlt habe. Aber das kann ich mit Fug und Recht sagen: Mir hat jeder Tag Spaß gemacht – bei aller Kritik, die man an vielen Sachen üben kann. Hier ist eine engagierte Mitarbeiterschaft. Ich kann mich nicht beschweren. Auch die Termine draußen waren immer gut.
Was war ein Höhepunkt Ihrer Amtszeit?
Höhepunkt war ganz sicher, dass wir das Gewerbegebiet Hämmer II auf den Weg gebracht haben. Das war mir schon seit Jahren wichtig. Gerade weil ich aus der Wirtschaft komme. Solche Gewerbegebiete werden händeringend gesucht. Wir haben jetzt das größte zusammenhängende Gebiet in Südwestfalen. Es waren viele Gespräche zu führen. In den Jahren zuvor ist das vielleicht auch von uns – und das ist keine Kritik – nicht immer mit der nötigen Intensität betrieben worden. Dass wir das jetzt alles hintereinanderbekommen haben, macht mich schon stolz.
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Was war ein Tiefpunkt?
Das größte Manko ist sicher immer noch, dass die Dieler-Immobilie im Ortskern immer noch keiner schlussendlichen Verwendung zugeführt worden ist. Man wird auch viel danach gefragt. Aber es mehren sich auch die Stimmen, die sagen, dass wir in anderen Ecken viel gemacht haben. Ich bin im Augenblick sehr hoffnungsfroh, dass wir da zu einer Lösung kommen, wenn auch nicht mehr in meiner Amtszeit. Ich bin der Meinung, dass wir uns von der Idee eines Einkaufszentrums trennen müssen. Das ist nicht mehr nur ein Menden-spezifisches Problem.
Hätte man zu der Erkenntnis nicht schon früher kommen können?
Das ist alles richtig. Aber uns gehört ja schlicht und ergreifend das Dieler-Gebäude nicht. Wir können nicht über fremdes Eigentum verfügen und einfach mal so Entscheidungen fällen. Das muss man auch den Leuten in Erinnerung rufen. Es gibt auch in Menden andere Brachen, die über Jahre vor sich hin gerottet sind. Wenn ich jetzt durch Menden fahre, denke ich: Toll, was da entstanden ist.
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Die Flächen liegen nicht so zentral in der Innenstadt.
Wir dürfen uns nicht nur um die Innenstadt kümmern. Es gibt auch noch Ortsteile in Menden. Auch dort wollen die Menschen, dass wir etwas tun. Aber es ist natürlich völlig richtig: Das Dieler-Gebäude ist ein zentraler Ort. Da muss was passieren. Und ich bin sehr hoffnungsfroh, dass das auch passiert.
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In Menden heißt es immer: Es dauert alles so lange. Woran liegt das?
Jeder, der schon einmal gebaut hat, weiß, dass der ursprüngliche Zeitplan nie eingehalten wird. Es wird ja auch immer nur über die Maßnahmen gesprochen, bei denen es länger dauert. Wir aber auch viele Projekte, bei denen es gut läuft. Die grobe Richtung stimmt schon, wenn man mal ehrlich ist. Für die Betroffenen ist das natürlich ärgerlich, wenn es nicht klappt.
Der unabhängige Bürgermeister-Kandidat Roland Schröder hat gesagt, dass man auch im Rathaus etwas umstrukturieren muss. Bringt das was?
Man kann sich natürlich immer fragen, ob die Prozesse, die man hat, auch so stimmen. Das ist völlig richtig, aber das ist Tagesgeschäft. Man muss sich das in einer Verwaltung genauso fragen wie bei einer Tageszeitung. Wenn ich alleine unsere Förderprogramme, von denen wir profitieren, sehe. Die Abläufe kann man jetzt auch nicht dem Fördergeber vorwerfen, aber auch nicht dem Sachbearbeiter hier im Haus.
Welche offenen Baustellen hinterlassen Sie?
Ich hätte gehofft, dass wir mit dem Bürgersaal-Gebäude schneller fertig werden. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die notwendigen Entscheidungen noch im September getroffen bekommen. Die Abstimmungen laufen gut. Man hätte das vielleicht auch alles früher hintereinander bekommen können. Aber wichtig ist, was am Ende rauskommt. Gleichzeitig geht auch mal unter, was wir alles hinbekommen haben. Wir haben den ganzen Brandschutzbedarfsplan geregelt, den Bau mehrerer Feuerwachen auf den Weg gebracht. Das war ein ganz großes Thema. Aber das hat jetzt funktioniert.
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Viele Bürgermeister setzen sich über Projekte ein Denkmal. Was bleibt von Ihnen?
Ich finde zum Beispiel super, was mit den Jugendtreffs passiert ist. Wir haben das Jugendzentrum in der Innenstadt auf den Weg gebracht, dazu Platte Heide, Bösperde und Lendringsen. Viele kennen die tolle Ausstattung gar nicht. Wir haben in den vergangenen Jahren Dinge hintereinanderbekommen, die vielleicht gar nicht so öffentlich wahrgenommen werden, aber für die Leute unwahrscheinlich wichtig sind. Das ist nicht unheimlich sexy, aber das muss trotzdem laufen.
Volker Fleige hat Projekte wie den Glockenteichbach und Gut Rödinghausen für sich reklamiert.
Ich sage auch nicht, dass etwas mein Projekt ist. Ich muss als Bürgermeister die gewählte Politik mit ins Boot holen, sonst habe ich doch gleich einen Teil der Politik gegen mich aufgebracht. Gerade beim Bürgerhaus muss ich die Leute mit ins Boot holen. Auch bei Gut Rödinghausen merkt man ja, dass das nicht ganz einfach ist. Da habe ich bei der Eröffnungsansprache bemerkt, dass es wichtig ist, dass es ein Industriemuseum ist. Wir haben Menschen, die das Eisenwerk noch erlebt haben. Die muss man jetzt mitnehmen.
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Ein Tipp für den Wahlkampf. Wer macht es?
Ich glaube, dass die allgemeine Stimmung sich auch hier auf kommunaler Ebene in den Wahlergebnissen niederschlägt. Ich glaube, dass die CDU da ganz gut aussieht. Bei allen Parteien stimmt die Mischung, es sind vielleicht noch etwas zu wenige Junge, etwas zu wenige Frauen. Ich glaube, dass weiter eine sachliche Arbeit möglich ist. Für die Bürgermeisterwahl ist es sehr schwierig mit fünf Kandidaten. Da kann sich unsere Frau Bastek vom Wahlamt schon auf eine Stichwahl vorbereiten. Ich glaube, dass Sebastian Arlt schlussendlich eine Mehrheit bekommen wird. Aber das entscheidet der oberste Souverän und das ist der Wähler.
Sie sind ein alter Hase in der Lokalpolitik. Wenn Sie sich jetzt den Wahlkampf unter Corona-Bedingungen anschauen: Hätten Sie sich solch eine Situation jemals vorstellen können?
Ich bin ja 1990 in die Politik reingerutscht. Hubert Schulte hat mich da ja verhaftet. Erst habe ich gedacht, das ist nicht viel. Dann wurde es immer mehr. Immer, wenn im September Wahlen sind, sind vorher Feste. Man kommt mit den Menschen ins Gespräch. Das alles fällt dieses Jahr flach. Da muss jeder sehen, wie er auch so seine Argumente ‘rüberbekommt. Die Leute haben tatsächlich auch gerade ganz andere Sorgen. Wir reden gerade über den Schulstart. Da muss man sich kümmern.
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Der Wahlkampf verlagert sich ins Netz. Vor fünf Jahren haben Sie Facebook noch bewusst ignoriert. Haben Sie mittlerweile einen Account?
Ich gucke natürlich rein, was da so geschrieben wird. Um Informationen zu bekommen, bin auch ich da präsent. Aber, wenn ich mir so ansehe, was da in einigen Gruppen an Informationen rausgehauen wird, da wird der Begriff „Soziale Medien“ schon ad absurdum geführt. Aber es soll jeder machen, wie er das so will.
Also wir sehen Sie nicht bei Instagram oder Tiktok im Ruhestand?
Nein. Mir reicht schon, was man bei Whatsapp so geschickt bekommt. Ich bin da ganz klassisch. Manche sind völlig konsterniert, wenn ich zum Geburtstag mal anrufe.
Bleiben Sie Menden weiter treu?
Soweit ich das absehen kann: Ja.