Bürgermeister Martin Wächter stellt sich beim Bürgerhaus gegen die CDU. Er will auch beim Nordwall-Parkhaus nicht auf den Abriss drängen.
- Bürgermeister stellt sich in mehreren Punkten gegen die Ortsunion
- Wächter zieht positive Bilanz nach einem Jahr Amtszeit
- 56-Jähriger: Muss nicht immer mit dem Kopf durch die Wand
Der Oesberner Martin Wächter ist ein Jahr als Bürgermeister von Menden im Amt. Im Interview mit WP-Redakteur Arne Poll erzählt der 56-Jährige, warum er viel präsenter sei, als politische Gegner ihm unterstellen, wie er zum Bürgerhaus, Jugendtreffs und Nordwall-Center steht und wie er den Rest seiner Amtszeit angehen will.
Die CDU geht auf Distanz zum Bürgerhaus. Wie stimmt CDU-Mitglied Martin Wächter am 22. November ab, wenn es um die Freigabe weiterer Gelder für die Planung geht?
Das ist erst einmal nur ein Vorschlag einer Ortsunion. Die CDU wird sich auf ihrer Klausurtagung am Wochenende davor mit dem Thema beschäftigen. Ich glaube beim Thema Bürgerhaus hat sich die Diskussion in den letzten Wochen und Monaten verzettelt. Ich stehe nach wie vor zum Bürgerhaus, weil es für mich keine neuen Argumente gibt. Wichtig ist für mich neben dem Bau auch eine klare Entscheidung zum Betreiberkonzept. Damit haben wir jetzt angefangen.
Man hat in der Diskussion Investitionsausgaben mit Kosten gleichgesetzt. Das ist natürlich nicht der Fall. Das hat der Kollege Band von den Grünen sehr treffend dargestellt. Wir müssen mal wieder etwas ‘runterkommen und uns mit den Fakten beschäftigen. Was für mich aber entscheidend ist: Was kostet später der Betrieb des Bürgerhauses? Vielleicht kommen gar keine Kosten auf die Stadt zu, weil alles mit ehrenamtlichem Engagement geht. Vielleicht muss man aber doch personell aufstocken.
Haben Sie Ihrer Fraktion Ihre Haltung schon mitgeteilt?
Ich war ja bei der Entscheidung der CDU-Fraktion im September des vergangenen Jahres selbst Vorsitzender. Wesentliche neue Argumente habe ich seitdem nicht gehört. Die Nachfrage nach den Kosten ist auch nicht neu.
Es stehen immer wieder neue Zahlen zum Bürgerhaus im Raum. Mancher behauptet schon, sie seien aus dem Rathaus lanciert worden. Fehlt da nicht eine klare Linie?
Es sind bisher noch nicht alle Aufwendungen für den Bau dargestellt, weil das erst im Verfahren kommt. Sie müssen immer wieder nach und nach Aufträge vergeben. Sie sind an Ausschreibungsrecht gebunden. Wir haben in der Tat noch nicht alle Aufwendungen festliegen. Ja, wir haben noch nicht alle Kosten feststehen, weil sich das erst ergibt.
Ist das nicht genau das Problem, dass man erst viel Geld in die Hand nehmen muss, bevor man weiß, was das ganze kostet?
Wenn Sie bei so einer Maßnahme herausfinden wollen, was man für den Bau braucht, muss man erst einmal festlegen, für welchen der Entwürfe man sich entscheidet. Wenn Sie zu Hause neu bauen wollen und haben sich noch nicht für einen von drei Entwürfen entschieden, wird es schlechterdings unmöglich sein, die Kosten zu benennen. Allerdings sind wir natürlich auch an das Gebot gebunden, uns nach der Wirtschaftlichkeit zu richten. Dass es im Laufe des nächsten Jahres veränderte Zahlen geben wird, lässt sich bei so einem Projekt gar nicht vermeiden.
Das Projekt könnte dann schon gut 400 000 Euro gekostet haben, bis man feststellen könnte, dass es zu teuer wird. Als Privatmann würde ich so viel Geld nicht investieren.
Die 195 000 Euro für den Architektenwettbewerb sind mit 70 Prozent Förderanteil bedacht. Die 180 000 Euro Planungskosten werden durch das Land mit 80 Prozent gefördert. Der Eigenanteil für uns ist überschaubar.
Gibt es das Geld vom Land auch, wenn das Haus nicht gebaut wird?
Ja, genau. Für den Wettbewerb stehen noch einmal 300 000 Euro extra zur Verfügung.
Ist es nicht schon zu spät, die Politik mit Argumenten zu überzeugen? Die CDU-Ortsunion denkt ja schon offen über Alternativen nach.
Ich neige jetzt nicht dazu, alles umzuschmeißen. Ich habe als Verwaltungschef den Auftrag das Projekt umzusetzen. Ich habe auch keine wesentlichen neuen Argumente dagegen gehört. Die Vorschläge kenne ich bislang auch nur aus der Zeitung.
Wird in der CDU nicht miteinander geredet?
Ich sehe mich nicht als Bürgermeister einer bestimmten Fraktion verpflichtet. Ich pflege den Austausch mit allen Fraktionen. Dabei geht es längst nicht nur um das Bürgerhaus. Wir haben zahlreiche Aufgaben, die uns fordern. Wir haben schon einiges auf der Agenda, was umgesetzt werden muss. Das Tagesgeschäft muss auch erledigt werden. Ich glaube aber, dass das alles schaffbar ist.
Stichwort Jugendtreffs. Bei vielen Beteiligten geht die Angst um, dass Jugendtreffs geschlossen werden sollen.
Es wird keine Jugendeinrichtung geschlossen. Es gibt Überlegungen, das an den Standorten Bösperde und Platte Heide etwas anders zu organisieren, zum Beispiel die Kinderarbeit an die Offenen Ganztagsschulen zu verlagern. Darüber ist in einem Workshop diskutiert worden. Es gibt junge Leute, die durchaus bereit sind, für spezielle Angebote in andere Stadtteile zu fahren. Dass wir mit der gegenwärtigen Personalstruktur nicht alle Angebote überall fahren können, ist auch klar. Es ist aber keine Entscheidung gefallen. Wir haben darüber geredet, was machbar ist. Es wird versucht, dass man die hauptamtlichen Kräfte vorrangig in Lendringsen und Menden einsetzt, um die Kräfte und Qualität zu bündeln. Aber auch, dass man die Standorte auf Platte Heide und in Bösperde erhält.
Das klingt faktisch nach Schließung.
Es ist die Frage, ob es engagierte Gruppierungen gibt, die etwas organisieren wollen. Vielleicht kommen wir ja auch nach der Diskussion zu dem Ergebnis, dass das nicht geht. Ich wehre mich aber dagegen, gar nicht erst darüber zu reden. Wenn man später zu dem Ergebnis kommt, dass wir mehr Personal brauchen, dann müssen wir die Stellen schaffen.
Es scheint mehr Mendener zu geben, die für Jugendtreffs kämpfen als Unterstützer der Bürgerhaus-Idee.
Das ist wieder eine Sache der Ortsteile. Das ist ein ganz schwieriger Prozess, wenn man dort bestehende Strukturen angreift. Die emotionale Bindung ist da einfach groß. Die Leute meinen, dass auf ihre Kosten etwas geschlossen wird. So etwas muss man erklären. Meiner Meinung nach gelingt Ihnen das am besten, wenn Sie vor Ort sind. Egal, ob man beim Handball oder auf welchem Termin auch immer ist.
Ich höre immer wieder: „Der Martin Wächter ist gar nicht vor Ort...“
Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich habe heute Morgen gerade durch meinen Kalender geguckt und mir gesagt: Wenn du noch mehr machen wolltest, müsste die Woche zehn Tage haben. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen, vor allem weil ich bei vielen Leuten genau das Gegenteil höre. Die sagen: „Lass es mal langsamer angehen.“ Der Kalender ist voll.
Ich nehme mir aber auch mal das Recht heraus, mal sieben Tage am Stück weg zu sein. Das war bei meinen Amtsvorgängern auch so. Ich habe allerdings etwas dagegen, von Termin zu Termin zu flitzen. Grußwort und weg? Das ist nicht mein Stil. Es ist klar, dass es dann auch mal zu Terminkollisionen kommt.
Wenn Sie auf Ihr erstes Jahr als Bürgermeister blicken: Was hätten Sie anders gemacht? Was genauso?
Ich habe vielleicht unterschätzt, dass wir in Menden dazu neigen, uns an Problemen, die wir sicherlich haben, aufzuhängen. Wir sind im Vergleich zu anderen Kommunen sicher hervorragend aufgestellt. Viele Sachen, die unsere Stadt gerade im Bereich Kinder und Jugend macht, sind beispielhaft.
Ihr Vorgänger hat sich deutlich mehr zu Wort gemeldet.
Ich habe ein völlig anderes Verständnis. Die Verwaltung entwickelt Ideen und geht voran – völlig transparent. Vielleicht haben sich die Vorlagen zum Thema Bürgerhaus von der Wahrnehmung geändert, weil wir jetzt auch über Folgekosten reden. Die Entscheidung fällt letztlich der Rat. Wenn ich sehe, dass ich mit meinem Kopf nicht durch die Wand komme, dann ist es auch nicht verboten die Tür zu nehmen. Das ist vielleicht nur nicht so öffentlichkeitswirksam.
Stichwort Nordwall-Center. Wird das noch gebaut?
Das Thema Nordwall ist für die Innenstadt von wesentlicher Bedeutung und damit auch für die Ortsteile. Entgegen aller anderslautender Gerüchte bin ich nach wie vor – und von Woche zu Woche mehr – überzeugt davon, dass es etwas werden wird. Die Umgestaltung der Unnaer Straße hat uns gut getan. Man sieht: Die machen etwas in Menden. Allerdings ist die Akquise von Einzelhandel ein sehr hartes Brot.
Was halten Sie vom Vorschlag, die Option zu ziehen, dass der Investor das alte Parkhaus noch bis zum Jahresende abreißen muss?
Ich kann nachvollziehen, dass man sagt: „Jetzt ist Ende.“ Aber wir haben zum Beispiel nur einen Abrissanspruch, nicht den Anspruch, dass auch alles entsorgt werden muss. Ich glaube, man kann das halbe Jahr bis zum nächsten Sommer noch abwarten. Deshalb haben wir den Vorschlag gemacht, diesen Abrissanspruch zu verlängern. Ich sehe das Projekt nach wie vor optimistisch.
Das wirkt sehr passiv. Hat die Stadtverwaltung wirklich keinen Plan B, falls das Projekt endgültig scheitert?
Der Investor hat gesagt, dass er zwei Jahre Verlängerung braucht. Und diese haben wir ihm gewährt. Ich weiß nicht, ob wir zu lange gewartet haben. Fakt ist: Die Entscheidung ist so gefallen. Der Investor hat auch ein elementares Interesse, dass es weitergeht. Wir haben natürlich keinen Plan B in der Tasche. Wir haben uns aber schon die eine oder andere Idee überlegt.
Die wäre?
Das kann ich an dieser Stelle nicht sagen.
Ihre Bilanz nach einem Jahr als Bürgermeister von Menden?
Hier im Haus sind viele engagierte Leute beschäftigt. Wenn man nach 36 Jahren in der freien Wirtschaft in die Stadtverwaltung wechselt, muss man sich relativ sicher sein, dass man auf engagierte Mitarbeiter zählen kann. Das ist voll bestätigt worden. Bei so einer Fülle an Aufgaben, kann man aber auch nicht immer alles richtig machen. Ich habe viele neue Dinge kennengelernt. Das Tagesgeschäft hier im Haus ist hochinteressant. Vielen Bürgern sind die kleinen Probleme auch wesentlich wichtiger als unsere großen Projekte.
Was haben Sie für den Rest der Amtszeit auf Ihrer Agenda?
Wir nehmen uns zum Beispiel die Feuerwehr vor. Es geht um die Baumaßnahmen für Wache und die Gerätehäuser. Aktuell läuft das Projekt IKEK. Darin geht es um die Entwicklung der Ortsteile. Ich möchte mehr Schwerpunkte auf die Seniorenarbeit legen. Wenn ich ‘herumkomme, stelle ich fest, dass viele nicht mehr so mobil sind. Dann kommt noch das Gewerbegebiet Hämmer. das ist sicherlich für Menden ganz wichtig. Wenn wird das hinkriegen, ist das sicher ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Wir müssen oft dicke Bretter bohren. Aber bei allem gilt: Bangemachen gilt nicht.