CDU-Fraktionschef Martin Wächter will in Menden Bürgermeister werden. WP-Redakteur Arne Poll bittet den 54-Jährigen zum Interview auf die Laufbahn.

Wir sitzen mitten auf der Laufbahn. Wann läuft denn Martin Wächter im Wahlkampf eigentlich los?

Das sehe ich anders. Vielleicht kann man sagen, dass ich schon vor 20 Jahren losgelaufen bin, als ich mit der Politik anfing. Was andere Kandidaten jetzt im Wahlkampf machen, ist für mich selbstverständlich, weil ich das immer gemacht habe. Ich besuche Termine und bin vor Ort. Das ist nichts Neues für mich. Auch in meinen 20 Jahren als Ratsmitglied war ich immer vor Ort, um einfach mal zu hören, was die Leute bewegt. Ich habe auch in den vergangenen sechs Jahren als Fraktionsvorsitzender zwar nicht Wahlkampf gemacht, aber mitgearbeitet. Man kann Wahlkampf nicht machen, wenn man zwei Monate vor dem Termin versucht, die Leute mit riesengroßen Aktivitäten zu überzeugen. Das ist meine Meinung. Am 13. September werden wir sehen, wie der Bürger das sieht.

Im Moment wirken sie auf viele Beobachter sehr harmlos. Kommt vor der Wahl noch eine große Wächter-Attacke?

Wir haben unsere Zeitung herausgebracht und verteilen einige Flyer. Auf unserer Hompage gibt es eine gaze Reihe Sachaussagen. Ich meine, dass es ganz deutlich ist: Wir sagen, dass wir in Menden einen neuen Bürgermeister brauchen. Ein Bürgermeister muss immer drei Bedingungen erfüllen: Er ist erster Bürger der Stadt, Chef der Stadtverwaltung und Vorsitzender des Rates – und zwar des ganzen Rates und nicht nur derjenigen die einem gefallen. Ich bin auch nicht immer mit allen Meinungen einverstanden, aber ich erwarte schon, dass man fair miteinander umgeht. Ich erwarte auch, dass ein Bürgermeister alle Leute an einen Tisch holt und nicht über die Zeitung gute Ratschläge erteilt und sagt „Ich führe Gespräche mit Zuckerbrot und Peitsche“.

Volker Fleige spielt in seiner Wahlkampfzeitung mit einer Nachtwächter-Karikatur auf Sie an.

Damit kann ich leben. So etwas gehört zum Wahlkampf. Ich habe aber auch schon andere Meinungen von Leuten, die das nicht so toll fanden, gehört. Ich sehe das anders. Nachtwächter war ein ehrenwerter Beruf. Heute gibt es ihn nicht mehr. Hätte es den Wächter mit seiner CDU-Fraktion in den letzten sechs Jahren nicht gegeben, wären wir in Menden nicht ein Stück voran gekommen.

Haben Sie noch ein As im Ärmel?

Wir hatten den Termin mit Herrn Laumann im Altenheim St. Vincenz. Das war mir sehr wichtig, weil ich das Altenheim durch den Aufenthalt meines Vaters als sehr gute Einrichtung kennengelernt habe. Wir hatten den stellvertetenden Bundesvorsitzenden Armin Laschet hier. Wir werden weiter Stände machen und haben reichlich Termine vor Ort. Wir hatten die Podiumsdiskussionen. Und ob wir noch ein As aus dem Ärmel ziehen, will ich – wenn wir eines hätten – heute noch nicht unbedingt verraten. Lassen Sie sich überraschen.

Volker Fleige macht gerade wohl unbestritten die größte Ochsentour durch die Stadtteile. Gucken Sie sich da etwas ab?

Wenn ich auf einmal vor der Wahl mit einem Traktor in einem Ortsteil auftauche, sollte ich mir vielleicht überlegen, ob ich nicht lieber die Veranstaltungen nutze, die sowieso im Ort sind. Da sind die Leute sowieso. Das ist ein völlig anderer Denkansatz. Ich komme an Terminen, die sich die Leute sowieso freigehalten hatten, zu den Leuten. Aber es muss jeder selbst wissen, wie er seinen Wahlkampf führt. Ich käme mir da etwas blöd vor, wenn ich auf einmal nach Halingen käme, wo sowieso drei Tage später ein Feuerwehrfest ist.

Nutzen Sie die anstehenden politischen Termine noch für Wahlkampf?

Wir haben zum Beispiel noch Gut Rödinghausen. Das ist meiner Meinung nach auf einem guten Weg. Das haben wir mitgetragen. Dass dort etwas passiert, ist auch unser Antrag gewesen. Wir werden sicher auch noch aktuelle Sachstandsberichte zum Nordwallcenter einfordern. Dahinter möchten wir jetzt etwas Druck haben. Wir haben uns zwar bereiterklärt die zwei Jahre Fristverlängerung mitzugehen, aber wir erwarten uns jetzt schon eine etwas offensivere Informationspolitik. Und dann sind wir in der Fraktion natürlich dabei, in den einzelnen Fachausschüssen das Thema Haushalt zu diskutieren. Da warten wir noch auf aktuelle Zahlen des Kämmerers, um da zu sehen, was wir bis November noch tun müssen.

Wen sehen Sie als größten Gegner? Den Amtshinhaber?

Klar, gegen einen Amtsinhaber anzutreten und versuchen zu gewinnen, ist immer schwer. Natürlich ist der Amtsinhaber mit seinem Amtsbonus – den er laut erster WP-Umfrage ja gar nicht hat – immer als stärkster Gegner auszumachen. Ich nehme aber auch die anderen Bewerber ernst. Da hat sicherlich jeder seine guten Absichten. Das unterstelle ich jedem. Wie es ausgeht, werden wir am 13. September wissen.

In der Umfrage lagen Sie bei 20 Prozent...

Ich habe anders gerechnet. Der Großteil der Befragten will nicht zur Wahl gehen oder war noch unentschieden. Diese Gruppen darf man nicht mitzählen. Das ist bei anderen Umfragen ja auch so. Für mich zählt, dass ich vor Volker Fleige lag. Er hatte 17 Prozent.

Ist die Stichwahl Ihr Etappenziel oder rechnen Sie sich einen Durchmarsch aus?

Ich sage mal so: Jeder, der antritt, möchte natürlich gewählt werden. Keiner wird sagen: Mein Ziel ist es, in die Stichwahl zu kommen. Ich habe immer gesagt, dass es auch eine ganz entscheidende Frage der Wahlbeteiligung ist. Man muss sehen, wer es schafft, auch seine Wähler zu mobilisieren. Es kann zu einer Stichwahl kommen. Aber es ja nun einmal auch nicht im Gesetz vorgeschrieben, dass es eine Stichwahl geben muss.

Wer sind denn Ihre Wähler, die Sie mobilisieren wollen?

Es sind alle, die sagen, dass sie an der Spitze der Stadt einen Wechsel wollen. Es sind auch die, die vielleicht einen Bürgermeister wollen, der mehr auf die Menschen zugeht und bei Problemen in der Innenstadt nicht über die Presse kommuniziert, sondern Immobilieneigentümer, WSG und Werbegemeinschaft mal an einen Tisch holt und vielleicht Unstimmigkeiten auch mal ausräumt und vorschlägt, wie man gemeinsam weiterkommen kann. Die Mehrheit ist der Meinung, dass ein anderer Stil und ein etwas anderes Wir-Gefühl uns schon weiterhelfen würden. Das gilt übrigens auch für den Umgang mit vielen Kollegen im Rat. Wenn ich sehe wie sich da in den vergangenen Jahren der Umgangston geändert hat, halte ich das für sehr verbesserungswürdig – um es mal vorsichtig zu formulieren.

Früher sagte man mal, dass die CDU in Menden einen Besenstil aufstellen kann und der sowieso zum Bürgermeister gewählt wird. Die Zeiten sind wohl vorbei. Können Sie sich auf das konservative Lager noch verlassen?

Diese Zeiten sind nicht nur in Menden vorbei. Heute muss man um jede Stimme kämpfen. Das haben wir in anderen Städten und Bundesländern auch. Ich glaube schon, dass die Stammklientel der CDU in Menden, die es zweifelsohne noch gibt, auch bei dieser Wahl geschlossen hinter mir steht. Da bin ich auch gerade, was den Wahlkampf der letzten Wochen anbelangt, schon mehr als zufrieden.

Die Sportler kommen.

Die wundern sich noch nicht einmal, dass jemand auf der Laufbahn sitzt. Hauptsache, ich mus nicht mitlaufen.

Wie sieht ihr erster Arbeitstag als Bürgermeister aus?

Ich werde natürlich mit der Verwaltungsspitze erste Gespräche führen und klären, was anliegt. Dann werde ich die Abteilungsleiter an den Tisch holen. Als erstes liegt mir am Herzen, in der Innenstadt die Leerstände anzugehen. Es wird sicher ein Gespräch der Mendener Verantwortlichen geben, aber auch ein Gespräch mit der ITG, um zu klären, wie es mit dem Nordwallcenter weitergeht und wie wir weiter vorgehen. Vielleicht nicht am ersten Tag, aber bald, möchte ich auch die Ehrenamtlichen an den Tisch holen. Mir liegt das sehr am Herzen. Wir sind ja hier in einem Sportstadion. Da liegt der Sport nahe. Aber auch die Menschen, die sich zum Beispiel für die Flüchtlinge einsetzen, sind mir wichtig. Es ist bemerkenswert, wie viele junge Menschen sich engagieren, zum Beispiel in der Betreuung von alten Menschen. Ich glaube schon, dass wir das Ehrenamt in den nächsten Jahren, gerade im sozialen Bereich, verstärkt im Focus haben müssen. Und dann möchte ich natürlich noch in die einzelnen Fachbereiche näher hineinschauen. Wir reden in diesem Wahlkampf erstaunlich wenig über das Geld. Wir müssen im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt haben. Ich hoffe, dass das bei den Beratungen so bleibt. Aus der Erfahrung kommen aber immer noch ein paar Wünsche auf das Tablett. Und das wird uns sicherlich bis zur Verabschiedung des Haushaltes im November noch etwas mehr beschäftigen.

Welche Wünsche hätten Sie denn?

Wir haben natürlich im Bereich der Sportplätze einige Herausforderungen vor der Brust wie die Erneuerung des Kunstrasens in Schwitten und in Bösperde. Der VfL Menden Platte Heide wartet ja auch auf seinen Kunstrasenplatz. Was mir auch sehr am Herzen liegt, ist die Feuerwehr. Für mich ist wichtig, dass die Gerätehäuser in den kleinen Ortsteilen erhalten werden. Wir können nicht erwarten, dass sich junge Leute einfach so engagieren. Die wollen natürlich auch Gerätehäuser in ihren Ortsteilen haben. Es ist auch erstaunlich ruhig darum geworden, was auf uns an Investitionsbedarf bei der Feuerwehr noch zukommt. Gut Rödinghausen gehört auch dazu. Im Wahlkampf bekomme ich auch immer zu hören, was denn mit den kaputten Straßen ist.

Planen Sie personelle Veränderungen im Rathaus?

Ich glaube, wir verfügen im Rathaus über hervorragende Mitarbeiter. In seinem persönlichen Umfeld nimmt man natürlich die eine oder andere Umbesetzung vor. Das wird sicherlich so sein. Endgültige Gedanken habe ich mir noch nicht gemacht. Wir sind mit den zwei Beigeordneten und mit den Mitarbeitern dahinter gut aufgestellt.

Privates spielt bislang eine geringe Rolle...

Bei mir ist das sehr unspektakulär. Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder, wohne in Oesbern. Ich habe meinen Vater über Jahre betreut. Er ist im Dezember mit mehr als 93 Jahren gestorben. Meine Schwester ist verwitwet, wohnt aber nah dabei, hat aber zwei Kinder, so dass ich auch familiär ein paar Aufgaben habe. Ich bin auch dreifacher Patenonkel. Das gibt nie Langeweile.

Die Mendener Seniorenunion hat neulich noch betont wie wichtig Ehe und Familie sind. Ein Musterkandidat der CDU sieht anders aus, oder?

Ich habe mal nachgesehen: Auch Bernhard Vogel war nicht verheiratet und ich schließe nicht aus, dass es den einen oder anderen mehr gibt. Also warum sollte sich ein Unverheirateter nicht um solch ein Amt bewerben? Da sehe ich kein Problem. Wenn man zu Kindern oder Jugendlichen etwas sagen soll, kann es sicher von Vorteil sein, eigene zu haben. Aber bei anderen Themen erwarte ich ja auch nicht, dass ich Sport machen muss, um über Sporrtplätze zu reden. Wichtig ist, dass man sich mit den Leuten auseinandersetzt. Das klappt schon über einen großen Bekanntenkreis.

Die Single-Leben verschafft viel Freizeit...

Im Moment etwas weniger. Aber grundsätzlich haben Sie völlig Recht. Wenn Kollegen zwei Kinder haben, muss man immer darauf Rücksicht nehmen. Und das ist auch gut so.

Das Bürgermeisteramt gilt nicht gerade als familienfreundlich...

Das ist richtig, aber ich glaube schon, dass man es hinbekommt, wenn man es richtig organisiert. Es muss auch als Bürgermeister möglich sein, beides unter einen Hut zu bekommen.

Wo setzen Sie Ihre Grenzen? Volker Fleige antwortet auch mal nachts um 2 Uhr bei Facebook...

Nachts um 2 Uhr pflege ich zu ruhen. Dann würde ich mich nicht mehr an den Schreibtisch setzen. Es gibt meiner Meinung nach nichts, was so wichtig ist, dass man es nachts um 2 Uhr noch beantworten müsste.

Stichwort: Facebook. Ihnen wird vorgeworfen, dort im Wahlkampf nicht aktiv zu sein.

Ich war bisher nicht bei Facebook. Vor der Bürgermeisterwahl zu sagen, dass ich da auch mitmache, hätte auch etwas komisch ausgesehen. Natürlich schaue ich aber dort ‘rein. Wenn ich aber sehe, was da passiert und manche Menschen von sich geben, bestärkt es mich eher, dass meine Entscheidung richtig war. Es ist auch so, dass ich es gar nicht schaffe, alle zwei Minuten auf etwas zu antworten. Das schaffen Sie nicht, wenn Sie wie ich noch gleichzeitig berufstätig sind. Jeder, der etwas von mir will, kann mich erreichen. Dafür muss ich nicht unbedingt bei Facebook sein.

Wenn es mit der Wahl nicht klappen sollte, was ist dann?

Wenn der Wähler sagt, dass er mich nicht möchte, nehme ich das an. Im persönlichen Leben des Martin Wächter wird sich nichts ändern. Ich werde mich nicht heulend von den Klippen des Hönnetals stürzen. Mir macht auch mein gegenwärtiges Leben sehr viel Spaß. Ich bin 36 Jahre im Beruf.

Was nehmen Sie daraus mit ins Bürgermeisteramt?

Ich glaube, dass Leute, die in der freien Wirtschaft arbeiten, viele Sachen ganz einfach aus einem anderen Blickwinkel sehen als Leute der Verwaltung. Ein bisschen dieser anderen Sichtweise würde ich ganz gerne auch mitnehmen. Ich würde auch gerne mitnehmen, dass wir dieses Kauderwelsch zurückfahren. Bei Klassenfrequenzrichtwert und Stärkungspaktkommune schaltet der Bürger ab. Wir müssen mehr lernen, die Sprache der Leute zu sprechen.

Ist das nicht gerade Volker Fleige gut gelungen?

In vielen Aussagen ist mir das zu plump. Bei „Zuckerbrot und Peitsche“ weiß zwar jeder, was gemeint ist, aber es gibt Situationen, in denen es nicht angebracht ist, gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten. Man muss es dosieren.

Trauen Sie sich die Rolle als Personalchef zu?

In jedem Fall. Auch in meinem Job haben Sie schon mal schwierige Entscheidungen zu treffen und schwierige Gespräche zu führen. Das ist in jedem Einzelfall schwierig, ganz gleich ob sie 500 oder 70 Leute haben. Wichtig ist, klare Ziele vorzugeben und das bei den Mitarbeitern auch entsprechend so zu kommunizieren.

Zurück zum Sport. Sie sitzen auf Bahn vier. Wie sieht’s bei Ihnen mit Bewegung aus?

Daran müsste man dringend arbeiten. Früher bin ich mal regelmäßig schwimmen gegangen. Im Moment passiert da eher wenig. Das Gewicht von Bernd Maßling habe ich allerdings noch nicht erreicht. Ich gebe aber zu: Die 100 Kilo habe ich überschritten.