Menden. . Ausblick-Interviews mit Spitzenvertretern von Parteien und Fraktionen: Den Anfang machen mit dem CDU-Vorsitzenden Sebastian Schmidt und Fraktionschef Bernd Haldorn zwei Vertreter der größten Partei in Menden.

An die Stelle der Neujahrsgrüße der Parteien setzt die WP-Redaktion in diesem Jahr erstmals Ausblick-Interviews mit Spitzenvertretern von Parteien und Fraktionen. Über den Jahreswechsel soll es vor allem um Erwartungen und Aufgabenstellungen der Politik für das neue Jahr gehen. Den Anfang machen mit dem CDU-Vorsitzenden Sebastian Schmidt und Fraktionschef Bernd Haldorn zwei Vertreter der größten Partei in Menden.

Herr Schmidt, Herr Haldorn, willkommen in den neuen WP-Räumen am Nordwall! Was ist für Sie außerdem der größte Unterschied zwischen 2015 und 2016?

Bernd Haldorn: Ganz klar der neue Bürgermeister. Der Stil der Zusammenarbeit ist jetzt ein anderer. Und von Martin Wächter als Vollprofi aus der Wirtschaft darf man echte Aufgabenkritik und einen neuen Blick auf die Arbeit der Verwaltung erwarten.

Wo wird so etwas konkret?

Sebastian Schmidt: Wir werden das bald am Baubetrieb MBB sehen. Dessen künftige Struktur wird 2016 eine wichtige Frage sein. Wir haben drei Varianten angefragt: Beibehaltung der Selbstständigkeit, die Privatisierung oder eine Zusammenarbeit mit den Stadtwerken.

Ist das Hauptproblem der Stadtverwaltung und des MBB nicht die Überalterung?

Haldorn: Ja, und gerade in der Nachwuchswerbung und besseren Perspektiven für Jüngere erwarte ich von einem Wirtschaftsmann wie Martin Wächter neue Impulse.

Beim Neujahrsempfang macht ihm die Partei aber Konkurrenz. Sollte nicht der Bürgermeister als neutraler Vertreter der Stadt verdiente Ehrenamtliche mit Preisen ehren? Das macht nun weiter die CDU.

Schmidt: Wir nehmen dem Bürgermeister da nichts weg. Viele Parteien im Kreis vergeben Ehrenamtspreise. Als große Volkspartei kennen und schätzen wir die Arbeit der vielen Vereine in Menden – und wollen sie auch weiterhin würdigen.

Aber das ist doch nicht neutral.

Schmidt: In der Jury sitzt ja nicht die Parteispitze.

Sondern?

Schmidt: Jutta Manger, Rudi Düppe und Klaus Frese. Sie decken Bereiche wie Soziales, Kultur und Sport ab. Da wird nichts nach Parteibuch vergeben.

Die Linke hat der CDU im Bürgermeisterwahlkampf sogar vorgehalten, dass sie das Ehrenamt überall einsetzen will, wo sie selber den Staat aus der Pflicht nimmt.

Haldorn: Das Gegenteil stimmt. Als wir beim SKM eine Überforderung erkannt haben, da gab es nicht einfach nur auf Jahre hinaus ausgleichende Zuschüsse. Sondern Hilfsangebote. Kurz danach sahen wir uns bestätigt, als es hieß, der Verein könne keine Ausweise mehr für das Sozialkaufhaus herausgeben.

Aber wo bleibt dann der staatliche Ersatz für diese Leistungen?

Haldorn: Welche Leistungen bedürftige Menschen erhalten, legen erst einmal Bund und Land fest. Darüberhinaus gibt es jedoch Bedarfe, da steigen das Ehrenamt und auch die Stadt ein. Das gilt auch für die Flüchtlingshilfe, in der gerade ältere Mendener tolle Arbeit leisten. Aber es muss bei alledem auch Grenzen geben. Es ist unsere Verantwortung im Lokalen, auf Alarmsignale zu reagieren und keine Überforderung des Ehrenamtes zuzulassen.
Schmidt: Zugleich bleiben Bund und Land in der Pflicht. Die Schulsozialarbeit ist auch so ein Beispiel. Die muss jetzt die Stadt zahlen, weil die Kinder und ihre Familien sie dringend brauchen. Das wissen Bund und Land ganz genau – und verabschieden sich trotzdem daraus. Also zahlen wir das weiter, obwohl es gar nicht unsere Aufgabe ist. Das muss wieder ins Lot.

Aber auch in Menden gibt es seit Jahren keine Fortschreibung des Kinder- und Jugendhilfeplans mehr.

Schmidt: Dass Bernd Haldorn und ich auch nach der Bürgermeisterwahl im Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe geblieben sind – er weiterhin als Vorsitzender, ich als Fraktionssprecher –, zeigt die Bedeutung, die wir beide der Familienpolitik beimessen.
Haldorn: Die Fortschreibung kommt im neuen Jahr – und zwar mit der Auswertung der Befragung von Kindern und Jugendlichen, die es ja schon gegeben hat.
Schmidt: Für uns gehört zu einer familienfreundlichen Stadt auch unser Vorschlag für einen „Weg des Wassers“ an der Hönne und ein attraktives Freizeitzentrum Biebertal.

Gerade im Biebertal sind Sie in der Kleingartenfrage unterlegen, obwohl der CDU zur Mehrheit immer nur wenig fehlt. Beim Doppelhaushalt mussten Ihnen ausgerechnet die Grünen helfen.

Haldorn: Die Grünen haben nicht der CDU geholfen, sondern der Stadt. Und zum Biebertal: Das sind keine Niederlagen. Das ist Demokratie, wenn die größte Fraktion keine alleinige Mehrheit hat und überstimmt wird. Wir wollten mit „Aktiv für Lendringsen“ weiterplanen, aber die Mehrheit hat entschieden, dass das Biebertal der Öffentlichkeit zugunsten einiger weniger zu einem Teil entzogen wird. Das ist schade, gerade weil hier immer mit den Bürgern geplant wurde.

Welche Inhalte sind im nächsten Jahr aus Ihrer Sicht die wichtigsten?

Schmidt: In der Wirtschaft auf jeden Fall das Gewerbegebiet Hämmer-Süd und das Nordwall-Center.

Ist Hämmer-Süd nicht schon gestorben, wenn schon die Kosten der dann fälligen Urzeit-Ausgrabungen so unwägbar sind, wie es die Verwaltung sagt?

Haldorn: Nein. Man muss die maximalen Kosten umrechnen auf den Quadratmeterpreis. Dabei spielen ja nicht nur die Ausgrabungen der Urzeitfunde eine Rolle, sondern auch die Kosten der Geländekäufe. Hinzu kommen der Zeithorizont, der Bundesverkehrswegeplan, der jetzt auf Ostern verlegt wurde, oder auch die Flächen, die unsere Nachbargemeinden verfügbar haben. Das alles muss in die Waagschale, und dann wird entschieden.
Schmidt: Da muss es 2016 zum Schwur kommen. Das Wichtigste daran ist aus meiner Sicht die Vermarktung. Hier liegt das Hauptrisiko und zugleich die größte Chance, Betriebe zu halten und neue anzusiedeln. Hämmer-Süd hat eine enorme Bedeutung für die Stadt.

Und das Nordwall-Center?

Schmidt: Bringt eine Vitalisierung der gesamten Innenstadt und wird der Kernstadt neues Leben bringen. Daran arbeitet die Politik aber auch jetzt schon, wie man am Mühlengraben sieht. Kommt das privatwirtschaftliche Engagement dazu, ist das hervorragend. Hoffnungsvoll stimmt uns auch, dass Immobilienbesitzer aus der Innenstadt jetzt vermehrt in die Werbegemeinschaft eintreten. Das gehört zusammen!

Wenn es für eine Partei gute Vorsätze fürs neue Jahr gäbe: Welche wären Ihre?

Schmidt: Wir nehmen uns vor, Menden für Familien attraktiver zu machen.

Und wie sehen Ihre politischen Wünsche für 2016 aus?

Haldorn: Ich wünsche mir, dass Entscheidungen im Rat an der Sacharbeit und nicht am Parteibuch ausgerichtet sind.
Schmidt: Und dass Diskussionen, die schon in den Fachausschüssen lange geführt wurden, im Stadtrat nicht immer noch einmal breitgetreten werden. Das darf ruhig effektiver sein.