Menden. . Stadtförster schätzt: 10 000 Kubikmeter Holz fielen bei Orkan Friederike um. Naturverjüngung ist für Dirk Basse eine Option.

Die Orkan-Schäden in Menden sind beträchtlich. Besonders den Stadtwald hat es schlimm erwischt. Wieso die Zerstörung schlimmer ist als noch bei Kyrill und warum Stadtförster Dirk Basse eine Chance darin sieht, darüber sprach mit ihm WP-Redakteur Marc Friedrich.

Auch interessant

Wie groß schätzen Sie die Schäden in den Mendener Wäldern ein, die „Friederike“ angerichtet hat?

Auch interessant

Dirk Basse: Ich kann erstmal nur für den Stadtwald reden, aber ich nehme an, dass es in anderen Revieren nicht anders aussieht. Die Schäden sind auf jeden Fall beim Stadtwald erheblich höher als damals bei „Kyrill“. „Kyrill“ war damals mehr in Richtung Süden, wir waren nicht so stark betroffen. Jetzt waren wir mitten drin. Grob geschätzt sind die Schäden doppelt so hoch wie damals bei „Kyrill“.

Doppelt so hoch heißt in Bezug auf die Menge der Bäume oder auf die wirtschaftliche Komponente?

Auf die Menge der umgefallenen Bäume. Ich schätze, dass wir so etwa 10 000 Kubikmeter Holz haben, was angefallen ist.

Wo hat es Menden besonders schlimm erwischt?

Auch interessant

hugo-175312965.jpg
Von Heinz-Jürgen CzerwinskiArne Poll und Joshua Kipper

Am Kapellenberg und den Oesberner Weg hoch. Aber auch in der Waldemei, am Stucken, gibt es erhebliche Schäden. Es ist so wie damals bei „Kyrill“ auch, die Hauptschäden sind in den Fichtenbeständen. Die Fichte ist wieder die Baumart, die es am stärksten getroffen hat. Wir haben aber auch Schäden im Laubholz, es sind also auch alte Eichen und Buchen umgefallen.

Wie viele Jahre hat uns das zurückgeworfen?

Zurückgeworfen hat uns das gar nicht. Vielleicht gibt es uns sogar die Chance, uns in Zukunft besser aufzustellen.

Inwiefern?

Was jetzt umgefallen ist, sind Fichtenreinbestände. Diese Bestände haben dem heutigen Klima und Klimawandel nicht mehr viel entgegen zu setzen. Die Stürme zeigen genau das. Die Winterstürme sind mehr oder weniger normal, die hat es immer gegeben. Aber diese Dauerregen und diese Durchnässung machen die Bäume noch instabiler. Und dann gibt es noch die Sommerstürme, die dazukommen. Wenn das Fichtenholz verkauft und vermarktet ist und es an die Wiederbewaldung geht, haben wir die Chance eine neue Waldgeneration zu begründen, die keine Monokultur ist, sondern die aus verschiedenen Baumarten besteht wie Laubbäume und Nadelbäume. Die Esskastanie ist beispielsweise Baum des Jahres geworden. Aber das ist alles frühestens in einem Jahr ein Thema.

Sturmschäden in Menden

weitere Videos

    Die Schäden durch „Friederike“ sehen sie also auch als Möglichkeit auf einen Neunfang?

    So etwas muss ich natürlich auch mit der Politik absprechen. Aber wir haben schon damals nach „Kyrill“ die Fichtenwälder nicht wieder mit 100 Prozent Fichten aufgeforstet, sondern haben Mischwälder daraus gemacht: Lerche, Buche, Douglasie, Eiche, Kirsche, Erle – da stehen alle möglichen Arten. Naturverjüngung nennt man das.

    Welchen Vorteile bringen diese Mischkulturen?

    Auch interessant

    Die sind gerade bei Naturkatastrophen nicht mehr so anfällig. Wir haben mittlerweile Sommerstürme, die es wirklich in sich haben. Kleine Tornados und was es sonst noch so gibt. Ein Mischbestand ist immer stabiler und wirtschaftlich sicherer als eine Monokultur. Das war schon immer so. Aus dem ganz einfachen Grund: Wenn eine Monokultur kaputt geht, dann ganz. Beim Mischwald gibt es die Chance, dass wenn eine Baumart stirbt, dass die anderen Bäume davon nicht betroffen werden. Der Wald bleibt Wald.

    Wann darf ich als Spaziergänger wieder in den Wald?

    Samstag und Sonntag haben wir gearbeitet und die öffentlichen Straßen geöffnet, wie beispielsweise den Oesberner Weg. Jetzt machen wir vor allem Zufahrten und Hauptwege im Wald, also die Pkw-befahrbaren Wege. Die befreien wir vorläufig von Bäumen. Erst danach gehen wir in die Fläche. Deswegen ist es erst einmal besser, den Wald vorläufig gar nicht zu betreten. Es gibt vom Forstamt Märkisches Sauerland kein Betretungsverbot, aber ich kann nur dazu raten, im Moment nicht in den Wald zu gehen. Da ich noch nicht garantieren kann, dass nicht doch noch etwas umfällt, gebe ich auch noch keine Wege frei.

    Wann wäre das frühestens möglich?

    Auch interessant

    hugo-175448186.jpg
    Von Heinz-Jürgen Czerwinskiund Martina Dinslage

    Für die normalen Waldwege, also Waldemei oder Haunsberg zum Beispiel, werden wir wahrscheinlich Ende nächster Woche Klarheit haben. Am Kapellenberg sind wir gerade dabei, uns einen Überblick zu verschaffen. Dort kann es noch ein bisschen dauern. Die Hauptwege werden in zwei, drei Wochen – natürlich nur, wenn nicht ein weiterer Sturm kommt – wieder passierbar sein.

    Haben auch die Tiere unter dem Sturm gelitten?

    Damals bei „Kyrill“ haben wir in der ganzen Zeit der Bearbeitung ein einziges Tier gefunden, das von einem Baum erschlagen wurde.

    Was war das für ein Tier?

    Das war ein Reh. Es gab auch die Geschichte von einem Wildschwein, das ein Auge verloren haben soll. Aber die Tiere haben einen guten Instinkt und ziehen sich rechtzeitig zurück. Jetzt, wo die Fichten übereinander liegen wie Mikado-Stäbchen, da gehen die Sauen rein und fühlen sich wahrscheinlich sogar wohl.

    Können sich die Bürger irgendwie einbringen und helfen?

    Ja, indem sie nicht in den Wald gehen. Die umgestürzten Bäume sind nicht das Problem, sondern die Bäume, die vielleicht noch umfallen können. Es wäre schon eine Hilfe, wenn ich nicht jedem sagen muss, dass es besser wäre, wenn sie den Wald nicht betreten würden.

    Sturmschäden in Menden

    weitere Videos