Finnentrop. Mehr als 100 Beschäftigte von Thyssenkrupp Steel aus Finnentrop sind am Mittwoch auf die Straße gegangen. Sie fordern nicht nur mehr Geld.

Mehr als 100 Mitarbeiter des Essener Stahlriesen Thyssenkrupp Steel aus Finnentrop haben am Mittwoch vor ihrem Betriebsgelände an der Bundesstraße 236 für mehr Geld und eine 32-Stunden-Woche gestreikt. Darüber hinaus fordern sie eine Beschäftigungssicherung und eine gute Altersteilzeitregelung. Sie folgten damit einem Aufruf ihrer Gewerkschaft IG Metall, die den Druck auf die Arbeitgeber erhöht. „Heute zünden wir zu Beginn des Advents die zweite Streik-Kerze an“, rief Bernd Sasse, seit Oktober 2020 Betriebsratsvorsitzender in Finnentrop, seinen Kollegen und Kolleginnen zu. Die erste Kerze, um im Bild zu bleiben, hatten die Mitarbeiter bereits vergangene Woche bei einer Mitternachtskundgebung entzündet.

So ein Paket lassen wir uns nicht unter den Weihnachtsbaum legen.
André Arenz, IG Metall-Bevollmächtigter für den Kreis Olpe

„Die Corona-Zeit hat uns viel abverlangt. Miete, Lebensmittel und Energiekosten haben ein großes Loch in unser Portemonnaie gerissen. Unsere soziale Sicherheit ist in Gefahr und wir brauchen Stabilität“, betonte Sasse in seiner kurzen Rede und verwies darauf, dass es neben der „grünen Transformation“ auch „Regeln für eine soziale Transformation der Stahlindustrie“ brauche. Explizit wies der Betriebsratsvorsitzende darauf hin, dass es sich bei der geforderten 32-Stunden-Woche (bei vollem Lohnausgleich) um eine Vision für die mitten in der Transformation befindlichen Stahlindustrie handele – die nicht schon morgen umgesetzt werden müsse. Sasse erklärt: „Mit dem künftigen Entfall der Hochöfen und dem Neubau der Direktreduktionsanlage wird es zu einem geringeren Bedarf an Arbeitsplätzen kommen. So soll die weniger werdende Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden.“

Arenz zählt Erfolge auf

Die Arbeitgeber haben in den zwei abgelaufenen Verhandlungsrunden eine Lohnerhöhung um gut 3 Prozent für 15 Monate in Aussicht gestellt. Aus Sicht von André Arenz, IG Metall-Bevollmächtigter für den Kreis Olpe, ist dieses Angebot inakzeptabel. Die IG Metall fordert 8,5 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. „Das Tarifpaket ist noch so gut wie leer. So ein Paket lassen wir uns nicht unter den Weihnachtsbaum legen.“ Er erinnerte daran, dass Gewerkschaft und Beschäftigte der Stahlindustrie im vergangenen Jahr gemeinsam eine Entgelterhöhung von 6,5 Prozent erkämpft hätten, dies aber nicht ausreiche. Arenz: „Unsere Tarifpolitik alleine kann keine kriegsgetriebene Inflationsrate ausgleichen.“

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Er machte den Thyssenkrupp-Mitarbeitern in Finnentrop – hier arbeiten insgesamt 230 Menschen – Mut und verwies auf die jüngsten Erfolge. So seien zentrale Forderungen der Gewerkschaft Realität geworden, unter anderem die Strom- und Gaspreisbremse, das Kindergeld wurde erhöht und Azubis durften sich über eine Energiepreispauschale freuen. „Ihr kämpft um eine dauerhafte Erhöhung. Weil ihr Geld braucht, um den Konsum anzukurbeln. Weil ihr Verantwortung übernehmt und seit Jahren politisch Druck macht, damit die Stahlindustrie in diesem Land eine Zukunft hat“, erklärte Arenz und forderte Arbeitgeber auf, nun Verantwortung zu übernehmen. An diesem Donnerstag kommt es zur dritten Verhandlungsrunde in Düsseldorf.