Attendorn. „Wir stehen bei null:“ Bernd Strotkemper (SPD) lässt kein gutes Haar an der Attendorner Verwaltung. Was ihm beim Bauprojekt Bürgerhaus stört.

Er sei froh, als Stadtverordneter nicht mehr über zusätzliche Finanzposten sprechen zu müssen, sondern der Bau des neuen Bürgerhauses mit Veranstaltungssaal, Jugendzentrum und Gastronomie am Attendorner Bahnhof endlich auf die Zielgerade einbiege. Denn nicht nur Bernd Strotkemper von der SPD weiß, dass die Kosten für den neuen Alten Bahnhof während der Planungs- und Bauphase regelrecht davon galoppiert sind.

Die anfangs eingeplanten knapp vier Millionen Euro hat die Stadt als Eigentümerin längst gerissen, die Gründe für die Mehrkosten im Millionenbereich sind vielschichtig: Von Lieferengpässen über Rohstoffmangel und fehlendem Wettbewerb auf die Ausschreibung verschiedener Gewerke, auf die sich teilweise nur noch ein Anbieter bewarb, der den Preis dann bestimmen konnte, bis hin zu diversen Problemen auf der Baustelle.

Eine Illustration: So soll das neue Bürgerhaus am Attendorner Bahnhof nach seiner Fertigstellung grob aussehen.
Eine Illustration: So soll das neue Bürgerhaus am Attendorner Bahnhof nach seiner Fertigstellung grob aussehen. © Stadt Attendorn

Ändern kann die Stadt an dieser Tatsache heute nichts mehr, das weiß auch der Politiker aus Ennest, der am Mittwochabend im Stadtrat allerdings an anderer Stelle den Finger tief in die städtische Wunde legte: und zwar bei der Vermarktung des Bürgerzentrums. „Dieser Teil fehlt uns komplett.“ Man müsse bedenken, dass das Bürgerhaus, das die Attendorner in Zukunft für allerlei Veranstaltungen buchen können, in einem Wettbewerb stehe zu Kulturstätten wie dem Schrabben Hof in Silberg, dem Studio A in Attendorn, dem EssBahnhof in Grevenbrück oder dem Alten Bahnhof in Hützemert. „Die Frage, die daher im Raum steht, lautet: Warum sollen die Bürger den großen Saal in unserem Bürgerhaus nutzen?“

Über Online-System buchen

Doch nicht nur das „Warum“ sei aus Strotkempers Sicht bislang völlig unzureichend in der Öffentlichkeit thematisiert worden, vor allem auch das „Wie“ leide an erheblichen Mängeln. Es gebe nahezu keine Informationen, wie das Bürgerhaus betrieben werden solle und zu welchen Konditionen Vereine, Privatpersonen oder (gemeinnützige) Organisationen den großen Saal und/oder die Galerie im Obergeschoss anmieten können. Klar ist bislang „nur“, dass Interessenten in Zukunft den Veranstaltungsraum über ein Online-System buchen und die anfallenden Mietkosten zumindest Vereine und Organisationen später von der Stadt zurückerstatten können.

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Strotkemper wurde deutlich: „Wir stehen bei null, dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. Wir müssen schleunigst raus aus dem Verwaltungsmodus und rein in den Gestaltungsmodus.“ Dabei könne unter Umständen ein Kulturmanager helfen, vor allem brauche es aber ein Marketingkonzept. Zudem seien engagierte Bürger außerhalb der Verwaltung wichtig, vielleicht müsse man eine Art Förderverein gründen. Gerade vor dem Hintergrund, dass es den Verein Alter Bahnhof, der sich einst um die Zukunft des Gebäudes kümmern wollte, gar nicht mehr gibt. „Wir müssen die Gesellschaft mit ins Boot holen, es gibt einen Riesenwust an Fragen von Interessenten, auf die es bislang keine Antwort gibt“, führte Strotkemper aus. Die anderen Ratsfraktionen schlossen sich der inhaltlichen Kritik weitgehend an.

Kirche im Dorf lassen

Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) relativiert sie indes. Er sprach davon, dass man „die Kirche im Dorf lassen müsse“ und sich viele Fragen der Nutzung im Laufe der Zeit und durch gesammelte Erfahrungswerte beantworten ließen. „Wir haben seit 2019 ein Betriebskonzept und sind jetzt gerade dabei, eine Benutzungs- und Entgeltordnung aufzustellen (Anm. der Redaktion: diese wurde im Stadtrat einstimmig verabschiedet). Anschließend können wir auch sagen, zu welchen Konditionen der Bahnhof mietbar ist“, sagte der Erste Bürger der Stadt und bat um Verständnis, dass die Verwaltung noch nicht jeder Frage zum Betrieb beantworten könne. Pospischil wies auch daraufhin, dass es heute schon viele Anfragen im Rathaus geben würde.

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Im Kern widersprach der Bürgermeister seinem Parteifreund aber nicht, tatsächlich sei jetzt der Zeitpunkt gekommen, in die Öffentlichkeit zu gehen. Er sagte zu, dass nun eine Info-Kampagne ins Rollen gebracht werde und nahm eine Idee von Birgit Haberhauer-Kuschel auf: Die Lokalpolitikerin der Fraktion Union für Attendorn hatte vorgeschlagen, auf der städtischen Internetseite unter der Rubrik „Häufig gestellte Frage“ die entsprechenden Antworten zu bündeln. Zudem versprach der Bürgermeister eine Infoveranstaltung für alle Mietinteressenten.