Attendorn. Es ist eine überraschende Wende. Die Stadt Attendorn will das Collegium Bernardinum jetzt doch kaufen und nicht nur mieten - und hat erste Ideen.

Offenbar findet im Attendorner Rathaus ein Umdenken statt. Hieß es monatelang, man wolle Flächen des Collegium Bernardinums am Nordwall lediglich anmieten, um dort Ukraine-Flüchtlinge unterzubringen, will die Stadt das imposante und unter Denkmalschutz stehende Gebäude nach Informationen unserer Redaktion nun doch komplett kaufen. Anfang dieser Woche erreichte das Erzbistum Paderborn als Eigentümer der Liegenschaft ein weiteres Kaufangebot, allem Anschein nach von der Stadt, die natürlich einen politischen Beschluss für einen Kauf braucht. Dieser liegt noch nicht vor.

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Zuvor hatten schon die Volksbank Sauerland und das WohnGut ihren Hut in den Ring geworfen und Paderborn ein Angebot gemacht. Das Duo will gemeinsam eine Pflege-Akademie im Konvikt aufbauen und dabei ganz gezielt Fachkräfte aus dem afrikanischen Raum anwerben. Doch bekommen die Genossenschaftsbank und der private Pflegeheim-Betreiber überhaupt den Zuschlag?

Keine Auskünfte aus Paderborn

Das Bistum machte nie ein Geheimnis daraus, dass es sich perspektivisch vom Konvikt trennen will. Mit Beginn der Sommerferien läuft bekanntlich das im Collegium Bernardinum untergebrachte Tagesinternat aus, dessen Betrieb seit Jahren tiefrote Zahlen schreibt – ab jetzt besteht für das Bistum kein Nutzungsinteresse mehr. Öffentlich hält sich Paderborn auf Nachfragen unserer Redaktion zurück und verweist auf laufende Gespräche und Verhandlungen, zu denen man keine Auskünfte geben könne. Unbeantwortet bleiben daher unsere Fragen, ob es sich bei dem aktuellen Kaufpreisbieter um die Stadt Attendorn handelt, bis wann das Bistum eine Zuschlag-Entscheidung treffen will, ob man auf weitere Angebote warte und welche Kaufsumme ein neuer Eigentümer auf den Tisch legen müsste.

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In Deckung bleibt auch (noch) Bürgermeister Christian Pospischil (SPD), der im Gespräch mit unserer Redaktion allerdings bestätigt, mit Paderborn Gespräche zu führen: „Ja, wir beschäftigen uns damit, ob wir das Gebäude kaufen sollten oder nicht. Es handelt sich um eine große Liegenschaft mitten in der Stadt und wir sind dazu verpflichtet, zumindest darüber nachzudenken, das Gebäude einer öffentlichen Nutzung zugänglich zu machen.“ Mehr wolle er aktuell aber nicht sagen.

Doch offenbar gibt es schon eine Nutzungsidee bei der Stadt: sie könnte die Sonnenschule ins Konvikt umsiedeln, um dann das Gebäude der Grundschule dem Rivius-Gymnasium „einzuverleiben“ – bekanntlich stehen die beiden Schulen am Westwall direkt nebeneinander. Dies hätte den Vorteil, dass die Stadt auf den geplanten Anbau samt Mensa für das Rivius verzichten könnte. Doch das ist alles noch Zukunftsmusik, und die Politik würde bei einer möglichen Nutzung ein gewichtiges Wörtchen mitsprechen.

Herber Rückschlag für Volksbank und WohnGut

Sollte die Stadt tatsächlich den Kaufzuschlag erhalten, würden die Volksbank und das WohnGut in die Röhre schauen. Deren Kaufpreisangebot kann nach unseren Informationen nicht dem der Stadt mithalten. Das weiß auch Dr. Florian Müller, Mitglied des Vorstandes der Volksbank Sauerland: „Wir sind von dieser Wendung überrascht, da die Stadt einen Kauf bislang kategorisch ausgeschlossen hatte. Auch deshalb waren wir mit unserem Konzept früh in die Öffentlichkeit gegangen, um zu zeigen, dass es für das ehemalige Collegium Bernardinum eine sinnvolle und gesellschaftlich relevante Nachfolgenutzung gibt.“

Und weiter: „Wenn die Stadt nunmehr in Kenntnis unserer Planungen für den Standort doch ein Kaufpreisangebot abgegeben hat, scheint sie über eigene Ansätze einer Verwendung zu verfügen. Sollte die Stadt ein höheres Preisangebot abgegeben haben und den Zuschlag erhalten, werden wir unser Vorhaben weiter verfolgen und versuchen, es an anderer Stelle im Kreis Olpe zu realisieren.“

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Während um die mittel- und langfristige Zukunft des Collegiums Bernardinum also noch gerungen wird, ist die kurzfristige Perspektive geklärt. Schon jetzt besteht zwischen der Stadt und Paderborn ein Mietvertrag, sodass rund 20 Flüchtlinge in einem Teil des Gebäudes untergebracht sind. Zum 1. August wird die Stadt weitere Flächen im ersten und zweiten Obergeschoss anmieten, um weitere Flüchtlinge unterzubringen. Rund 45 Zimmer stünden dann laut Sozialamtsleiterin Christiane Plugge zur Verfügung. Befristet ist der Mietvertrag bis zum 1. August 2024, allerdings mit der Option einer Verlängerung. Doch genau diese Verlängerung hängt nicht nur am Zustrom weiterer Flüchtlinge ab, sondern ganz entscheidend auch an der zentralen Frage: Wer wird neuer Eigentümer des Collegium Bernardinums?