Attendorn. Ein privater Seniorenheim-Betreiber und eine Genossenschaftsbank haben dem Erzbistum Paderborn ein Kaufangebot unterbreitet. Das sind ihre Pläne.

Das Collegium Bernardinum am Nordwall ist mutmaßlich die spannendste Immobilie, die in Attendorn auf den Markt kommt. Bekanntlich stellt das Erzbistum Paderborn mit Beginn der Sommerferien Ende Juni den Betrieb des dortigen Tagesinternates ein – aus wirtschaftlichen Zwängen, wie der kirchliche Träger aus Ostwestfalen stets betont. Seit Jahren schreibt das Bistum mit seinem Internat tiefrote Zahlen. Der katholische Träger hat keinerlei Interesse daran, das imposante, stadtprägende und denkmalgeschützte Gebäude, das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde, dauerhaft im Eigentum zu halten. Es soll daher verkauft werden.

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Ein mögliches Abnehmer-Duo hat am Dienstagabend seinen Hut in den Ring geworfen: Die Volksbank Sauerland (ehemals Bigge-Lenne) und der private Seniorenheim-Betreiber WohnGut haben dem Erzbistum Paderborn ein konkretes Kaufangebot unterbreitet. Gemeinsam wollen die beiden Partner im Collegium Bernardinum eine Ausbildungsakademie für Pflegekräfte aufbauen.

Leuchtturmprojekt

„Jeder weiß, dass wir einen akuten Mangel an Pflegekräften haben. Jede Maßnahme hilft, um künftige Pflegekräfte auszubilden und junge Menschen für diesen Beruf zu interessieren“, erklärt WohnGut-Geschäftsführer Michael Korn vor dem Hintergrund des bekannten Pflegenotstandes. Deswegen wäre die Realisierung einer (weiteren) Pflegeakademie nicht nur für die Hansestadt Attendorn ein Leuchtturmprojekt, sondern für den gesamten Kreis Olpe, sind sich die Projektpartner sicher. Gemeinsam wollen man einen Beitrag zur Pflegeverbesserung im Kreis Olpe leisten.

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Eine ausgereiftes Konzept hat das kaufinteressierte Duo zwar noch nicht vorliegen, die grundsätzliche Marschroute steht jedoch schon fest: Die „WohnGut Akademie“ würde im Fall des Zuschlags ausdrücklich auch ausländische junge Menschen anwerben, die sich für die Pflegebranche interessieren, in ihrem Heimatland aber keine Ausbildungsperspektive besitzen. WohnGut und Volksbank arbeiten dafür bereits mit einer erfahrenen Netzwerkerin zusammen, die helfen soll, talentierte und motivierte junge Menschen aus Afrika nach Attendorn zu lotsen. Die Pläne sehen darüber hinaus vor, dass die künftigen Schüler nicht nur im Collegium Bernardinum auf das Berufsleben vorbereitet werden, sondern dort auch wohnen und eine intensive Betreuung im Alltag erfahren.

Viele offene Fragen

Mit der „WohnGut Akademie“ würde die Tradition des ehemaligen erzbischöflichen Internats für Jungen als „Lern-Ort“ fortgesetzt, und die Volksbank käme laut eigener Aussage ihrem genossenschaftlichen Förderauftrag nach.

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„Wir nehmen unsere Verantwortung für die Region, in der wir fest verwurzelt sind, sehr ernst und sind froh, dass wir dem Gebäude mit dieser Historie und dieser städtebaulichen Relevanz für Attendorn eine zukünftige Nutzung mit einem echten Mehrwert für die Gesellschaft bieten können“, erklärt Dr. Florian Müller, Vorstandsmitglied der Volksbank Sauerland.

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Klar ist aber auch: Sollten sich der private Seniorenheim-Betreiber, das hiesige Bankinstitut und das Erzbistum Paderborn auf einen Kaufvertrag einigen, müssten die neuen Besitzer im Bestand ordentlich umbauen. Logischerweise ist das Collegium Bernardinum räumlich auf den Internatsbetrieb ausgerichtet, und nicht auf eine Pflege-Akademie. Zudem müssten neben den finanziellen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt und ein Planänderungsverfahren eingeleitet werden. Sprich, die Attendorner Politik müsste die Ampel auf Grün stellen. Lösungen müssten Volksbank und WohnGut zudem für die baulichen Herausforderungen (Stichwort Denkmalschutz) finden und nicht zuletzt rechtliche Fragen zum Betrieb einer Pflegeschule beantworten.

Drei Einrichtungen

Das WohnGut betreibt drei Senioreneinrichtungen – in Olpe (Osterseifen), Saalhausen (wurde im Sommer 2021 in Betrieb genommen) und in Bad Honnef. Der private Pflegeheim-Betreiber und die Genossenschaftsbank kooperieren seit 2017.

Das konkrete Kaufinteresse von WohnGut und Volksbank wird auch die Attendorner Stadtverwaltung brennend interessieren, möchte die Stadt das Collegium Bernardinum zumindest übergangsweise für die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen anmieten. Schon jetzt leben im Obergeschoss Flüchtlinge. Bei diesem Plan wollen WohnGut und Volksbank auch gar nicht den Miesepeter spielen: Sie würden die Zeit, in der die Stadt Attendorn Mieterin ist, vielmehr dafür nutzen, um offene Fragen zu klären und die konkreten Pläne weiterzuentwickeln. Doch an erster Stelle steht zunächst die Frage: Nimmt Paderborn das Kaufangebot von Volksbank und WohnGut an?