Olpe. Ein Vertrag zum Bauprojekt an der Olper Hütte ist aufgetaucht. Es geht um viel Geld. Der Bürgermeister ist wütend über den anonymen Informanten.
Es war am 21. Oktober, als diese Zeitung über heftige Vorwürfe des in Frankfurt lebenden und aus Olpe stammenden Unternehmensberaters und Immobilienunternehmers Christoph Pape berichtete. Dieser hatte in einem umfassenden Schreiben die Pläne der Stadt kritisiert, die im Bereich Olper Hütte eine alte Industriehalle erworben hat und auf deren Standort kostengünstigen Wohnraum schaffen will.
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Nachdem ursprünglich eine Projektvergabe vorgesehen war, die Stadt also ein Unternehmen wie bei einer Ausschreibung ausgewählt hätte, das dort hätte bauen sollen, hatte die Stadt auf Betreiben der CDU das Ruder herumgeworfen. Sie stoppte die Projektvergabe und gründete eine Genossenschaft, die diese Aufgabe übernehmen soll. Partner der Stadt sind in dieser Genossenschaft die Sparkasse Olpe und die Firma Pyramis, in der unter anderem der frühere Landrat des Kreises Olpe, Frank Beckehoff, tätig ist. Er ist als Projektsteuerer für das Vorhaben im Spiel.
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Gedanken zu Kosten und Risiken
Wir hatten die Vertreter der Fraktionen dazu befragt, und der nun scheidende CDU-Fraktionschef Carsten Sieg hatte unter anderem geantwortet, die von Pape genannten Zahlenbeispiele seien „aus der Luft gegriffen.(...) Wir planen doch noch nicht mal und müssen diesbezüglich erstmal zu einem Ergebnis kommen, was wir dort wollen. Erst dann spricht man über Kosten und Risiken.“ Nun landete von einem anonymen Absender die Kopie eines Vertrags in unserem Briefkasten, von dessen Echtheit wir uns auf Nachfrage bei der Stadt vergewissert haben. Und Details dieses Vertrags sind zumindest auf den ersten Blick durchaus pikant. Denn er wurde am 13. Oktober 2022 von Vertretern der Stadt in ihrer Funktion als Vertreter der neuen Genossenschaft unterzeichnet. Und hier, eine gute Woche vor dem Bericht und den Angaben bezüglich angeblich nicht vorhandener Zahlen, ist klar zu lesen: „Zur Orientierung liegt diesem Vertrag eine erste vorläufige unverbindliche Kostenschätzung bei“. Die sogenannte „Anlage 4“ liegt uns nicht vor, dennoch: Ganz offensichtlich haben sich die Vertragspartner, also Genossenschaft und Pyramis, durchaus Gedanken über „Kosten und Risiken“ gemacht.
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Kirchner steht auf beiden Seiten
Ein Mann hat gleich zweimal unterzeichnet: Michael Kirchner steht einmal als Auftraggeber- und einmal als Auftragnehmer-Vertreter im Vorwort. Denn seine Firma Pyramis ist einerseits Teil der Genossenschaft, andererseits die mit der Projektsteuerung betraute Firma. Und das ist durchaus lukrativ: Für die „Planungs- Koordinierungs- und Überwachungsaufgaben“, zu denen jedwede planerische sowie Architekten- und Ingenieursleistungen ausdrücklich nicht gehören und auch keine rechtliche Beratung außerhalb der Gründungsphase der Genossenschaft, fließen laut Vertrag jährlich 120.000 Euro (netto) von der Genossenschaft an Pyramis. Dieses Geld ist in monatlichen Raten zu je 10.000 Euro zu zahlen – plus je 800 Euro als „pauschaler monatlicher Ersatz ihrer Nebenkosten“. Der Vertrag wurde rückwirkend auf den 1. September datiert und soll „nach Ablauf des Projektes voraussichtlich am 31. 08. 2025“ enden. Das hieße, dass die Genossenschaft insgesamt 388.800 Euro an Pyramis überweist.
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Gekündigt werden kann dieser Vertrag mit einer Dreimonatsfrist. das heißt: Fast 90.000 Euro sind Pyramis Stand heute schon sicher, auch wenn der Kontrakt heute gekündigt würde. Zum Vergleich: Der Projektsteuerer für das Projekt neues Rathaus/Stadtmuseum soll bis zum Ende des Projekts mit 740.000 Euro bezahlt werden – allerdings für ein Objekt, das bereits bisher bei einem Volumen von 30 Millionen Euro liegt.
Einstimmiges Votum
Bürgermeister Peter Weber (CDU), der den Vertrag ebenfalls unterzeichnet hat, machte im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich, dass mit besagtem Papier alles rechtens sei: „Das ist ein Vertrag der Genossenschaft, nicht der Stadt.“ Er hält es allerdings für „nicht nachvollziehbar“, wie es sein könne, dass ein solcher Vertrag durchgestochen worden sei. „Das ist schon unsäglich. Da will jemand der Sache schaden, das ist für mich eindeutig.“ Dabei, so betont Weber, habe der Aufsichtsrat der neuen Genossenschaft dem Papier einhellig beigepflichtet, nachdem er zuvor eingehend beraten worden sei. Die angeführten Kosten müssten relativiert werden, denn schließlich habe die Genossenschaft keinerlei eigenes Personal. Bezüglich der „Anlage 4“ handle es sich dabei um eine „ganz, ganz grobe Schätzung, entstanden aus Hochrechnungen, um die Angemessenheit der Vergütung herzuleiten“. Es sei lediglich eine Kostenschätzung, keine Berechnung. Er sei „entsetzt“ über das Vorgehen einer Person, besagtes Papier an die Presse durchzustechen, „nachdem wir im politischen Raum ja eine ganz, ganz breite Mehrheit gefunden haben“, um auf diesem Weg bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.