Kreis Olpe. Die gestiegenen Zinsen und Baukosten schrecken immer mehr junge Familien ab. In Hützemert sind plötzlich wieder acht Baugrundstücke zu haben.

Bauen ist so teuer wie lange nicht. Der Bauzins kratzte in den vergangenen Monaten an die Fünf-Prozent-Marke, um zwischenzeitlich wieder nachzugeben. Auf immer noch über drei Prozent.

Nur zur Erinnerung: Vor einem Jahr stand der Zinssatz bei 1 Prozent. Zu allem Überdruss wird die Energie immer teurer, Rohstoffe und Handwerker ebenso. Die Konsequenz: Viele junge Familien kommen ins Grübeln, ob sich der Traum vom Eigenheim überhaupt noch verwirklichen lässt.

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Die Städte und Gemeinden im Kreis Olpe spüren bereits einen Rückgang bei der Nachfrage. Dass nicht jetzt schon scharenweise Grundstücke in Neubaugebieten wieder zurückgegeben werden, hat nur einen Grund: Die Kommunen gewähren den Käufern eine mehrjährige Frist, die Grundstücke wieder zurückgeben zu können, falls sich die kriselnde Baukosten- und Zinssituation nicht wieder bessert.

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Stadt Drolshagen

Die Stadt Drolshagen hat die problematische Baukonjunktur mitten in ein konkretes Projekt getroffen, wie Bürgermeister Uli Berghof auf Anfrage bestätigt: „Sämtliche Plätze unseres Neubaugebietes Unter’m Sportplatz in Hützemert waren nicht nur jahrelang vergeben, sondern sogar überzeichnet. Es gab also deutlich mehr Bewerber als Grundstücke.“

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Dann kam die Baukostenexplosion und der Zinsschock und drehte die Ausgangslage um 180 Grad. Mit der Folge, so Berghof: „Von den 13 Grundstücken sind aktuell acht wieder zu haben.“ Kurios: Einige von denen seien zwischenzeitlich nach der ersten Rückgabe wieder zugesagt und dann noch einmal zurückgegeben worden.

Drei Baustellen sind im Neubaugebiet Unter'm Sportplatz in Hützemert eingerichtet: Von 13 bereits fest reservierten Baugrundstücken sind acht wieder an die Stadt Drolshagen zurückgegeben worden und wieder zu haben. Vor einem dreiviertel Jahr noch undenkbar.
Drei Baustellen sind im Neubaugebiet Unter'm Sportplatz in Hützemert eingerichtet: Von 13 bereits fest reservierten Baugrundstücken sind acht wieder an die Stadt Drolshagen zurückgegeben worden und wieder zu haben. Vor einem dreiviertel Jahr noch undenkbar. © WP | Josef Schmidt

Auch die Stadt Drolshagen arbeite mit mehrjährigen Bauverpflichtungen. Dennoch, so der Eindruck des Bürgermeisters: Bauwillige haben jetzt Probleme, die Finanzierungen mit den Banken realisieren zu können.“ Und weiter: „Unsere Kaufinteressenten müssen alle einen Fragebogen über ihre persönliche Situation einreichen. Dort fordern wir jetzt ausdrücklich eine Dokumentation über die geregelte Finanzierung.“ Die Stadtverwaltung wolle angesichts der Situation ein Büro beauftragen, eine Neubaubedarfsprognose zu erstellen.

Gemeinde Wenden

Markus Hohmann, Bauamts-Chef der Gemeinde Wenden: „Die Käufer unserer Grundstücke haben eine Bauverpflichtung von drei Jahren.“ Im Klartext: Wer ein Grundstück kaufe, habe drei Jahre Zeit, mit dem Bau zu beginnen. Baue er nicht, könne er das Grundstück zurückgeben.

Die Gemeinde Wenden ist insofern von der bröckelnden Konjunktur besonders betroffen, wie Hohmann bestätigt, da sie aktuell große Neubaugebiete erschlossen und baureif hat. Aber, so Hohmann: „Dass die Leute ihre Grundstücke zurückgeben, ist noch ein Einzelfall und hat dann meist private Gründe.“ Grundsätzlich, so der Bauamtsleiter, „hat die Nachfrage nach Baugrundstücken aber spürbar nachgelassen.“ Dass Grundstücke noch nicht scharenweise zurückgegeben würden, hänge auch mit der Fristgewährung zusammen. Hohmann räumt ein, dass eine derart problematische Situation wie momentan auch Neuland für die Gemeinde Wenden sei: „Deshalb gehe ich davon aus, dass wir Grundstücke zurückbekommen werden. Das ist aber spekulativ. Es ist eine verrückte Zeit, die wir so noch nicht erlebt haben. Ich fürchte, die Baukosten bleiben konstant hoch, kommen höchstens ein wenig zurück. Dazu der unsichere Finanzmarkt und vielleicht sogar mal ein schwächelnder Arbeitsmarkt. Es spielen viele Faktoren zusammen. Es wird sehr spannend, wie sich das entwickelt und wie die Menschen damit umgehen.“

Die Gemeinde Wenden führe immer noch eine Warteliste der Bauinteressenten, auf der rund 350 Bewerber stünden: „Das ist über mehrere Jahre angewachsen.“ Allein in den zuletzt erschlossenen Baugebieten „An der Wahre“ in Hünsborn“ und „Westerberg“ in Wenden stünden rund 55 Bauplätze zur Verfügung, in diesem Jahr komme das Baugebiet Am Buchhagen in Möllmicke noch hinzu. Der Grundstückspreis in Hünsborn und Wenden liege bei rund 130 Euro pro Quadratmeter.

Beispiel Finnentrop

Alle Grundstücke, die die Gemeinde Finnentrop in der jüngeren Vergangenheit verkauft hat, sind auch bebaut worden, erklärt Oliver Scheermann, Bereichsleiter Bauen und Wohnen im Rathaus. Und zwar auch in der vorgegebenen Drei-Jahres-Frist. Dennoch konstatiert auch Scheermann, dass das Interesse an einem Baugrundstück aufgrund der schwierigen Gesamtsituation sehr verhalten sei. „Wir sind mit den Banken in Kontakt und wissen um die hohen Zinsen. Wer heute ein haus bauen möchte, muss locker 500.000 bis 600.000 Euro in die Hand nehmen. Für viele Familien ist das nicht zu machen.“

Immerhin rund 15 Interessenten gebe es trotzdem für das geplante Neubaugebiet „Vorderster Schee II.“, das in diesem Jahr erschlossen werde. Dort seien 23 Bauplätze geplant. Wie viele potenzielle Bauherren jedoch zuschlagen würden, sei aktuell noch fraglich. Denn noch stehe der Grundstückspreis gar nicht fest – das solle im März geschehen. Genauso wie die dann folgende Vergabe der Grundstücke. Falls ein Grundstückseigentümer innerhalb dieser Frist nicht baue, müsse er sein Eigentum gegen unverzinste Erstattung des Kaufpreises an die Gemeinde Finnentrop lasten- und kostenfrei zurückgeben.

Beispiel Attendorn

Von einer Grundstücks-Rückgabe ist auch die Stadt Attendorn bislang „verschont“ geblieben. In dem noch recht jungen Baugebiet in Neu-Listernohl, in dem mehr als 40 Grundstücke zur Verfügung stehen, haben allerdings zwei Grundstückseigentümer eine sofortige Verwirklichung ihres Bauvorhabens zurückgestellt. Sie bleiben jedoch in der im Kaufvertrag geregelten Vier-Jahres-Frist. Uwe Waschke, Amtsleiter Bauen und Wohnen: „Insgesamt sehen wir aber auch in Attendorn, dass die Nachfrage zu stagnieren scheint.“