Kreis Olpe. Krankenhaus, Seniorenheim Feuerwehr und Co. bereiten sich auf einen Blackout, also einen mehrstündigen-/tägigen Stromausfall, intensiv vor.
Was tun, wenn’s dunkel wird? Was in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg eher eine rhetorische Frage war, versetzt viele Menschen derzeit in Angst und Schrecken. Ein sogenannter Blackout, also ein mehrstündiger oder sogar mehrtägiger Stromausfall, hat sich in dem einen oder anderen Hinterkopf festgekrallt. Als die Aldi Nord-Filiale in Olpe vor einigen Wochen ein Sonderangebot für Notstrom-Aggregate präsentierte, soll es zu einem reißenden Absatz gekommen sein. Wir wollten wissen, wie die Menschen im Kreis Olpe mit dem Thema umgehen.
Krankenhäuser
„Die GFO Kliniken Südwestfalen sind auf einen etwaigen, auch mehrstündigen oder mehrtägigen Stromausfall bestens vorbereitet, so dass wir die medizinische Versorgung der Bevölkerung auch im Fall eines Blackouts über eine längere Zeit aufrechterhalten können“, sagt der Pressesprecher der Katholischen Hospitalgesellschaft/GFO, Michael Sauer, auf Anfrage. „Sollte der Strom ausfallen, schaltet sich binnen kürzester Zeit die Notstromversorgung ein. Unsere Notstromaggregate sind einsatzbereit, die Dieseltanks gefüllt.“ In welcher Größenordnung ein Krankenhaus Strom benötige, beantwortet Sauer ebenfalls: Allein das St. Martinus-Krankenhaus in Olpe verbrauche rund 1,5 Millionen Kilowattstunden (kWh) im Jahr. Zum Vergleich: Eine Durchschnittsfamilie benötigt rund 3.000 kWh pro Jahr.
Landwirtschaft
„Wir haben ein Notstrom-Aggregat bestellt, das über einen Trecker betrieben wird. Es gibt offenbar eine derartige Nachfrage, dass es noch dauert“, sagt Susanne Alterauge vom Milchviehbetrieb Alterauge in Drolshagen. „Wir werden von Woche zu Woche mit einem neuen Liefertermin vertröstet.“ Das Aggregat sei so ausgelegt, dass es die komplette Wohnung der Landwirtsfamilie und die betrieblichen Anlagen wie die automatischen Melkmaschinen mit Strom versorgen könne. „Solange wir Diesel haben, könnten wir uns damit versorgen. Wenn der Diesel ausgeht, haben wir ein Problem.“ In Sachen Notstromaggregate hätten sich mehrere Landwirte bei der Bestellung zusammengeschlossen, aber noch nicht alle seien beliefert worden. „Wir gehen davon aus, dass wir es in diesem Jahr noch bekommen.“ Denn auch die Wasserversorgung des Hofes laufe über Strom. Alterauge: „Wir haben eine eigene Wasserversorgung, und ohne Strom funktioniert auch unsere Brunnenpumpe nicht. Da hängt von der Toilettenspülung über die Dusche bis hin zur Viehtränke alles dran.“
Seniorenhäuser
Ronald Buchmann, Manager der Seniorenhäuser der Gesellschaft der Franziskanerinnen im Kreis Olpe (GFO), antwortete auf die Frage, ob er den Blackout-Notfallplan in der Schublade habe: „In der Schublade nicht mehr, wir haben ihn schon rausgeholt. Wir sind dabei, wenn der Markt es noch hergibt, alle Seniorenheime mit Notstrom-Aggregaten auszurüsten.“ Häuser mit bis zu 70 Plätzen könnten vermutlich mit einem Aggregat versorgt werden, größere Einrichtungen bräuchten mindestens zwei, eher drei. Für sämtliche Senioreneinrichtungen im Kreis Olpe benötige allein die GFO rund 13 Aggregate, kreisübergreifend spreche man von über 60.
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„Wir haben Anbieter, die eine Lieferung in vier bis fünf Wochen signalisiert haben. Da wir davon ausgehen, dass ein Blackout, wenn es denn tatsächlich dazu kommen sollte, frühestens Ende Januar, Anfang Februar kommen sollte, müsste es zeitlich auf jeden Fall reichen.“ Darüber hinaus gebe es interne Maßnahmen. Da gehe es um Funkgeräte für die Mitarbeiter, damit sie Kontakt halten könnten. „60 Prozent unserer Häuser haben sie schon angeschafft, der Rest ist jetzt dazu verpflichtet. Bisher war das nur eine Empfehlung.“ Für eine batteriebetriebene Notbeleuchtung sei ebenso gesorgt wie für Essensvorräte für einige Tage. Sollte es tatsächlich zum Blackout kommen, ist sich Buchmann sicher, „wird vor Ort umfangreich improvisiert.“
Industrie
Dr. Christopher Grünewald, Chef der Papierfabrik Gebrüder Grünewald in Kirchhundem-Hofolpe, erklärt: „Unser Energiebedarf ist so groß, dass wir ohne externen Strom nicht produzieren können. Unser Notstrom-Aggregat gewährleistet lediglich die Beleuchtung, damit sich die Mitarbeiter in den Gebäuden sicher bewegen können und den Brandschutz, indem die Wasserpumpen funktionsfähig bleiben. Selbst bei kurzfristigen Spannungsschwankungen, den sogenannten ,Netzwischern’, würde die Papiermaschine mit ihren großen bewegten Massen automatisch heruntergefahren. Die Anlage muss dann aufwendig gereinigt werden, bevor die Produktion fortgesetzt werden kann. Kleinste Störungen der Stromversorgung treffen uns also spürbar.“ Die Wahrscheinlichkeit solcher Störungen würde bei einer Stromknappheit, so Grünewald, deutlich ansteigen: „Das führt zu wirtschaftlichen Schäden bei uns, noch bevor ein völliger Blackout eintritt.“
Lebensmittelmarkt
Ein kompletter Stromausfall hätte für die Kunden der Dornseifer-Frischemärkte im Kreis Olpe gravierende Folgen, sie würden vermutlich vor verschlossenen Türen stehen. Denn: „Wir können uns in unserer Branche kaum auf einen Blackout vorbereiten. Wenn der Strom weg ist, müssen wir unsere Läden wohl schließen“, redet Geschäftsführer Jörg Dornseifer nicht lange um den heißen Brei herum.
Tankstellen
Christoph Theile-Schürholz (72), Seniorchef der Großtankstelle in Drolshagen-Köbbinghausen an der A 45: „Wir werden zu dem Thema noch Gespräche mit der Kreisverwaltung Olpe führen. Der Kreis ist bereits an uns herangetreten. Derzeit sind wir auf einen Blackout nicht vorbereitet.“ Strom sei für den Tankstellenbetrieb lebensnotwendig: „Allen voran die Zapfsäulen benötigen ja Strom für die Motoren und Pumpe. Aber auch für die Befüllung unserer Tankwagen ist Strom nötig. Wir beliefern auch Großkunden wie Firmen, Spediteure oder Landwirte.“
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Dazu komme die umfangreiche Beleuchtung des gesamten Areals, die die ganze Nacht angeschaltet sei. Darüber hinaus alle Kühlgeräte im Shop, das Kassensystem und so weiter. „Ohne Strom läuft bei uns nichts mehr.“ Ein Notstromaggregat für den privaten Gebrauch besitze er zwar, aber die gesamte Tankstellen-Anlage verbrauche pro Jahr rund 100.000 Kilowattstunden Strom, also durchschnittlich rund 8.500 kWh pro Monat.
Feuerwehr
Natürlich beschäftigen sich auch die Feuerwehren im Kreis Olpe mit dem Szenario. Das zeigt das Beispiel der Attendorner Wehr. Was passiert, wenn während eines Blackouts ein großes Feuer irgendwo im Repetal ausbricht? Tobias Bock, Chef der Attendorner Wehr, beruhigt: Seine Kameraden würden selbstverständlich in gewohnter Art und Weise vor Ort sein. „Wir bereiten uns derzeit sehr intensiv, übrigens in Absprache mit den anderen Feuerwehren, auf diesen Ernstfall vor.“ Was im Attendorner Fall konkret bedeutet: Alle Gerätehäuser im Stadtgebiet würden mit einer personellen Notbesetzung ausgestattet, die Kommunikation würde wie in alten Zeiten analog vonstatten gehen und schon jetzt hat Bock die Devise ausgegeben: Alle Feuerwehr-Autos müssen voll getankt in den Häusern stehen. Mit dem Bauhof habe Bock schon gesprochen, um im Notfall genügend Treibstoff zu bekommen – dort gibt es einen Vorrat.
Dirk Nebeling, Feuerwehrchef in Drolshagen: „Wir haben in den Brandschutzbedarfsplan 2020 zwei Notstromaggregate mit reingenommen und sie sowohl für unser Gerätehaus in Drolshagen, als auch in Iseringhausen angeschafft.“ Die Aggregate hätten je eine Leistung von 67 Kilovolt Ampere und könnten den Betrieb der Feuerwehrwachen gewährleisten.
Bigge Energie
Ingo Ehrhardt, Geschäftsführer der Bigge Energie, klärt zur Frage auf, welche Rolle das Wasserkraftwerk am Biggesee beim Strom-Blackout spielen könnte: „Wie sich das manche denken, einfach das Wasserkraftwerk anwerfen, und genügend Strom ist da – das funktioniert leider nicht. Die Leistung des Wasserkraftwerkes beträgt 15 Megawatt. Und je nach Jahreszeit benötigen wir für unser Netzgebiet zwischen 90 und 100 Megawatt, also mindestens sechsmal so viel. Darüber hinaus benötigen die Generatoren Fremdstrom, um ihren Dienst tun zu können.“ Nach einem Blackout würde die Stromerzeugung erst einmal abreißen. Damit das Wasserkraftwerk wieder angeworfen werden könnte, müssten die Generatoren zunächst mit Notstromaggregaten wieder angefahren werden.
Zum grundsätzlichen Thema Blackout erklärte Ehrhardt: „Wir haben sechs Übergabepunkte, also Umspannwerke – in Drolshagen, Rüblinghausen, am Bahnhof in Olpe, am Biggekraftwerk, in Hünsborn und in Attendorn-Ennest. Der Strom dorthin kommt von überall her, ist immer ein Mix – von Windkraft- und Photovoltaikanlagen, Atom-, Wasser und Kohlekraftwerken. Das Problem beim elektrischen Strom ist einfach zu erklären. Es muss immer genauso viel Strom im Netz vorhanden sein wie verbraucht wird. Wenn mehr verbraucht als erzeugt wird, gehen die Spannung und die Frequenz runter. Dann werden in Deutschland die 38 Gaskraftwerke angeworfen, um dem entgegen zu wirken. Sollte nicht genügend Gas vorhanden sein, um das Stromnetz zu stabilisieren, haben wir ein Problem.“