Hagen-Boele. . Sehen kann er die Unterlagen der Fernuniversität nicht. Lesen sehr wohl. Dominic Schnettler ist blind. Und studiert an der Fernuniversität in Hagen Soziologie.

Dominic Schnettlers Herz schlägt für den BVB. Seine Wohnung ist entsprechend ausstaffiert, er trägt einen schwarz-gelben Pulli. Doch der 29-Jährige ist seit seinem siebten Lebensjahr blind. Von Farben hat er noch eine Vorstellung, die Farbkombination des BVB trägt er sowieso im Herzen. Bei jedem Heimspiel steht der Hagener auf der Südtribüne im Dortmunder Westfalenstadion, „um diese einzigartige Atmosphäre zu fühlen“.

Im Studium allerdings hat ihm diese Leidenschaft ausgerechnet in der Bachelor-Arbeit keine besonders gute Note beschert. „Ich habe Struktur und Aktivitäten von Fußballfans am Beispiel der Anhänger von Borussia Dortmund untersucht. Es gab leider nicht die erhoffte Bestnote“, sagt Schnettler. „Die beste Arbeit habe ich bisher über den Soziologen Niklas Luhmann geschrieben.“ Dominic Schnettler studiert an der Fernuniversität in Hagen seit dem Wintersemester 2005/06 Kulturwissenschaften, inzwischen im Masterstudiengang.

Materialien in Blindenschrift

Ursprünglich wollte sich Schnettler für Journalistik an der TU Dortmund einschreiben, aber der Numerus Clausus war zu hoch. „Als Alternative bin ich dann auf die Fernuni gestoßen und wusste zunächst nicht genau, was mich erwartet“, erinnert sich Schnettler. Aber: „Das Studium war sehr schnell interessant, vor allem die Soziologie.“ Dank des Arbeitsbereichs Audiotaktile Medien an der Fernuniversität, der Studienmaterialien in Blindenschrift, Großdruck oder Audio-Dateien umsetzt, konnte Schnettler direkt einsteigen.

Barrierefrei sind für Dominic Schnettler Prüfungen. Die mündlichen legt er auf dem Campus selbst ab. Hausarbeiten sind kein Thema und Klausuren kann er unter Aufsicht sogar zu Hause schreiben. Der Kontakt zur Fernuni oder zu Mitstudierenden läuft ohnehin online.

Besuch des Albrecht-Dürer-Gymnasiums

Die Grundschule besuchte Dominic Schnettler in Soest, es war eine besondere Fördereinrichtung für blinde Kinder. Aufs Gymnasium wollte er in Hagen gehen. „Ich war wahrscheinlich damals der zweite Inkludierte an einer Regelschule in Hagen überhaupt“, meint Schnettler rückblickend. Das Lehrerkollegium am Albrecht-Dürer-Gymnasium, das den Jungen 1996 aufnahm, engagierte sich überdurchschnittlich. Dominic Schnettler kann heute noch namentlich benennen, welche Lehrer eigens Braille-Schrift für ihn lernten. „Für meinen Mathe- und Physiklehrer war das eine besondere Herausforderung.“ Seit Sommer 2013 läuft nun sein Master-Studium Soziologie an der Fernuniversität.