Hagen/Iserlohn.. Professoren sind in der Musik nichts Ungewöhnliches. Professor Alfred Endres ist dennoch eine Besonderheit: Weil er Wirtschaftstheorie an der Fernuni Hagen lehrt. Und abends immer öfter wieder die kraftvolle Blues-Stimme röhren lässt. Und damit anknüpft an seine Zeit als deutscher Vize-Beatmeister 1967.
Professoren sind in der Musik nichts Ungewöhnliches. In der Klassik sowieso. Aber es gab auch Professor Bop alias Götz Alsmann, oder Professor Longhair (Henry Byrd, 1918-1980), den Mardi-Gras-Klassiker aus New Orleans. Professor Alfred Endres ist dennoch eine Besonderheit: Weil er Wirtschaftstheorie an der Fernuni Hagen lehrt. Und abends immer öfter wieder die kraftvolle Blues-Stimme röhren lässt. Und damit anknüpft an seine Zeit als deutscher Vize-Beatmeister 1967.
Doch, das gab es wirklich: Beat-Meisterschaften. Für die Jüngeren: Beat nannte man damals, was später Rock hieß. So entstanden die Beatles und der Beat-Club. Und Alfred Endres, Jahrgang 1950, war „wie von einem Donnerschlag berührt“, als 1962 die Beatles kamen: „Das war meine Musik.“
The Concentric Movement
Er tat, was viele taten: eine Schüler-Band gründen. In Bonn. „The Unknowns“, die Unbekannten. Das blieben sie. Aber als „The Concentric Movement“ mit Endres als Leadsänger gab es schöne Erfolgen bei Konzerten, im Radio und eben Platz 2 beim Beat-Bundesentscheid in Düsseldorf. Und jetzt zieht er wieder los. Mit der Power-Stimme und dem Sound der 60er.
Aber was ist, wenn man die Karriere als Wirtschaftswissenschaftler jetzt einfach mal beiseite lässt, dazwischen schiefgelaufen? „Bis 1971 haben wir zusammengespielt“, erinnert sich der 63-Jährige in seinem Haus in Iserlohn. „Dann gab es die üblichen Konflikte: Die einen wollten richtig professionell werden. Die anderen konzentrierten sich auf Beruf und Studium. Man muss sich entscheiden, dachte ich damals. Wir trennten uns.“
Alfred Endres machte Schluss mit der Musik. Komplett. Man kann es kaum glauben, wenn er seine Versionen von Eric-Burdon- und Beatles-Stücken, von Clapton-, Cohen- und Rod-Stewart-Titeln zum Besten gibt, keine oldiemäßigen Coverversionen, sondern am Leben gereifte, persönliche Interpretationen. Aber 20 Jahre lang war da: nichts. „Wahrscheinlich war meine Arbeit zu ausfüllend“, meint er rückblickend. Aber dann erwachte wieder „die Sehnsucht nach der unmittelbaren Emotionalität“. Er stellte fest: „Ich kann das noch.“ Er sang und spielte Freunden vor. Er gestaltete Kunst-Vernissagen, musikalisch, trat nach und nach wieder an die Öffentlichkeit. Vor einem Jahr in der Hagenring-Galerie. Man kam auf ihn zu: Ob er auch ein abendfüllendes Programm drauf hätte? „Locker.“ So lief es an.
Solo ist flexibler
Wobei die Stimme fast zu viel ist für die Begleitung auf der akustischen Gitarre. Schreit die nicht nach verstärktem Sound? „Ich würde gerne mal wieder mit einer Band spielen“, sagt der Professor. „Dann hätte ich auch die Hände frei für den besseren Ausdruck auf der Bühne. Aber alleine bin ich zeitlich eben flexibler.“
Obwohl sich inzwischen eine ganz neue Form der Zusammenarbeit entwickelt hat. Mit dem Fernuni-Kollegen Frank Hillebrandt. Der Soziologie-Professor forscht über den Einfluss der Rockmusik auf die Gesellschaft. Das sah Endres auf der Uni-Heimseite, schrieb eine Mail, man traf sich, man verstand sich. Hillebrandts Vortrag bei der Coesfelder Bürgeruni begleitete Endres im Herbst mit praktischen Beispielen. Im März in Arnsberg noch einmal. Endres ist selbst erstaunt: „Dass zwei Professoren verschiedener Fakultäten überhaupt miteinander reden, ist doch schon ungewöhnlich genug.“ Er mag die Verbindung. Theorie und Praxis.
Was auch praktisch ist: Seine Frisur aus der Beat-Zeit hat er fast unverändert beibehalten. Warum? „In den 60ern wurde man wegen langer Haare so angefeindet, dass ich später keinen Grund sah, das wieder zu ändern.“ War also nicht alles toll damals. Aber die Musik bleibt. Zeitgemäß gestaltet. Aus voller Röhre.