Hagen. Das monumentale Meisterstück aus der Werkstatt des Berliner Bildhauers Fritz Kühn (1910 bis 1967) nahm einst die gesamte Hauptsichtwand des Ratssaales im ehemaligen Hagener Rathaus ein. Nun soll es in den Elbershallen einen Platz finden.

Es ist eine Wandgestaltung der Superlative. Nicht vom Bekanntheitsgrad her, die Galaktische Stahlwand ist sogar in Vergessenheit geraten. Aber Ausmaße hat sie, mit denen sich andere Kunstwerke schwerlich messen können: 22,4 Meter in der Breite, 5,60 Meter in der Höhe – einst nahm das Meisterstück aus der Werkstatt des Berliner Bildhauers Fritz Kühn (1910 bis 1967) die gesamte Hauptsichtwand des Ratssaales im ehemaligen Hagener Rathaus ein. Das Universum, das die an rotierende Himmelskörper und galaktische Nebel erinnernden Formen simulierten, sollte den Damen und Herren Stadtverordneten bei ihrem Tun stets ins Bewusstsein rufen, dass sie bei ihren Entscheidungen Weitblick und Einsicht zu zeigen hätten.

Ob das den Hagener Politikern immer gelungen ist, wollen wir mal dahingestellt lassen. Auf die Galaktische Stahlwand können sie ihren Blick heutzutage nicht mehr richten. Das Kunstwerk wurde vor 14 Jahren, beim Abriss des alten Rathauses, demontiert und verschwand in der Mottenkiste. Die 196 geätzten und geschliffenen Edelstahlplatten, jede 78 mal 78 Zentimeter groß, lagern im Keller des einstigen Busdepots in Oberhagen. Und warten auf ihre Wiederkehr. . .

Ministerium schaltete sich ein

Beinahe wäre das gigantische Werk vollkommen zerstört worden. Jürgen Thormählen (Grüne), stellvertretender Bürgermeister im Bezirk Mitte, berichtet, der damalige Oberbürgermeister Dietmar Thieser (SPD) habe die Installation, die mittels Stahlschienen an der Ratssaalwand befestigt war, stillschweigend mitabreißen und im Bauschutt entsorgen lassen wollen: „Das war einer der Gründe, warum ich in die Politik gegangen bin.“

Suche nach Einbauort

Thormählen wandte sich seinerzeit an den Petitionsausschuss des Düsseldorfer Landtages und das Westfälische Denkmalamt in Münster. Mit Erfolg. Schließlich wies das Landesbauministerium die Stadt Hagen an, die Galaktische Wand sowie weitere Kunstwerke vor dem Abriss des Rathauses in Sicherheit zu bringen. Kurz darauf wurde die Stahlwand sogar unter Denkmalschutz gestellt.

Aus den Augen, aus dem Sinn. Seitdem schlummern die Platten in Kisten – trotz des Denkmalschutzes, trotz der seinerzeit formulierten politischen Absicht, sie an einem geeigneten Einbauort wieder zu einem Ensemble zusammenzufügen. Im neuen Ratssaal an der Volme ist kein Platz für ein Werk von solchen Dimensionen, zumal böse Zungen behaupten, die Ratsmitglieder wollten nicht ständig mit solchen Herausforderungen wie Weitblick und Einsicht konfrontiert werden.

Kunst nur im Ratssaal?

Nur Jürgen Thormählen kämpft noch immer für das vergessene Opus magnus: „Leider drängt sich mir der Eindruck auf, dass die künstlerische Bedeutung dieses Besitzes nicht erkannt wird.“ Eine Beamtin der verantwortlichen Abteilung im Rathaus habe sogar unterstellt, dass die 1965 geschaffene Stahlwand nur im alten Ratssaal ein Kunstwerk gewesen sei und heute lediglich Baumaterial darstelle.

Für Kunstfreund Thormählen („Ich bin empört“) sind solche Äußerungen Blasphemie. Zumal sich die Rückkehr der Wand an das Licht der Öffentlichkeit abzeichnet. Die Stadt verhandelt derzeit mit den Besitzern des Freizeitareals im Elbersgelände, ob die Galaktische Stahlwand nicht im Durchgang zum dortigen Parkhaus aufgehängt werden könnte. Eine Spezialbeschichtung soll verhindern, dass Sprayer die Wand mit Graffiti verunzieren können. „Es sieht so aus, als hätten wir eine Lösung gefunden“, so Christine Grebe, Leiterin des Fachbereichs Sonderprojekte im Hagener Rathaus.

Bewegliches Denkmal

Schließlich ist Weitblick bisweilen auch bei der Anmache in der Disko oder beim Bowlen vonnöten. Und Hagen würde mit dem beweglichen Denkmal sein Renommee als Stadt der Kunst unterstreichen.