Hagen. Im Stadtrat hat die SPD derzeit den höchsten Frauenanteil in ihrer Fraktion. Doch ob das nach der Wahl so bleibt, ist offen. bei den Kandidaturen für die Bezirksvertretungen kann die 40-Prozent-Quote sogar oft nicht erfüllt werden. In den anderen Parteien sieht es oft nicht besser aus. Hagens Politik ist männerdominiert.

Platz 67 von 79 – es ist ein schlechter Platz den Hagens Kommunalpolitik in Sachen Frauenbeteiligung beim Vergleich von Großstädten über 100.000 Einwohner einnimmt. Die Fernuniversität Hagen hat diese deutschlandweite Untersuchung im Auftrag der grünen Heinrich-Böll-Stiftung aktuell veröffentlicht und sowohl den Anteil der weiblichen Ratsmitglieder als auch der Frauen in Führungspositionen wie (Ober-)Bürgermeister-Amt, Fraktionsvorsitz, Dezernenten und Ausschussvorsitzende bei dem so genannten „Gender-Ranking” berücksichtigt.

Schon jetzt scheint klar: Hagens SPD wird bei der Wahl im Mai 2014 nicht sonderlich dabei helfen, dass der Frauenanteil in Rat und Bezirksvertretungen steigen wird – und das im Jahr 25 nach der Einführung der parteiinternen Quote bei der SPD. An all dem wird sich wohl auch nichts durch die Querelen um die Wahl der Delegierten für den Nominierungsparteitag und dessen Verschiebung von Dezember auf Februar ändern: Denn trotz alledem gelten die Mehrheiten für folgenden Konstellationen als sicher:

Für den Stadtrat

Der Vorschlag des Unterbezirksvorstands für die stadtweite Delegiertenversammlung Anfang Februar ergibt auf den ersten Blick ein gutes Bild aus Frauen-Sicht. Angeführt wird die Reserveliste zwar von Fraktionschef Mark Krippner. Dann folgt aber mit Nesrin Öcal eine Frau und abwechselnd geht es zwischen Männern und Frauen auch weiter.

Fernuni untersucht bundesweit Großstädte

Beim dritten Genderranking deutscher Großstädte, das die Heinrich-Böll-Stiftung bei der Fernuni Hagen in Auftrag gegeben hat, gewann diesmal die Stadt Trier. Dort sind im Stadtrat 45,5 Prozent Frauen vertreten, was daran liegt, dass die Quotenparteien SPD und Grüne ihr Soll übererfüllen. Die Hälfte der Fraktionsvorsitze und zwei Drittel der Dezernate sind in weiblicher Hand.

Mehr Informationen und die gesamte Studie unter: www.boell.de/de/genderranking-2013

Doch Birgit Buchholz, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), ist trotzdem nicht glücklich. Denn die aufgestellte Liste wird voraussichtlich nicht weit ziehen: Die der SPD zustehenden Ratsmandate belegen zunächst die Kandidaten, die ihre Wahlkreise direkt gewonnen haben. „Und da ist es nun mal so, dass in vielen Wahlkreisen, die für die SPD als sicher gelten, Männer als Direktkandidaten aufgestellt worden sind”, sagt Birgit Buchholz.

Sie fürchtet, dass die derzeitige Quote bei der SPD von 40 Prozent (von 17 Ratsmitgliedern sind sieben Frauen) im Mai nicht wieder eingehalten wird. Am Ende könnten es gerade einmal vier sein, so ihre pessimistische Rechnung. Zumal mit Uschi Metz in Wehringhausen und Sybille Klos-Eckermann in Vorhalle zwei Ratsmitglieder in aussichtsreichen Wahlkreisen nicht wieder aufgestellt worden sind.

Bezirksvertretung Haspe

Mit Dietmar Thieser ist ein Mann für das Amt des Hasper Bezirksbürgermeisters nominiert worden. Die Plätze 2 und 4 auf der Liste sind zwar mit Frauen besetzt, die nächste folgt dann aber erst auf Platz 10.

Bezirksvertretung Eilpe/Dahl

Auch hier steht mit Michael Dahme ein Mann an der Spitze. Es gibt ohnehin nur zwei Frauen auf der Liste – auf den Plätzen 5 und 9. SPD-Unterbezirksvorsitzender Timo Schisanowski sieht in Hagens Süden trotzdem keine reine Männer-Bastion: „In Eilpe/Dahl gibt es drei Wahlkreise für den Rat und in einem kandidiert eine Frau mit guten Aussichten.”

Bezirksvertretung Mitte

Mit Arno Lohmann kandidiert ebenfalls ein Mann für das Bezirksbürgermeisteramt. Auf der Reserveliste stehen hier aber – zumindest bis Platz 13 – abwechselnd ein Mann und eine Frau.

Bezirksvertretung Nord

Wie viele Frauen nominieren die anderen Parteien?

Was machen die anderen derzeit im Rat in Fraktionsstärke vertretenen Parteien? Werden sie dafür sorgen, dass sich die Frauenquote in Rat und Bezirksvertretungen erhöht? Ein Überblick:

Die CDU macht es spannend: Sie hat noch keine Kandidaten für das Stadtgebiet nominiert. Auch aus den einzelnen Ortsvereinen sind noch keine Nominierungen bekannt. Die Union müsste ihre derzeitige Quote aber sehr steigern: Derzeit sind 5 von 20 CDU-Ratsmitgliedern Frauen. Der Fraktionsvorsitz und die Stellvertreterposten sind in Männerhand, ebenso der Kreisvorsitz und das Bürgermeisteramt. Der derzeitige CDU-Oberbürgermeister ist ein Mann. Über die künftige OB-Kandidatur ist noch nicht entschieden.

Die Grünen konnten zuletzt nicht ihr eigenes Ziel, mindestens die Hälfte der Mandate mit Frauen zu besetzen, erfüllen. Mit Barbara Richter (Bild) haben die Grünen nun aber eine Frau auf Platz 1 der Liste gewählt. Von den ersten sieben Listenplätzen (für kleine Parteien sind diese entscheidend) sind vier mit Frauen besetzt. Bei den Listen für die Bezirksvertretungen ergibt sich indes ein unterschiedliches Bild: In Hohenlimburg sind drei von sechs Plätzen mit Frauen besetzt. Für die Bezirksvertretung Nord hingegen ist nur eine von sechs Kandidaten eine Frau. Für die Bezirksvertretung Haspe sind derzeit nur drei Männer vorgeschlagen, die anderen drei Plätze sind aber noch für Frauen freigehalten. In Mitte sind auch nur drei von elf Plätzen auf der Reserveliste mit Frauen besetzt - auf Platz zwei hat Hildegund Kingreen aber gute Chancen. Für die Bezirksvertretung Eilpe/Dahl müssen noch Kandidaten gewählt werden.

Die FDP hat ihre Kandidaten noch nicht nominiert, das wird erst im Laufe des Januars geschehen. Kreisvorsitzender Ulrich Alda geht aber davon aus, dass „ein Drittel bis die Hälfte” der aussichtsreichen Plätze für den Rat mit Frauen besetzt wird und dass in allen Bezirksvertretungen Frauen Chancen haben: „Wo Frauen kandidieren, werden sie aussichtsreich platziert.”

Bei Hagen Aktiv geht mit Dr. Josef Bücker ein Mann als Spitzenkandidat ins Rennen. Auf den ersten sieben Plätzen der Wahlliste gibt es nur eine einzige Frau: Karin Nigbur-Martini (Foto). Besser sieht die Frauenquote auf den hinteren Plätze aus: Schaut man auf die Gesamtliste für den Rat (die aber weiter hinten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht „ziehen“ wird), dann sind von 30 Nominierungen 15 Frauen. Bei den nominierten Direktkandidaten gibt es sogar 15 Frauen, aber nur 14 Männer. Nichtsdestotrotz: Die neue Hagen-Aktiv-Fraktion wird wohl männerdominiert sein. Beim Blick auf die Bezirksvertretungen ergibt sich folgendes Bild: In Mitte sind sieben Frauen nominiert, aber nur drei Männer. Im Bezirk Nord dominieren dagegen die Männer: Hier ist unter den neun Nominierungen nur eine Frau. Für die Bezirksvertretung Hohenlimburg sind vier Frauen und vier Männer nominiert, für Eilpe/Dahl vier Männer und drei Frauen. Für die BV Haspe treten sechs Männer und zwei Frauen an.

Für die Bezirksvertretung Nord war eigentlich eine bessere Frauen-Platzierung vorgesehen. Doch dann gab es zunächst ein Männer-Duell um Platz 1 auf der Liste und somit um die Kandidatur für das Bezirksbürgermeister-Amt: Andreas Schumann trat gegen Günter Mosch an. Das Ergebnis: Schumann gewann, Mosch wurde letztlich auf Platz 2 gewählt. Für den zweiten Platz war eigentlich eine Frau vorgesehen. Hier gab es aber ein „Frauen-Duell”: Angelika Kepp gegen Ina Maike Stammer. Ergebnis: Keine von beiden landete dort, stattdessen wurde Stammer bis Platz 6 durchgereicht, Kepp wurde nur Ersatzkandidatin.

Bezirksvertr. Hohenlimburg

Für die Bezirksvertretung Hohenlimburg gibt es bei 13 Plätzen auf der Wahlliste nur drei Frauen (auf den Plätzen 6, 9 und 12). Mark Krippner ist Kandidat für den Bezirksbürgermeister. Aber auch hier betont Timo Schisanowski, dass es interessierte Frauen wohl eher direkt in den Stadtrat zieht: „In Hohenlimburg kandidieren in zwei von vier Wahlkreisen Frauen – auch hier mit guten Aussichten. Das ist vorbildlich.”

Abgeordnete, Dezernenten

Der Vollständigkeit halber: Alle SPD-Abgeordneten in Bund und Land sind Männer (René Röspel, Wolfgang Jörg, Hubertus Kramer), gleiches gilt für die einflussreichen Beigeordneten in der Stadtverwaltung, die auf „SPD-Ticket” ihr Amt bekommen haben. Auch der Favorit für die Nachfolge von Christian Schmidt als Sozial- und Schuldezernent war mit Thomas Michel ein Mann. Dass nun mit Christine Kaufmann überraschenderweise doch eine Frau gewählt wurde, geschah gegen den ausdrücklichen Willen der SPD-Spitze. Die meisten Ortsvereinsvorsitzenden der Hagener SPD sind Männer, die Vorsitzenden von Fraktion und Unterbezirk sind Männer. Mit Nesrin Öcal wurde aber eine Frau als Europa-Kandidatin nominiert und die OB-Kandidatur ist noch nicht entschieden.