Hagen. . Ein „Kleiner grüner Kaktus“ lockte ein Riesenpublikum ins Theater Hagen. Das Staatssinfonieorchester Kaliningrad unter der Leitung von Arkadi Feldman und die Comedian Harmonists massierten kräftig das Zwerchfell und ließen Lachtränen wie Tränen der Rührung fließen.
Christoph Scheeben, Sänger in der Gruppe und Moderator, hat schon vor sechs Jahren mit dem Dirigenten zusammengearbeitet. Dessen Trinkspruch nach einer gelungenen Aufführung in Königsberg gilt als Maxime für Musiker und Zuhörer: „Trinken wir auf die Musik, sie ist Sprache des Herzens, versteht sie jeder, ist es gelebte Freundschaft“.
Als Ouvertüre setzte er eine Filmmusik von Dunajewski an den Anfang des Konzerts, in der nach ausdrucksvollen Dialogen zwischen den Instrumentengruppen Blechbläser und Schlagzeug hochdramatische Akzente setzten. Schostakowitsch stellte sich mit der zauberhaft zarten Romanze aus einer Filmmusik vor.
Exzellente Orchesterarbeit
Die Ambivalenz des „Amphibienmenschen“, der unter Wasser wie auch an Land leben kann, interpretierte der Komponist Petrow durch sanft wie Fischleiber sich schlängelnde Streicher-Linien und wie Wasser gluckernde Harfenarpeggien und im Kontrast dazu mit einem temperamentvollen Volkstanz: durch exzellente Orchesterarbeit plastische Bilder zeichnende Filmmusik.
Mit Hintergrundklängen und dezentem Schlagzeug unterstützten die Instrumentalisten im Arrangement von Feldman auch oft die Sänger. Ihr „Standardbegleiter“ am Flügel war Andres Reukauf. Jan-Andreas Kemna, Björn Christian Kuhn, Orlando Mason, Richard van Gemert und Christoph Scheeben ließen die berühmten „Comedian Harmonists“ der 1920er Jahre in Berlin auferstehen.
Comedian Harmonists im Stadtheater
Ihre Stimmen ergänzten sich in perfektem Zusammenklang, „schräge“ Harmonien schufen Spannung, agogische Verzögerungen und kleine Melismen, manchmal fast in Leierkastenmanier, betonten Höhepunkte, fetzige Rhythmen trieben den Serotoninspiegel des Publikums in die Höhe.
Gewiefter Eroberer der Frauen
Schnelle Tonsilben zu Solo-Partien wirkten wie ein apartes Spezial-Orchester. Die Männer im Frack gaben sich in Sound und Gestik als gewiefte Eroberer der Frauen: „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“, trocken kommentiert: „Aber nicht vor den Leuten“.
Kleine Glissando-Schluchzer ließen die Herzen dahin schmelzen: „Gib mir den letzten Abschiedskuss.“ Feurige Spanier in roten Jacken flehten: „Isabella, komm zurück nach Spanien“ mit Kastagnettenklang aus dem Orchester. In einer szenischen Darstellung, die den ersten Preis bei einem Filmfestival verdient hätte, richteten sich die Sänger aus schlaff hängenden Figuren bei dem Couplet der „Puppenhochzeit“ zur Geisterstunde auf zu Geschöpfen mit hölzern-künstlichen Bewegungen.
„Wochenend und Sonnenschein“ rief nostalgische Gefühle wach: „Im grünen Wald nur ich und du“, eindeutig zweideutiger Zeitvertreib, nicht gestört von Joggern oder Mountain Bikern. „Mein kleiner grüner Kaktus“ soll nach den heutigen Ansprüchen nicht auf dem Balkon, sondern in seinem Ursprungsland bewundert werden. Die launige Moderation von Scheeben durch das Programm war gespickt mit Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse der Musiker in Russland. Völkerverbindend sind auch die von ihm zitierten Schwiegermutterwitze, dem begeisterten Publikum ein willkommenes Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.