Hagen. Im Vorfeld des Sinfoniekonzertes in der Stadthalle Hagen beschreibt der Düsseldorfer Komponist Manfred Trojahn die Intention seiner Arbeit.

Eines der Werke des Düsseldorfer Komponisten Manfred Trojahn wird am Mittwochabend beim Sinfoniekonzert in der Stadthalleb Hagen aufgeführt.

Sie werden dabei sein, wenn im Sinfoniekonzert Ihre Komposition „Mit durchscheinender Melancholie“ aufgeführt wird. Was bedeutet es für Sie, die Aufführung eines Ihrer Werke mitzuerleben?

Manfred Trojahn: Inzwischen ist das Alltag, und so etwas wie Lampenfieber habe ich nie gehabt. Wirklich spannend ist für mich allerdings die Frage, wie die Leute darauf ­reagieren.

In besagtem Orchesterwerk porträtieren Sie Johannes Brahms. Wie kam es zu dieser Idee?

Trojahn: Das war ein Kompositionsauftrag von den Hamburger Symphonikern anlässlich des Brahms-Jahres 1997. Mittlerweile bin ich hin und wieder gebeten worden, solche Bezüge zu älteren Kollegen herzustellen, und irgendwann musste ich dann anfangen auszuwählen und sagen, dass mir auch nicht zu jedem etwas einfällt.

Aber zu Brahms ist Ihnen etwas eingefallen.

Trojahn: Damals lebte ich in Hamburg. Ich erinnere mich, dass ich immer an einem alten Backsteinhaus vorbeifuhr. Irgendwann war klar, dass der Bewohner gestorben war, da wohnte keiner mehr. Das Haus wurde abgerissen, um dort etwas Größeres zu bauen. Da hatte ich etwas gefunden, von dem ich erzählen konnte. Ich habe dann in den Liedern von Brahms gesucht und das Lied „Ich sah als Knabe Blumen blühn“ gefunden, das eben dieses nostalgische Gefühl für das Vergangene vermittelt, und ich begann, es aus ganz verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.

Sie sind vielfach für Ihre Arbeit ausgezeichnet worden und gehören zu den anerkanntesten Komponisten unserer Zeit. Dennoch können Sie sicher auch beobachten, dass sich viele Leute mit der „Neuen Musik“ schwer tun. Würden Analysen und Erläuterungen den Leuten vielleicht bei der Rezeption helfen?

Trojahn: Nein, das denke ich nicht, denn wenn ich analysiere, muss dies in der Fachsprache geschehen, und die verstehen die meisten Zuhörer nicht. Es ist auch vollkommen unwesentlich, diese Fachsprache zu beherrschen – nur für Musiker ist sie interessant. Genauso ist es ja vollkommen uninteressant, beim Betrachten eines Bildes die Farben zu analysieren oder beim Kauf anständiger Schuhe zu wissen, wie man solche herstellt. Es ist wichtig, eine gute Arbeit von einer weniger guten unterscheiden zu können. Und ich denke, es ist allemal interessanter, möglichst viel vom ­Leben des Komponisten zu wissen. Was hat der für Begegnungen? Wieso kommt plötzlich eine Phase mit Klaviermusik? Da muss doch eine Mieze dahinterstecken! (lacht).

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Von Anne Bolsmann

An der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf unterrichten Sie den Nachwuchs. Welche aktuellen Tendenzen beobachten Sie? Wie gestaltet sich zum Beispiel der Umgang mit Tonalität heute? Ist sie weiterhin ein rotes Tuch?

Trojahn: Nein. Tonalität muss man oft kritisieren, weil sie zu unbefangen eingesetzt wird, aber andererseits müssen wir uns mal klar machen, was wirklich Sache ist: Wenn man irgendwo in klugen Büchern feststellt, dass die Tonalität mit Wagners „Tristan“ an ihre Grenzen stößt, ist das ja eine lobenswerte Feststellung. Das Problem ist nur, dass Tonalität für den Hörer bis heute vollkommen unbefragt erhalten bleibt. Wenn Sie einen Hörer fragen: „Was ist Musik für dich?“, fällt die Wahl immer auf tonale Musik. Wenn Sie einen wilden Strukturalisten beobachten, wie er im Wald joggt und vor sich hin pfeift, pfeift der nichts Atonales. Und das sollte uns doch zu denken geben.