Hagen-Dahl. . Dem Rentner Heinz Böhm ist in Hagen-Dahl eine Taube zugeflogen. Soweit, so unspektakulär. Aber seitdem der Senior den Vogel gefüttert hat, verhält sich der wie ein Hund und folgt ihm überall hin. Böhm hat die außergewöhnliche Taube Elsbeth getauft. Eine tierisch verrückte Geschichte.

Elsbeth war eines Morgens vor zwei Wochen einfach da. Als Heinz Böhm (77) das Haus verließ um die Vögel zu füttern, saß sie auf den Gehwegplatten im Garten, ruckte mit dem Kopf und gurrte leise. Schon damals fiel ihm auf, dass sie es vermeidet, über den Rasen zu trippeln. Er warf ihr ein paar Körner hin. Seitdem folgt sie ihm wie ein Hund.

Elsbeth ist aber kein Hund. Elsbeth ist eine Taube, noch dazu eine besondere Taube. Sie hat ein schwarzes Gefieder und Federn an den Füßen wie ein Prachthuhn, ihre schwarzen Augen gieren unentwegt nach Futter. Und Futter hat Heinz Böhm ihr reichlich gegeben. Er bereut es jetzt ein bisschen: „Sie folgt mir auf Schritt und Tritt.“

Elsbeth tippelt hinter Böhm her, wenn er die beiden Stufen zum Keller hinabsteigt, sie nimmt neben ihm auf der Bank hinter dem Haus Platz, wenn er Mittagsruhe hält, sie geht mit ihm im Garten spazieren. Und immer behält sie seine Hand in ihren schwarzen Augen, denn sie weiß, dass diese Hand ihr das Leben garantiert: mit Vogelfutter, Körnern und Erdnüssen. Elsbeth ist kein Gourmet und nicht wählerisch, was die Hand ihr hinhält, pickt sie auf. Irgendwann kommt es dann wieder aus ihr heraus, und das will Heinz Böhm gar nicht gefallen: „Elsbeth ka. . . ohne Ende.“

Schicke Taube ist Teil des Lebens geworden

Ob Elsbeth wirklich eine Taube ist und kein Täuberich, weiß der Rentner aus Dahl nicht einmal. Er traut sich nämlich nicht, Elsbeth anzufassen und zu untersuchen, weil er ihr erstens nicht weh tun will und zweitens hygienische Bedenken hat: „Man weiß ja nicht, was man sich bei einer Taube holen kann.“ Getauft wurde Elsbeth von Böhms Gattin, die beim Anblick des schicken Vogels befand: „Sie sieht so aus wie eine Elsbeth.“

Jetzt ist sie also Teil seines Lebens. Wenn er aufsteht, zieht er das Rollo hoch und sieht Elsbeth auf dem Geländer im Garten sitzen, wo sie nach Taubenart die Nacht verbracht hat. Mit der Morgendämmerung fliegt sie davon, vielleicht um sich an einem Gewässer zu putzen, weil sie reinlich vor ihrem Wohltäter erscheinen will, denn um 9 Uhr ist sie zurück, danach kann Böhm die Uhr stellen, um ihr Frühstück zu empfangen. Körner, Erdnüsse – Sie wissen schon. . .

Elsbeth muss einem Taubenzüchter davongeflogen sein 

Dann trippelt und tippelt, ruckelt und zuckelt sie den lieben langen Tag hinter ihm her, immer wieder fallen Brotsamen aus seiner Hand auf den Boden herab, noch einmal zwei Wochen mit Elsbeth, davon ist Böhm überzeugt, und sie sitzt auf seiner Schulter und lässt sich wie ein Pascha umhertragen. Nur wenn er den Rasen betritt, bleibt sie zurück und nimmt den Umweg über die Steinplatten in Kauf, das feuchte Gras meidet Elsbeth wie eine Katze das Wasser.

„Elsbeth ist doch ein herrliches Tier“, staunt Böhm über die gefiederte, schwarzblaue Pracht. Dass es sich nicht um eine Wildtaube handelt, sieht man auf den ersten Blick, Elsbeth muss einem Züchter davongeflogen sein, möglicherweise ist sie aus einer Voliere entschlüpft. Und welcher Rasse gehört diese zutrauliche Beinfedertaube an?

Rentner will sich von Elsbeth wieder trennen

Heinz Böhm will sich von Elsbeth wieder trennen. Nicht weil er die Zuneigung verloren hätte, sondern weil er befürchtet, sie nicht über den Winter bringen zu können. „Sie ist ja daran gewohnt, dass ich sie füttere und kann sich anders womöglich nicht ernähren“, glaubt er. „Und wenn es richtig kalt wird. . .“ Böhm plagen Bedenken, dass die Taube mit ihren Federn an den Füßen im Winter festfriert und sich nicht mehr befreien kann: „Deshalb müsste der Besitzer oder ein Zuchtverein sich des Vogels annehmen, bevor der Frost einsetzt.“

Vielleicht liest Elsbeths Besitzer diesen Bericht und meldet sich. Dann kann er die Taube, die sich benimmt wie ein Hund, in ihr eigentliches Zuhause zurückholen.