Hagen. Noch elf Tage, dann ist Bundestagswahl. Welcher Kandidat im Wahlkreis 138 Hagen/Ennepe-Ruhr erhält die meisten Erststimmen und zieht somit direkt in den Berliner Reichstag ein? Heute stellen wir die Bewerber der kleineren drei im Bundestag vertretenen Parteien vor.
Noch elf Tage, dann ist Bundestagswahl. Welcher Kandidat im Wahlkreis 138 Hagen/Ennepe-Ruhr erhält die meisten Erststimmen und zieht somit direkt in den Berliner Reichstag ein? Die besten Chancen werden naturgemäß den Vertretern der beiden großen Parteien, René Röspel (SPD) und Cemile Giousouf (CDU), eingeräumt. Unsere Zeitung hat die beiden begleitet und ausführlich über ihren Wahlkampf berichtet. Heute stellen wir die Bewerber der anderen drei im Bundestag vertretenen Parteien vor.
Die Linke schickt den Gevelsberger Ratsherren Thomas Schock als Direktkandidaten ins Rennen. Der 45-jährige Familienvater ist als Logistikleiter eines globalen Dienstleisters im Hagener Lennetal tätig und bezeichnet sich selbst als „Malocher“. Schock legt Wert auf die Feststellung, dass er mit beiden Beinen im Leben steht und die Arbeitswelt nicht bloß vom Schreibtisch aus beurteilt. Er wolle sich denn auch für diejenigen Menschen einsetzen, um die sich die Politik ansonsten herzlich wenig kümmere. Zwar mache er im Wahlkampf die Erfahrung, dass sich die Leute durchaus für seine Person interessierten, doch letztlich, so glaubt er, würden die meisten eine Partei und nicht einen Kandidaten wählen.
Wenn er sich da mal nicht täuscht. Denn Schock ist unter den in der Regel kirchenfernen Linken-Mitgliedern schon deshalb eine bemerkenswerte Ausnahmerescheinung, da er nicht nur bekennender Christ ist, sondern sich in der evangelischen Kirche seiner Heimatstadt als Presbyter engagiert. „Die Ziele, die die Linke verfolgt, sind ja gar nicht so unchristlich“, nennt Schock seine Sicht der Dinge. Im übrigen habe man in seiner Kirchengemeinde kein Problem mit seinem politischen Engagement. Andererseits werde er von manchem Parteikollegen durchaus kritisch beäugt: „Aber meinen Glauben lasse ich mir nicht nehmen. Das muss die Partei ertragen.“
Kein erfahrener Wahlkämpfer
Anders als Schock, der schon bei der letzten Bundestagswahl kandidierte, ist Frank Steinwender (47) aus Hohenlimburg, der für die Grünen antritt, ein echter Newcomer. Erst vor drei Jahren trat er in die Partei ein, schon darf er sich für den Bundestag bewerben: „Ein erfahrener Wahlkämpfer bin ich also nicht.“ Dennoch besitzt Steinwender ein eindeutiges Profil. Er kommt aus der gewerkschaftlichen Bewegung, ist in einem Tochterunternehmen von DGB und NRW-Arbeitsministerium als Technologieberater für Betriebs- und Personalräte tätig.
Als Experte für Arbeitsschutz und die Ausstattung von Arbeitsplätzen gewinnt er natürlich zuallererst als engagierter Sozialpolitiker Profil. Sein erster Wahlkampf kostet ihn derzeit seine gesamte Freizeit, täglich stehen Podiumsdiskussionen, Visiten bei sozialen Einrichtungen oder Hausbesuche auf dem Programm: „Aber das ist für mich positiver Stress“, findet der Grüne, der verheiratet und Vater eines Sohnes ist, die Entwicklung der letzten Wochen überaus spannend. Sogar das Fernsehen hat ihn schon begleitet. Und ebenso wie Scholz hat Steinwender auf einen Platz auf der Landesliste verzichtet. Beide wollen nach der Wahl in ihren bisherigen Berufen weiter arbeiten.
Das ist bei Katrin Helling-Plahr (FDP) nur bedingt der Fall. Die 27-jährige Liberale vertritt Ideale ihrer Partei wie Leistungsbereitschaft und Zielstrebigkeit nicht nur auf dem Papier, sie verkörpert sie auch. Die junge Frau aus dem Fleyerviertel hat ihre Ausbildung zur Juristin mit einem Referendariat am Landgericht Hagen abgeschlossen und will als Rechtsanwältin in die Kanzlei ihrer Eltern eintreten.
Politik als Beruf
Wenn sie mit dem aussichtsreichen Platz 23 auf der Landesliste ihrer Partei nicht doch einen Sitz im Bundestag ergattern sollte: „Sicherlich ist die Politik als Beruf eine Option für mich. Aber ich würde auch als Anwältin in Hagen glücklich sein.“
Dass sie aus Hagen stammt, ihr Studium abgeschlossen hat und sich als Ratsmitglied in Hagen und stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen bereits einen gewissen Namen erworben hat, sind Pfunde, die bei den Menschen ankommen, hat Helling-Plahr erkannt: „Wenngleich ich bei älteren Menschen eine gewisse Skepsis überwinden muss.“
Das versucht sie mit Themen, die an das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen appellieren. Dass zum Beispiel das Sitzenbleiben an den Schulen abgeschafft werden soll, wie es von verschiedenen Seiten gefordert wurde, hält die liberale Politikerin für ein Unding: „Dass in unserer Gesellschaft jeder mit allem durchkommt, das geht nicht.“ Von Katrin Helling-Plahr, so scheint, wird man noch öfter hören.