Hagen. Die jungen Solisten Sebastian Manz und Ulrich Walther begeistern mit den Hagener Philharmonikern das Sinfoniekonzert-Publikum. Bei Sebastian Manz und seiner Klarinette stimmt einfach alles. Überwältigende Musizierlust verbindet sich mit technischer Perfektion.

Holzbläser lieben und fürchten den französischen Komponisten Jean Francaix (1912 – 1997) gleichermaßen. Einerseits hat er ihnen faszinierende Stücke geschrieben. Andererseits sind die so schwindelerregend schwer zu spielen, dass nur die Besten sich daran wagen dürfen. Dazu gehört der junge Klarinettist Sebastian Manz, der jetzt mit den Hagener Philharmonikern das Concerto für Klarinette und Orchester in einer atemberaubenden Interpretation vorgestellt hat.

Bei Sebastian Manz und seiner Klarinette stimmt einfach alles. Überwältigende Musizierlust verbindet sich mit technischer Perfektion. Dabei bleibt der Soloklarinettist des SWR-Radiosinfonieorchesters und zweifache Echo-Klassik-Preisträger verblüffend locker und hat sichtlich Spaß auch an der Präsentation der humorvollen Pointen, mit denen Jean Francaix seine Komposition würzt.

Wunderbare Kantilene

Neben der halsbrecherischen Akrobatik der schnellen Sätze steht die wunderbare Kantilene des Andantinos, die Sebastian Manz mit unendlichem Atem weit schwingend aufblühen lässt – etwas so Schönes hat man im Hagener Sinfoniekonzert lange nicht gehört.

Kein Wunder, dass das Publikum den Ausnahme-Solisten mit Beifall im Stehen und vielen Bravorufen feiert, der sich mit dem dritten Satz aus den „3 Stücken für Klarinette“ von Igor Strawinsky als Zugabe bedankt.

Sebastian Manz.
Sebastian Manz.

Manz ist übrigens den Musikfreunden in Südwestfalen kein Unbekannter, er ist bereits bei den Kammerkonzert-Reihen im Warsteiner Kupferhammer, auf Schloss Melschede bei Sundern und auf Gut Glindfeld in Medebach aufgetreten.

GMD Florian Ludwig hat französische Komponisten ins Zentrum des letzten Sinfoniekonzertes der Saison gerückt. Für das Publikum bedeutet das fröhliche Entdeckerfreuden; Orchester und Dirigent müssen sich hingegen der Herausforderung stellen, die spezifisch französischen spätromantischen Klang-Raffinessen mit der gebotenen Delikatesse zu interpretieren. Bei Maurice Ravels Märchen-Miniaturen „Ma mère l’oye“ (Mutter Gans) funktioniert die Balance zwischen Farbenzauberei und durchweg gehaltenem musikalischem Erzählpuls noch nicht perfekt. Die Orgelsinfonie von Camille Saint-Saens hingegen wird zum leidenschaftlichen Hörerlebnis. Florian Ludwig gelingt es hier eindrucksvoll, die gegenläufigen thematischen Schichten der Blechbläser und Streicher herauszuarbeiten, die immer wieder den gregorianischen Choral „Dies irae“ variieren und verwandeln.

Das Orchester klingt trotz der monumentalen Besetzung leuchtend und durchsichtig, die Übergänge werden mit feinem Gespür für die Dramaturgie des Spannungsverlaufs moduliert. Florian Ludwig zeigt das Werk mit mitreißendem Elan als Mischung aus Totentanz und Auferstehungsapotheose: Dirigent und Musiker lassen in der gigantischen Sinfonie über 40 Minuten hinweg nicht einmal in ihrer Konzentration nach, und so klingt das Opus entsprechend wie aus einem Guss.

Spektakuläres Klang-Gewebe

Während Saint-Saens, der viele Jahre als Organist an der berühmten Église de la Madeleine in Paris wirkte, das Orchester ohnehin farblich wie eine Orgel registriert, potenziert die reale Orgel das spektakuläre Klanggewebe. Ulrich Walther, gebürtiger Hagener und preisgekrönter Konzertorganist, fügt sich mit seinem Instrument exquisit organisch in das sinfonische Geflecht ein. Das vierhändig besetzte Klavier liefert im Finale dazu glitzernde Rhythmus-Akzente, während Schlagwerk und Blech eine gigantische Steigerung in Gang setzen, die im Klangrausch regelrecht explodiert.