Hagen-Boele. Wie an jedem Dienstag hatte Dr. Norbert Schürmann (73) seine beiden Restmülltonnen ordnungsgemäß auf dem Bürgersteig vor seinem Haus postiert. Denn dienstags ist Abfuhrtag in der Osthofstraße in Hagen-Boele, dann wird der Müllwagen erwartet. Als der Frauenarzt am Mittag aus seiner Praxis nach Hause zurückkehrte, war der Müll zwar verschwunden, aber die Tonnen ebenfalls: „Ich glaubte zunächst an einen Dumme-Jungen-Streich.“
Gemeinsam mit seiner Haushälterin suchte Schürmann die Umgebung ab – vergebens. „Wir haben uns aufgeteilt, bis zum Park an der Gesamtschule Helfe bin ich gelaufen“, berichtet er. Doch nirgendwo entdeckte er zwei herrenlose, schwarze Tonnen. Schließlich rief Schürmann beim Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) an und erfuhr, dass seine Müllbehälter eingezogen worden seien. Grund: Er habe seine Abfallgebühr nicht bezahlt.
Seit 40 Jahren wohnt Schürmann mittlerweile in der Osthofstraße. Dass er seine Gebühr nicht bezahlt haben soll, wirft ihn nicht um, mit seinem Grundbesitzbescheid ist er nicht näher vertraut, die Einzelheiten überlässt er seinem Steuerberater.
Was den Mediziner ärgert, ist die Nonchalance, mit der der HEB alteingesessene Bürger behandele: „Wenn etwas mit den Gebühren nicht in Ordnung ist, dann hätte man mich doch informieren können und ich hätte es geregelt. Aber ohne Vorwarnung die Mülltonnen einzukassieren, als sei ich ein Hergelaufener – das geht doch nicht!“
Ohne vorherige Mahnung die Mülltonnen eingezogen
Geht doch, sagt HEB-Sprecherin Jacqueline Jagusch: „Wir machen das grundsätzlich ohne vorherige Mahnung.“ Denn früher sei es öfter vorgekommen, dass Bürger, denen die Einziehung ihrer Mülltonnen angedroht worden sei, die Behältnisse einfach verschwinden ließen. Sogar Schläge seien HEB-Mitarbeitern angedroht worden, wenn sie auf ausstehende Gebühren aufmerksam gemacht hätten. Um solch unschöne Vorfälle zu vermeiden, werden die Müllbehälter seit einigen Jahren kompromisslos konfisziert, wenn der Kunde mit der Begleichung seiner Gebühren im Rückstand ist.
Müll-Sheriff dekt Irrtum bei einer Überprüfung auf
Der Fall von Norbert Schürmann sei jedoch ein besonderer, so die HEB-Sprecherin. Ein Blick in die Bücher habe ergeben, dass der Arzt seit 1993, als die Umstellung von den selbst gekauften auf städtische Tonnen erfolgte, keine Abfallgebühren gezahlt habe: „Daran trifft Herrn Dr. Schürmann allerdings keine Schuld. Es liegt eine Verwechslung vor.“ Vor 20 Jahren habe der Entsorgungsbetrieb in der Verwaltung noch nicht auf Computer zurückgreifen können, die Listen seien noch händisch geführt worden: „Und in der Umstellungsphase ist wohl dieses Malheur passiert.“ Erst jetzt, als ein Müll-Sheriff die Abfallbehälter in Boele überprüfte, sei der Irrtum aufgefallen.
Nachzahlung der Müllgebühren für vier Jahre
Seine Mülltonnen erhielt Dr. Schürmann postwendend zurück. Und wird jetzt als ordentlicher Verbraucher im Kundenverzeichnis des Entsorgungsbetriebs geführt. Allerdings hat die Stadtkämmerei entschieden, dass er die Müllgebühren für die letzten vier Jahre nachzahlen muss. Das sehe die städtische Entsorgungssatzung in solchen Fällen vor, sagte ein Sprecher der Behörde – unabhängig vom Verursacherprinzip. Auch wenn der Bürger nicht verantwortlich zu machen sei für die ausstehenden Gebühren, so habe er ja doch eine Leistung bezogen. Und die müsse – für maximal vier Jahre – nachträglich bezahlt werden.