Hagen. .

Beim Thema Stadtsauberkeit steht Hagen wohl kaum im Verdacht, positive Maßstäbe zu setzen. Im Gegenteil: Bei den Bürgerdiskussionen rund um das erste Sparpaket forderten die Hagener unisono, gegen Müllsünder konsequenter und mit drakonischeren Strafen vorzugehen. Passiert ist seitdem freilich wenig bis nichts. Und jetzt droht ein weiterer Rückschritt: Denn die in der aktuellen Sparrunde von der Stadtspitze angedachten Reduzierungen bei der Hagener Straßenreinigung sorgen unter dem Strich nicht nur für noch verschmutztere Straßen, sondern obendrein auch noch für deutliche Gebührensteigerungen (bis zu 33 Prozent) bei den Bürgern.

Einsparziel nicht zu erreichen

Eine vom Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management (INFA) in Ahlen zeigt unmissverständlich auf, dass die von der Kämmerei formulierten Einsparziele nicht zu erreichen sind und obendrein die ohnehin vielkritisierte Stadtsauberkeit sich weiter verschlechtern werde.

Vorzugsweise durch eine weitere Ausdünnung der Straßenreinigungsintervalle, so die Vorstellung von Oberbürgermeister Jörg Dehm und Kämmerer Christoph Gerbersmann im Rahmen der aktuellen Sparpaket-Debatten, ließen sich die jährlichen Ausgaben um etwa 390.000 Euro reduzieren. Darüber hinaus ist auf Grundlage des ersten Sparpaketes ja bereits beschlossen, den städtischen Kostenanteil an den Gesamtreinigungskosten – dabei handelt es sich etwa um Plätze, Fußgängerzonen und große Straßenzüge – von 25 auf 20 Prozent zu reduzieren und die Differenz künftig den Gebührenzahlern aufzuhalsen. Eine Konstellation, so die Hochrechnung der INFA-Analyse, die den Kostenbeitrag der Hagener insgesamt um mehr als 30 Prozent in die Höhe schrauben könnte.

Die Studie geht davon aus, dass eine betriebliche Optimierung beim HEB vorzugsweise durch eine Reduzierung von acht auf sieben Großkehrmaschinen erzielt werden könne. Außerdem sollten die Teams von acht auf vier Beikehrer, die mit ihren Besen das Fahrzeug begleiten, um auch den Unrat und Hundekot aus Parkbuchten und Straßenwinkeln heranzufegen, reduziert werden. Durch den damit einher gehenden Personalabbau seien sowohl beim HEB, aber somit auch beim Kunden Stadt sowie den Bürgern zwar Kostensenkungen zu erwarten, die aber in der Gesamtkalkulation dann wieder mehr als aufgefressen würden. Natürlich führten diese Maßnahmen zu erheblichen Leistungsverdichtungen für das Personal, gingen zu Lasten der Stadtsauberkeit und sorgten zu Personaldefiziten beim herbstlichen Laub- bzw. winterlichen Schneedienst, so die Untersuchung.

Wachsende Vermüllung

Weitere Einspareffekte, so auch die primäre Vorstellung der Kämmerei, ließen sich durch eine Standard-Absenkung, sprich eine Reduzierung der Reinigungsintervalle, erzielen. Was in einigen Wohnstraßen wohl noch verkraftbar wäre, hätte in den zentralen Innenstadtlagen sowie auf den Plätzen, die den Gesamteindruck des Stadtbildes prägen, eine wachsende Vermüllung zur Folge, so die Prognose der Untersuchung. Würde hingegen an neuralgischen Punkten (z.B. Ebert-Platz, Bahnhof oder Eilper Denkmal) der bestehende Rhythmus beibehalten, rückte das Einsparziel wiederum in weite Ferne. Außerdem würden durch den damit einher gehenden Personalabbau ab 2016 beim HEB betriebsbedingt Kündigungen drohen.

Insgesamt bilanziert die INFA-Analyse, dass die erhoffen Konsolidierungseffekte der Stadt eine Luftbuchung bleiben: „Die gesetzten Einsparziele von 390.000 Euro/Jahr durch betriebliche Optimierungen und Standardabsenkungen sowie gleichzeitig 328.000 Euro durch Reduzierung des öffentlichen Kostenanteils sind nicht zu erreichen, da die Senkung des öffentlichen Kostenanteils von 25 auf 20 Prozent rechnerisch nur auf die nach betrieblicher Optimierung/Standardabsenkung verbleibenden Kosten bezogen werden darf“, weisen die Ahlener auf einen zentralen Denkfehler hin.

Außerdem entpuppe es sich als Trugschluss, dass weniger Reinigung auch in gleichem Maße die Kosten senke – im Gegenteil: „Der Gebührensatz wird auf Basis der Veranlagungsmeter und der nach Abzug des öffentlichen Anteils verbleibenden Kosten berechnet. Sinken die Kosten nicht in dem Umfang wie die Veranlagungsmeter, steigt der Gebührensatz entsprechend“, schreiben die Gutachter der Politik ins Stammbuch. Dies komme vor allem dann zum Tragen, wenn die verbleibenden Aufwendungen zum Großteil aus Fixkosten bestünden – das ist beim HEB der Fall. Angesichts dieser sich abzeichnenden massiven Gebührenerhöhung warnt das INFA-Institut bereits heute vor Klagen aus der verärgerten Bürgerschaft. Jetzt hat die Politik in der Ratssondersitzung am kommenden Donnerstag, 21. Juni, um 18.30 Uhr im Ratssaal das letzte Wort.