Hagen. . Durch eine Neuordnung der städtischen Beteiligungsstrukturen kann die Kommune jedes Jahr höhere Beträge sparen. Allerdings fehlen noch die entsprechenden Testate des Finanzamtes und das breite Vertrauen der Politik, die Tochterunternehmen in einer HVG-Holding zusammenzuführen.

Hinter den stets verschlossenen Türen der Beteiligungskommission wird schon seit Monaten um die künftigen Strukturen des Konzerns Stadt gerungen. Hintergrund ist eine völlige Neuorganisation der kommunalen Tochterunternehmen unter dem Dach der Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG).

Diese hat zuletzt bereits im Bereich des Controllings die Federführung über die städtischen Eigenbetriebe übernommen. Doch unter den Zwängen der Konsolidierung will Oberbürgermeister Jörg Dehm jetzt auch die strategische Steuerung der Beteiligungsunternehmen HVG-Geschäftsführer Christoph Köther an die Hand geben.

Grundlage dafür wäre eine Verschmelzung der städtischen Anteile am HEB (Hagener Entsorgungsbetrieb) sowie der Anteile der GIV (Gesellschaft für Immobilien und aktive Vermögensnutzung) an der HUI (Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft) mit der HVG sowie eine Unterbringungen von HGW (Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft) und Stadthalle unter dem Dach der HVG.

Effekte bleiben noch nebulös

Ein vor allem in den Augen von SPD, Grünen und Linken noch völlig unausgegorener Vorstoß, dessen tatsächlichen Effekte – angeblich 1,4 Millionen Euro pro Jahr – bislang eher nebulös bleiben. Vor allem fehlen bis heute die entscheidenden Testate des Finanzamtes, die die angeblichen Sparprognosen auch verbindlich belegen könnten. Dennoch möchte der Verwaltungschef bereits am kommenden Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss die entscheidenden Weichenstellungen einfädeln. Ein Ansinnen, das angesichts der aktuell sich diffus darstellenden Effekte zum jetzigen Zeitpunkt auch kaum von den Hagen-Aktiv-Fraktionären mitgetragen werden dürfte.

Die größten Zweifel werden derzeit von der SPD formuliert. Die Genossen unterstellen nicht nur, dass die angedachten Spareffekte auch ohne Holding-Strukturen unter dem Dach HVG ohne Weiteres zu erlösen seien. Vielmehr gehen sie davon aus, dass Dehm seinen persönlichen Machtbereich massiv ausweiten möchte, indem er sich als oberster Repräsentant der Muttergesellschaft Stadt Hagen ein direktes Durchgriffsrecht auf die Konzerntöchter verschafft und somit die eigenständige Handlungsfähigkeit der Geschäftsführer aushebeln möchte.

„In der Endphase“, so formulieren die Genossen in einem Antrag zum Parteitag am kommenden Samstag, 9. März, „will der OB in der HVG alle kommunalen Aufgaben, die derzeit in eigenständigen Unternehmen wahrgenommen werden, erledigen lassen. Aufgaben wie Busse, Bäder, städtische Altenheime, Beschäftigungsförderung, Stadthalle, Müll, Straßenreinigung, Wirtschaftsförderung und Wohnen sollen unter einem Dach firmieren.“ Eine Konstellation, die in SPD-Kreisen eher die Skepsis nährt, dass Dehm unter dem Konsolidierungsdeckmäntelchen versuchen wolle, das Eigenleben der kommunalen Töchter durch Zentralismus abzulösen.

Ein Verdacht, der bei allem Verständnis für Strukturoptimierungen durchaus auch von den Grünen geteilt wird. Diese treibt nicht nur die Sorge um, dass die Fachlichkeit in den einzelnen Betrieben durch Gleichschalterei verloren gehen könnte, Sie sehen gleichzeitig bei der HVG eine durch Dehm gelenkte Hausmacht erwachsen, die angesichts der sich dort auftürmenden Komplexität sich durch ehrenamtlich agierende Politiker im Aufsichtsrat kaum noch qualifiziert kontrollieren lasse.

Dehm möchte klare Strukturen

Dabei bleiben die gutachterlich lediglich pauschal skizzierten Synergien weitgehend unkonkret. Im Gegensatz zu ihren eher auf Individualität getrimmten Geschäftsführer-Vorgängern Werner König (HEB), Harald Kaerger (HGW) und Elmar Josten (Stadthalle), signalisieren deren aktuelle Nachfolger Herbert Bleicher (HEB), Marco Boksteen (HGW) und Jörn Raith (Stadthalle) durchaus konstruktive Bereitschaft, im Sinne des Gesamtkonzerns Stadt auch ohne neue Holding-Konstruktion in den Bereichen Einkauf, Informationstechnologie und Telekommunikation, Finanz- und Rechnungswesen, Marketing und Vertrieb sowie Personal- und Gebäudemanagement die Synergiepotenziale heben zu wollen.

Eine bloße Willenserklärung, die dem OB jedoch zu dünn und nicht ausreichend belastbar erscheint. In der jüngsten Beteiligungskommission ließ Dehm daher verlauten, dass er keinen Stuhlkreis der Geschäftsführer wünsche, sondern klare Strukturen, bei denen man direkt durchgreifen könne.

Äußerungen, die bei den Oppositionsfraktionen eher Zweifel aufwerfen: Die SPD erinnert prompt an Äußerungen des Verwaltungschefs aus Wahlkampfzeiten, in denen dieser die Sinnhaftigkeit von kommunalen Wohnungsunternehmen und Müllverbrennungsanlagen grundsätzlich hinterfragte. Privatisierungsängste, die vor allem auch dem HGW-Betriebsrat die Sorgenfalten ins Gesicht treiben, der in einer Stellungnahme ausdrücklich die Nähe zu den Mietern und die kurzen Entscheidungswege als Stärken hervorhebt. Gleichzeitig warnt er vor einer Zerschlagung von bewährten Strukturen, ohne die Effekte einer alternativen Organisationsanalyse geprüft zu haben.

Zweifel an der HEB-Spitze

Ähnlich grundsätzliche Bedenken werden auch aus der HEB-Unternehmensspitze laut. Dort werden nicht nur die bisherigen Konzepte zur Inhouse-Fähigkeit in Frage gestellt, wenn der steuerliche Querverbund zwischen HUI und HVG durch ein Gegenrechnen der Fernwärmeerlöse mit den Verlusten des ÖPNV in den Fokus rückt. Dort gibt es auch erhebliche Zweifel an den Synergie-Prognosen, solange das Tabu der betriebsbedingten Kündigungen gelte, und stattdessen unflexiblere Entscheidungswege geschaffen würden. Außerdem bestehen beim HEB erhebliche Bedenken, ob mögliche Einsparungen bei den Müllgebühren tatsächlich für den HVG-Defizitabbau genutzt werden könnten oder womöglich direkt dem Gebührenzahler zugute kommen müssten.

Ohnehin vermögen die HEB-Geschäftsführer Herbert Bleicher und Manfred Reiche in ihrem Hause kaum relevante Synergiereserven zu entdecken. In einem vergleichenden Ranking kommunaler Unternehmen, die im Bereich Straßenreinigung und Abfallwirtschaft agieren, belegt der HEB einen absoluten Spitzenplatz. Während im NRW-Durchschnitt bei diesen Betrieben der Verwaltungskostenanteil an den Gesamtkosten bei 12,1 Prozent liegt, sind es beim HEB gerade einmal 6,3 Prozent.