Hagen-Helfe. . Die Dämme der Buschbachteiche werden derzeit abgebaut und die dort hausenden Erdkröten müssen umgesiedelt werden. 1,1 Millionen Euro kostet diese Maßnahme. Vielen Bürgern hingegen bleibt der Zutritt zum Fleyer Wald aus Sicherheitsgründen verwehrt.

Eines der groteskesten Stücke in der wahrlich an grotesken Stücken nicht armen Hagener Stadtgeschichte entwickelt sich zum Dauerbrenner: die Renaturierung des Buschbachs. Und damit verbunden: die Umsiedelung von 1024 Kröten für 1,1 Millionen Euro. Sie haben richtig gelesen.

Die Rückkehr des Buschbachs in sein natürliches Flussbett mag ökologisch gerechtfertigt sein. Die Umstände, unter denen das Projekt vonstatten geht, erinnern jedoch eher an bürokratische Extravaganz.

Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union schreibt vor, dass natürliche Fließgewässer, also Bäche oder Flüsse, durchgängig sein müssen. Daher müssen die beiden künstlichen Teiche, in die sich der Bach unmittelbar hinter dem Altenheim Buschstraße im Fleyer Wald ergießt, verschwinden, denn sie wurden in der Nachkriegszeit als Klärgewässer für das angrenzende Seniorenzentrum angelegt.

Als das Altenheim 1959 Anschluss ans öffentliche Kanalnetz erhielt, nutzte die Stadtentwässerung Hagen (SEH) die Teiche als Regenrückhaltebecken. So konnte verhindert werden, dass das bei starken Unwettern aus Teilen der Feith- und der Baurothstraße talwärts strömende Wasser im Lennetal Überschwemmungen verursacht. Doch aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens darf das Regenwasser nicht länger ungeklärt in den Buschbach geleitet werden, es wird über ein Filtersystem gereinigt. Die Teiche sind somit entbehrlich, das Wasser wurde bereits weitgehend abgepumpt.

Wege aus Sicherheitsgründen gesperrt

Obwohl der Abbau der nun überflüssig gewordenen Staudämme an den Teichen bereits beschlossene Sache war, ließ die Stadt ein Bodengutachten in Auftrag geben, das zu dem Ergebnis kam, die Bauwerke seien brüchig und nicht mehr standsicher. Am 31. Oktober 2011 wurden die Dämme und die über sie hinweg führenden Spazierwege aus Sicherheitsgründen aufwändig gesperrt - sehr zum Leidwesen der Bewohner des Altenheims und vieler anderer Erholung Suchender, denen der Weg in den Wald seitdem verwehrt ist.

Als „Wahnsinn mit Methode“ bezeichnet Dr. Bernhard Verbeek, Anwohner aus Fley, die Sperrung der zum Abriss verdammten Dämme, deren angebliche Instabilität er anzweifelt: „Sie sind doch von einem stabilisierenden Betonbauwerk durchzogen. Das hat man anscheinend einfach ignoriert.“ Stattdessen fordert Verbeek, dem „gefahrenträchtigen behördlichen Sicherheitswahn“ ein Ende zu bereiten.

Auch Uwe Sommer, bei der SEH zuständig für Entwässerungs- und Wasserbaumaßnahmen, gibt zu, dass die Baufälligkeit der Dämme schwer zu vermitteln sei: „Vom Anblick her ist alles in Ordnung. Aber rechnerisch . . .“ Immerhin hat der Rückbau der beiden Erdwälle inzwischen begonnen, einer von beiden soll mit „geeignetem Material“ aber gleich wieder aufgebaut werden: „Damit der Weg für Spaziergänger und Forstfahrzeuge erhalten bleibt“, berichtet Sommer.

Drei Jahre lang müssen die Kröten umgesetzt werden

Die peniblen EU-Bürokraten sollen mit einem 24 Meter langen Durchlass besänftigt werden, der dem Buschbach die Durchgängigkeit auf natürlicher Sohle ermöglicht. Aber auch die kostspielige Umsiedelung der diversen Krötenarten, die bislang an den Buschbachteichen hausten und ablaichten, dürfte die Beamten in Brüssel befriedigen. Drei Jahre lang werden die Amphibien ab Frühjahr 2013 eingesammelt und an zwei neuen Teichen nahe der Kreuzung von Weidekamp- und Helfer Straße ausgesetzt, denn die tumben Quaktaschen kehren - ihr biologischer Mechanismus will es so - stets an den Ort ihrer Geburt zurück.

„Die ganze Maßnahme ist schwer nachzuvollziehen, zumal 1,1 Millionen Euro eine ungeheure Summe darstellen. Aber wir müssen uns an Recht und Gesetz halten, auch wenn manche EU-Richtlinien regelrechte Auswüchse sind“, bringt Jörg Klepper (CDU), Mitglied des Umweltausschusses, die Hilflosigkeit der heimischen Politiker auf den Punkt. Der Stadtrat hat sich mit dem Sachverhalt erst gar nicht befasst. Nur Kenntnisnahme war erforderlich, keine Zustimmung. Das bürokratische Räderwerk läuft von ganz allein, am Rande des Wahnsinns.