Hagen-Vorhalle. . Ein außergewöhnliches Projekt der Hauptschule Vorhalle und der Oberlin-Förderschule macht schwache Kinder stark. Hauptschüler und Schüler mit körperlicher und geistiger Behinderung begegnen einander. Sie arbeiten – ein jeder nach seinen Möglichkeiten und in Abstimmung mit dem Lehrplan – an und mit den Werken des Komponisten Modest Mussorgski.
Es geht langsam voran. Ein kleiner Schritt. Noch einer. Und noch einer. Aytan geht rückwärts voran. Er hat die Arme unter Mamos Achseln geschoben. Adriano ist der letzte der kleinen Gruppe. Er hält Mamo an den Gürtelschnallen seiner Jeans. Mamo findet das gut. Er strahlt.
Zehn Jahre ist Mamo, der normalerweise im Rollstuhl sitzt. Die Hängebrücke auf dem Spielplatz mitten in Vorhalle hätte er alleine nie erreicht. Ein Klettergerüst zu erklimmen - ohne Hilfe ist das für ihn unmöglich. Aytan und Adriano, beide 14 Jahre alt, geben auf ihn Acht. Sie helfen ihm, sie halten ihn fest, sie begleiten ihn auf der einen Seite hinauf und auf der anderen wieder hinunter. Mamo besucht die Klasse vier der Oberlin-Schule für körperliche und motorische Entwicklung der Stiftung Volmarstein, Aytan und Adriano die neunte Klasse der Hauptschule Vorhalle.
"Bilder einer Ausstellung" heißt das Projekt
„Bilder einer Ausstellung“ heißt das außergewöhnliche Projekt, das die so verschiedenen Schüler zusammengebracht hat. Hauptschüler und Schüler mit körperlicher und geistiger Behinderung begegnen einander. Sie arbeiten – ein jeder nach seinen Möglichkeiten und in Abstimmung mit dem Lehrplan – an und mit den Werken des Komponisten Modest Mussorgski. „Promenade“ heißt das erste Stück des berühmten Klavierzyklus’ aus dem Jahr 1874, das die Kinder akustisch begleitet. „Also gehen wir heute gemeinsam im Stadtteil spazieren“, erklärt Karin Thoma-Zimmermann, Lehrerin an der Hauptschule Vorhalle. Durch das Stadtteilhaus, zum Europaplatz, über den Spielplatz zur Eisdiele.
Pädagogin hat Schüler zusammengebracht
In Zeiten, in denen allenthalben heftig über das Thema Inklusion gestritten wird, hat die Pädagogin Menschen mit und ohne Behinderung zusammengebracht. Zunächst in dem preisgekrönten Projekt „Tschüss, bis nächsten Mittwoch“, in dem Schüler aus Vorhalle und Menschen mit Behinderung einmal wöchentlich gemeinsam Sport treiben. Jetzt – darauf aufbauend – und in Zusammenarbeit mit ihrem Kollegen Stefan Langer und den Volmarsteiner Pädagoginnen Carla Klimke und Klaudia König-Bullerjahn in den „Bildern einer Ausstellung“.
„Das, was die Schüler an sozialen Kompetenzen lernen, ist im normalen Unterricht nicht zu schaffen“, sagt Karin Thoma-Zimmermann. „Auch leistungsschwächere Schüler entdecken durch das Projekt Stärken, von denen sie vorher nichts gewusst haben.“ Das Verantwortung für andere zu übernehmen, gehört bei vielen nicht zum Alltag. „Es ist großartig, wie offen die Kinder und Jugendlichen aufeinander zugehen“, sagt Carla Klimke.
Kinder wachsen mit ihren Aufgaben
„Es zeigt sich, wie sehr auch Kinder mit ihren Aufgaben wachsen“, erklärt Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt, der die Gruppe an diesem Morgen begleitet und sich in der Bezirksvertretung Nord für eine Unterstützung des Projektes einsetzen will. Cindy (14) und Marina (16) haben die Stunden mit Tobias (11) draußen in der Vormittagssonne genossen. „Das“, sagt Cindy, „war eine tolle Erfahrung. Es war schön zu sehen, wie viel Spaß Tobias das Spielen gemacht hat.“ Am nächsten Donnerstag werden sie sich wiedersehen. „Der Gnom“ heißt das nächste Bild der Ausstellung.