Hagen-Boele. . Wurden Eltern und Lehrer der Goetheschule von der Politik belogen, um sie ruhigzustellen? Die Vertreter der katholischen Grundschule in der Ortsmitte von Hagen-Boele fühlen sich jedenfalls hintergangen.
„Sie haben uns mit Brotkrumen gefüttert, um einen Proteststurm zu unterbinden“, donnerte Pfarrer Christof Schneider den betreten schweigenden Mitgliedern der Bezirksvertretung Nord in der Juni-Sitzung entgegen. Und auch Schulpflegschaftschef Dr. Jens Stuhldreier wirft der Stadt Hagen ein „fragwürdiges und völlig konträres Vorgehen“ vor, das von der Elternschaft in keinster Weise akzeptiert werden könne.
Der Grund für die Empörung: Im Mai hatte die Bezirksvertretung auf Vorschlag des Schulamtes die Verkleinerung der Goetheschule auf nur noch zwei Klassen pro Jahrgang beschlossen – und das, obwohl die Schule bislang dreizügig fuhr und das im Auftrag der Stadt erstellte Gutachten des Bonner Biregio-Instituts für die Goetheschule bis 2017 sogar einen weiteren Anstieg der Schülerzahlen prognostiziert.
260 Schüler in elf Klassen
Derzeit werden 260 Schüler in elf Klassen von 13 Lehrern und drei Lehramtsanwärtern unterrichtet. „Knapp 70 Prozent unserer Kinder sind katholisch, der Rest gehört anderen Konfessionen an“, berichtet Rektorin Sabine Schmidt. Über 60 Prozent der Goetheschüler haben eine Zuwanderungsgeschichte.
Doch für nichtkatholische Schüler ist kein Platz mehr an der Goetheschule, wenn nur zwei Eingangsklassen gebildet werden dürfen. Der ökumenische Gedanke, vor allem aber der Elternwille blieben auf der Strecke, argumentiert Dieter Peter vom Lehrerkollegium. Es dürfe nicht sein, dass Schüler abgelehnt würden, deren Eltern ausdrücklich den Wunsch nach der Beschulung an einer katholischen Bekenntnisschule geäußert hätten, zumal bis auf wenige Ausnahmen alle Kinder im unmittelbaren Schulbezirk wohnen.
Stadtrat fällt endgültige Entscheidung
Zudem sei Dechant Dieter Osthus in einem Spitzengespräch im Januar von Oberbürgermeister Dehm höchstpersönlich versichert worden, die Zügigkeit der fünf katholischen Grundschulen in Hagen weiterhin bedarfsgerecht zu gestalten. Mehr noch: Anfang Mai sollen Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt sowie Mitglieder mehrerer Fraktionen und des Schulamtes den Vertretern der Goetheschule versprochen haben, die Dreizügigkeit werde nicht angetastet. Die Schule glaubte sich in Sicherheit, bis die Bezirksvertretung einen völlig konträren Beschluss fasste und der Lehranstalt Zweizügigkeit verordnete.
Im Schulamt fürchtet man, dass die Grundschulen Vincke und Helfe mittelfristig ausbluten, wenn dem Zustrom zur Goetheschule nicht ein Riegel vorgeschoben wird. Diesem Argument beugte sich schließlich auch die Bezirksvertretung, was einige Mitglieder inzwischen bereuen. „Es tut mir leid, das war ein Fehler von mir, ein politischer Fehler“, gestand Bezirksbürgermeister Kohaupt ein: „Ich bedaure den Beschluss zur Zweizügigkeit und wünschte mir eine andere Entscheidung.“ Kohaupt empfahl allen betroffenen Eltern, im Schulamt vorstellig zu werden und weiterhin für den Erhalt der Dreizügigkeit zu kämpfen. Denn die endgültige Entscheidung über die zukünftige Gestaltung der Schullandschaft muss demnächst der Stadtrat fällen.